England 1998 – Südküste
07.06.1998 – Sonntag – Anreise
Es ist nun 25 Jahre her, seit wir den Urlaub gemacht haben und möglicherweise ist nicht mehr alles so präsent. Aber in den letzten Wochen habe ich wenn ich nachts nicht schlafen konnte, ein bisschen auf Google-Maps gesurft, um die Reise einordnen zu können. Ich habe was die Zeit angeht leider nur einen einzigen Anhaltspunkt: eine Quittung für eine „Bed & Breakfast“-Übernachtung. Ausgehend davon schaue ich, wann wir wo abgefahren sind.
Vermutlich ging es am Sonntag, 07.06.1998 in der Lützowstraße in Bad Oeynhausen auf die Reise. Damals sind wir tatsächlich noch an den Urlaubstagen gefahren und nicht am Wochenende schon los. Das Tagesziel war Calais, weil wir von dort mit der Fähre rüber wollten. Ich kann mich erinnern, dass wir durch die Benelux-Länder in der Nacht gefahren sind, weil ich mich über die helle Beleuchtung der Autobahnen wunderte. Und weil wir trotz der gefahrenen 600 Kilometer recht früh an der Fähre waren und dann noch ein paar Stunden auf einem großen Parkplatz gedöst haben, bevor wir auf das Schiff durften. Die Überfahrt hatten wir in der Nacht gebucht, damit wir ganz, ganz früh am Morgen in Dover ankommen würden, um die Reise entland der Südküste Englands zu beginnen.
08.06.1998 – Montag
Als wir von der Fähre fuhren hat mich der Linksverkehr zunächst irritiert, aber das war eine Sache von wenigen Minuten. Vielleicht war hilfreich, dass wir mit dem relativ kleinen und übersichtlichen Fiat Punto unterwegs waren. Da war es fast egal, ob ich nun links oder rechts im Auto gesessen habe. Ich vermute, dass wir recht früh in England ankamen, habe aber überhaupt keine Erinnerungen daran. Ich weiß, wie wir die Fähre verlassen haben, aber nicht was wir dann taten. Auf jeden Fall die Südküste möglichst nahe der Küste entlang nach Westen fahren und dort anhalten, wo es uns gefällt.
Recht sicher ist, dass wir die erste Übernachtung nach knapp 110 Kilometern Küstenstraße in Eastbourne hatten, bei Mrs. Y. Blake. Die Zimmer waren unserer Erinnerung nach alle immer recht „schwülstig“ und plüschig mit dicken Teppichen. Von Eastbourne gibt es aber keine weiteren Fotos. Insgesamt habe ich auch nur 74 Fotos und die noch nicht einmal in einer vernünftigen Reihenfolge, so dass ich die Orte alle mit der Google-Bildersuche identifizieren musste. Macht Spaß! Was noch ziemlich sicher ist, ist unsere Abend- bzw. Spätnachmittagsgestaltung. An anderer Stelle nämlich schrieb ich:
Da saßen wir nun in unserem kleinen Zimmer in Eastbourne. Eastbourne ist so ziemlich die langweiligste, tristeste Stadt in Südengland die man sich vorstellen kann. Was soll man da erst sagen, wenn es inseltypisch regnet? Ich hatte Alex versprochen mit in ein Musical zu gehen, also zogen wir los auf der Suche nach dem Stadttheater. Leider ;-) war die nächste Vorstellung erst am nächsten Tag – zu spät für uns. Auf dem Heimweg kamen wir am „Cinema“ vorbei. Welche Freude! Da sowieso Kultur angesagt war, entschieden wir uns einen Film im englischen Original ohne die lästigen Untertitel anzusehen.
Das war am 08.06. und somit kann ich recht genau einschätzen, wann wir wo waren. Ob es sich vor 25 Jahren auch schon um das „Cineworld Cinema“ handelte, weiß ich auch nicht mehr.
Wir konnten zwischen „Blues Brothers 2000“, der ja einem Musical sehr nahe gekommen wäre, und „Wild Things“, einem „sexy Thriller“ auswählen. Für letzteren Film lösten wir schlußendlich die (für England) sehr günstigen Tickets zum Preis von je 3 Pfund. Beim Eintritt in den Filmsaal wurde mir aber schlagartig klar, warum es so billig war. Die Sitze zerschlissen, der Teppich abgewetzt soweit er überhaupt noch vorhanden war und die Surroundlautsprecher in der Größe einer Flasche Detmolder 0,3.
Da verwunderte es nicht so sehr, daß außer uns nur noch 4 andere Personen mit im Raum waren. Dieser Umstand war für meine Freundin sogar sehr gut, da ich mich nebenbei als Simultanübersetzer betätigen konnte, ohne daß wir dabei jemanden gestört hätten
Offensichtlich habe ich von „der Frau“ damals noch als „meiner Freundin“ gesprochen ;-) Den Film fanden wir beide ganz OK und haben ihn danach auch noch mal im Fernsehen gesehen. Nach der Vorstellung waren wir noch in einem Pub und haben etwas getrunken. Allerdings habe ich da dunkel im Hinterkopf, dass wir uns nicht sonderlich wohl gefühlt haben, weil wir arg geäugt wurden und die Gegend auch wenig einladend wirkte. Das hielt unsere Wirtin am nächsten Tag auch für plausibel.
09.06.1998 – Dienstag
Das Ziel für diesen Tag stand auch im Vorfeld fest. Alex war schon einmal in England und wohnte damals in Christchurch. Die ca. 200 Kilometer werden wir wohl in drei bis vier Stunden reiner Fahrtzeit hinter uns gebracht haben können. Allerdings vermute ich, dass wir desöfteren angehalten haben, um uns die Gegend anzusehen. Etliche Fotos kann ich aufgrund fehlender prägender Gebäude oder Landmarken nicht zuordnen. Da ist so ein modernes Smartphone doch nützlich mit der automatischen Verortung durch GPS. Und natürlich hat man deutlich mehr Bilder, weil einfach jedes Motiv geknipst wird. So sind wir mit drei Kleinbildfilmen durch Südengland gefahren. Da wäre ich heute mit einer vierstelligen Anzahl Fotos nach Hause gekommen. Vor allen Dingen verstehe ich nicht, warum es nicht ein Foto aus Brighton gibt! Wir waren definitiv dort und haben uns den Palace Pier angesehen. Immerhin ist Quadrophenia einer der Filme, die ich mehr als drei oder viermal gesehen habe.
Stellen wir uns einfach vor, der Ruderer ist auf den Pier zugesteuert und ich habe nur vergessen, die Kamera ein wenig nach rechts zu bewegen.
Wir haben uns in Christchurch nicht in der Unterkunft einquartiert, in welcher Alex damals wohnte. Woher wir die Adressen hatten, weiß ich auch nicht mehr – möglicherweise einfach rumgefahren. Jedenfalls haben wir in der 47 stour road ein Zimmer im „Ashbourne Guest House“ bei Mrs. B. Hamilton gefunden und es sieht dort laut Google-Maps heute noch so aus, wie auf der alten Visitenkarte! Auf der Karte ist sogar ein Zimmer abgebildet und in der Art war das fast überall :-) Ich kann mich zudem erinnern, dass wir hier aus Versehen einen Haken im Badezimmer aus der Wand gerissen haben, als wir dort ein Unterhemd oder ähnlich schweres Gerät aufgehängt haben. Auch haben wir uns an diesem zweiten Urlaubstag getraut zu fragen, wie man denn das Wasser in den Duschen warm bekommt. Das war uns am Vortag nicht gelungen. Im Ashford House mussten wir dazu neben der Tür die Heizung einschalten und dann in der Dusche einen weiteren Hahn öffnen. Dann klappte es aber auch mit der Hygiene!
Abends haben wir irgendwo gegessen, keine Ahnung wo. Auf jeden Fall haben wir einen Spaziergang gemacht und uns angeschaut, wie die Unterkunft aus Alex‘ Jugend ausgesehen hat. Und wahrscheinlich waren wir auch am Meer!
10.06.1998 – Mittwoch
Nach dem Frühstück, welches wirklich ebenso klischeemäßig in der Erinnerung lebt wie die Einrichtung der Zimmer, nämlich mit Bohnen, Speck und allerlei anderen Dingen, die ich hier nicht mal zum Abendbrot essen würde, ging es weiter auf die Piste. Wie wir auf die jeweiligen Tagesziele gekommen sind, kann ich nicht sagen. Ich vermute, Alex hatte einen Reiseführer und sich monatelang vorher schon herausgesucht, wo wir hin müssten. Alex wies mich darauf hin, dass wir in dem Urlaub völlig „planlos“ unterwegs waren und zu Hause nur gesagt haben „Wollen wir die Südküste von England lang fahren?“ – „Ja, sollen wir?“ … und los. Ich kann mich jedenfalls an ein paar Episoden erinnern, aber nicht sagen, an welchen Tagen und wo die passiert sind.
Wir waren an einem der Tage auf einem Markt in einem kleinen Dorf, genauer wir hatten es vor und parkten den Punto im leichten Nieselregen in einer Straße, um zu dem Markt zu gehen. In dem Augenblick sprach uns eine älterer Herr (ja gut, ich war da erst 27 Jahre alt) mit den Worten „I apologize for the weather!“ an. Wir haben augenscheinlich ziemlich fragend geschaut, als er uns lachend in deutsch erklärte, dass er das „MI“ auf dem Nummernschild gesehen und einige Jahre im Mühlenkreis gelebt hatte. Ein nettes Gespräch. Überhaupt waren die Menschen abseits der etwas größeren Städte sehr nett. Eastbourne hatte uns da aber auch mit wenig guten Erwartungen auf die Reise entlassen. Der erste Abend im Pub wirkte noch nach.
Wo genau diese Anekdote stattfand, ist nicht klar. Vielleicht irgendwo in der Nähe der „Durdle Door“, die wir auf unserer Fahrt die Küste entlang besuchten.
Danach haben wir in West-Bay angehalten und uns die großen Wellen, die in den kleinen Hafen rauschten, angesehen. Die Strecke zwischen Christchurch und unserem Tagesziel war nicht einmal 200 Kilometer, so dass wir unterwegs alle Zeit der Welt hatten anzuhalten und zu schauen. Genau das war ja auch der Plan.
Wir haben dann bei Exeter den Weg an der Küste entlang verlassen und sind in den Dartmoor gefahren. Hier hat der Hund von Baskerville sein Unwesen getrieben, nachdem ihn sich Sir Arthur Conan Doyle ausgedacht hat. Ein finsterer Ort, den wir unbedingt besuchen wollten. Der erste Halt waren die „Becky Falls“ im Norden des Dartmoor und es stellte sich heraus, dass das alles andere als Finster war!
Ob wir uns den Ort zum Übernachten vorher ausgesucht haben, weiß ich nicht. Aber wir haben auf jeden Fall auf einem kleinen Parkplatz oberhalb von Widecomb in the Moore angehalten und die Landschaft genossen. Tiere liefen dort einfach frei herum und haben sich überhaupt nicht an den Menschen gestört. Wir fanden das damals zu dem Zeitpunkt schon toll!
Die B3387 führt direkt durch Widecomb und wir sind langsam von oben auf den Ort zugefahren, so dass wir wahrscheinlich durch ein Schild an der Straße auf die Unterkunft von May and Terry Jones aufmerksam wurden. Es stellte sich dann raus, dass es nur noch May war, welche das Bed & Breakfast betrieb, das aber mit einer ausgesuchten Herzlichkeit. Wir haben also eine Übernachtung im „Buzzards Reach“ gebucht. Der Link markiert eins von zwei Häusern an der Seitenstraße und ich bin mir sehr sicher, dass wir dort untergekommen sind. Weiter die Straße runter scheint es heute noch den „Sheena Tower“ zu geben, in welchem immer noch Bed & Breakfast angeboten wird. Und das Schild an der Straße auf Streetview weist „Buzzards Reach / Sheena Tower – Bed & Breakfast“ aus.
Nach 25 Jahren ist die Erinnerung da etwas unsicher, ich würde aber einiges darauf wetten, im ersten Haus untergekommen zu sein. Wie dem auch sei, es war dort sehr herzlich und wir haben am ersten Tag noch einen kleinen Spaziergang zu den Bonehill-Rocks etwas oberhalb unserer Unterkunft gemacht. Die Gegend war (und ist wahrscheinlich) großartig. Zum Abendessen ging es hinunter in den Ort, wo wir wahrscheinlich im „Old Inn“ einkehrten. Der Name sagt mir jedenfalls etwas und ich erinnere mich, sehr gut in einem Pub gegessen zu haben.
11.06.1998 – Donnerstag
Weil es uns dort so gut gefallen hat, haben wir am nächsten Morgen kurzerhand unsere Pläne über den Haufen geworfen und nicht daran festgehalten, jede Nacht woanders zu schlafen, sondern haben eine weitere Übernachtung gebucht, um etwas Wandern zu gehen! Davor mussten wir uns aber mit einem Frühstück stärken und das wurde in der Küche der Gastgeberin eingenommen. Nach den Vortagen wäre ich mit ein wenig Toast und Marmelade zufrieden gewesen. Aber Mrs. Jones war sehr resolut und bedeutete mir, dass gegessen würde, was auf den Tisch kommt. So gelangten dann neben Kaffee wieder Bohnen, Speck, Pfannkuchen und … ein sehr, sehr großer in zerlassener Butter gebratener Pilz in meinen Magen. Ich habe freundlich lächelnd alles gegessen, bin aber nach dem Frühstück nur noch bis in unser Zimmer gekommen und habe es gerade noch mit dem Kopf über die Toilette geschafft :-) Danach ging es mir besser!
Weil wir von unserem Zimmer aus über das Tal schauen konnten, war der Plan das Tal zu durchschreiten und oben auf der anderen Seite ein bisschen längs zu wandern. Haben wir auch genau so gemacht. Im Bild oben schaut man von der anderen Talseite auf unsere Unterkunft. Auf der Hügelkuppe die kleinen „Pickel“ sind die Bonehill-Rocks. Schräg rechts darunter kann man zwei Häuser erahnen, dort wohnten wir. Sowohl Alex als auch ich erinnern uns daran, dass dieser Tag echt richtig schön war. Kein Mensch unterwegs, nur wir. Ein schmaler Pfad oben auf dem Hügel und das Wetter zwar bedeckt, aber genau richtig zum Wandern.
Die Dartmoor-Ponys waren wenig scheu und wichen nicht aus, wenn wir in die Nähe kamen. Und so sind wir gegangen und gegangen. Bis wir – kluk wie wir sind – auf die Idee kamen, dass nun genug Strecke gemacht worden wäre und wir ja einfach „quer durch“ auf die andere Seite des Tals gelangen könnten, um dann dort oben zu unserer Unterkunft zurück zu gehen. Das haben wir dann auch … äh … versucht.
Denn die kleinen Hecken, die wir von oben ausgemacht gesehen hatten, waren vor Ort eher recht hoch. So hoch, dass wir sie nicht überblicken konnten und nach einiger Zeit gar nicht mehr so recht wussten, wo wir waren. Ich hatte damals noch nicht einmal ein Handy. Ganz zu schweigen davon, dass die damals schon sowas wie GPS an Bord gehabt hätten.
Irgendwann kamen wir dann aber doch zu einer Wiese mit Schafen, durch die auch ein ziemlicher Trampelpfad verlief. An dessen Ende, just im Wald leuchteten zwei Scheinwerfer eines Autos, so dass wir frohen Mutes dorthin schritten. Im Näherkommen sahen wir allerdings, dass etwas mit dem Fahrzeug nicht stimmen konnte, denn es war aufgebockt und seiner Räder beraubt. Am Auto selbst, einem Vauxhall Cavalier (naja, ein Ascona halt) stellten wir dann fest, dass außer den Reifen auf das Armaturenbrett, die Sitze, einige Scheiben und noch andere Teile fehlten. Der Wagen war quasi ausgeschlachtet. Was aber noch nicht lange her sein konnte, da das Licht noch brannte. Direkt hinter dem Auto haben wir noch einen 10-Pfund-Schein gefunden, den ich eingesteckt habe. Wir bekamen doch ein bisschen Muffensausen und folgten dem Weg, der uns dann zum East Webburn Way führte, den wir Richtung Widecomb zurück gingen.
Von dort wieder hoch zu unserer Wirtin, der wir die ganze Geschichte erzählten und die sich fürchterlich aufregte, dass sowas passiert. Sie hat dann jemanden bei der Polizei angerufen, den sie wohl kannte und kam einige Zeit später zu uns ins Zimmer, um zu berichten, dass die Polizei uns sprechen wollte und ob wir heute noch Zeit hätten. Da wir eh in den Ort wollten, um noch was zu Essen, haben wir den Termin auf den ganz späten Nachmittag gelegt und sind dann zu Fuß zurück nach Widecomb.
Es war dann tatsächlich ein Streifenwagen vor Ort und ich musste ein bisschen Rede und Antwort stehen. Zum Glück hat Alex schnell den Auslöser gedrückt, sonst würde uns ja niemand die Geschichte glauben ;-) Das taten die Polizisten übrigens auch nicht und äußerten, dass ich doch nicht mal wüsste, was ein Vauxhall überhaupt sei. Da ich aber nicht von der Geschichte ablies, baten sie mich, doch einfach zu zeigen, wo das gewesen wäre.
Die Fahrt war so lang, dass unterwegs noch mehrfach gesagt wurde, dass sie sich das nicht vorstellen konnten. Allerdings stand der Wagen noch immer genau so dort, wie Alex und ich ihn am Nachmittag gesehen hatten. Tja! Mussten sie wohl doch einen Bericht schreiben ;-)
Alex und ich waren danach noch einmal im Ort in die Runde spaziert, haben uns den Friedhof und die St Pancras‘ Church abgeschaut, bevor wir noch einmal in den Pub gegangen sind und gegessen haben. Danach den langen Weg bergauf zurück zum Buzzards Reach und ab ins Bett. Was ein toller Tag!
12.06.1998 – Freitag
Es gab am nächsten Morgen beim Frühstück natürlich viel zu erzählen. Zum einen mussten wir berichten, wie es uns mit der Polizei ergangen war und zum anderen hat uns Frau Jones mitgeteilt, dass auch sie noch mal mit der Polizei gesprochen hätte und es sich bei dem Auto um den Wagen des Sohnes der Betreiberin des kleinen Andenkenladen im Ort gehandelt hat, der den Fall noch gar nicht bei der Polizei angezeigt hätte. Wir haben danach unsere Sachen gepackt, uns verabschiedet. Am Kiosk haben wir noch mal gestoppt, irgendwas gekauft und der Dame an der Kasse gesagt, dass wir den Wagen ihres Sohnes gefunden hätten und mit der Polizei dort waren. Ich weiß noch genau, dass die Dame deswegen sehr erbost und gar nicht gut gelaunt war. Nunja. Dann geht es eben leicht erstaunt weiter auf die Reise durch Südengland!
Der Weg führte uns zunächst zurück nach Osten, denn ich kann mich erinnern, dass wir durch Torquay gefahren sind. Im Verlauf der Strecke kamen wir dann auch nach Kingswear, wo wir den Fiat Punto auf die Fähre fuhren.
Auf der anderen Seite von Kingswear ist Dartmouth, dessen Häuser total niedlich an den Hügel der Küste gebaut sind. Das sah alles schon sehr schön aus auf der Reise. Auch wenn die Strecke für diesen Tag wieder unter 200 Kilometern lag, so war es wohl anstrengend genug, dass ich mich zwischendurch auf dem Fahrersitz zusammengerollt habe, um ein bisschen zu dösen. Für ein lange Strecke habe ich dann gar keine Bilder, bis wir Falmouth erreichten.
Hier haben wir uns die Hafenanlagen angesehen, in denen ein großes Transportschiff im Trockendock lag. Nur ein paar hundert Meter weiter findet sich „Pendennis Castle“ und auch dort haben wir einen kleinen Halt gemacht. Hier fand ein Fest statt und es wurden mittelalterliche Handarbeiten vorgeführt und die Kanonen der Burg abgefeuert. An das Geböller habe ich vage Erinnerungen, an den Rest des Ortes überhaupt nicht. Auch die Strecke bis hierhin ist mir völlig entfallen. Vielleicht wollten wir aber auch nur zum Tagesziel, die westlichste Ecke Englands, erreichen.
Wir müssen da noch viel mehr gehalten und geschaut haben. Ansonsten wären wir mit der Strecke ja viel zu schnell durch. Andererseits erinnere ich mich, dass ich immer ganz früh am Zielort sein wollte, weil ich Angst hatte kein Zimmer mehr zu bekommen. Insofern sind wird vielleicht wirklich nur durch Torquay und die englische Riviera gerauscht und habe die Küste durch die Seitenscheiben des Autos bestaunt. Alex hat auch schon ein paar Mal geäußert, dass wir die Reise noch einmal machen sollten, weil wir unmöglich alle Sehenswürdigkeiten mitgenommen haben können.
Unsere Übernachtung haben wir jedenfalls in Praa Sands gemacht. Einem kleinen Ort in Cornwall kurz vor Lands End mit einem sehr schönen Strand und kleinen Palmen. Ich habe lange gesucht, wo es gewesen sein mag, aber nachdem ich die Visitenkarten gefunden hatte, ging es recht schnell. Das Bild unten muss ich jedenfalls von diesem Balkon aus aufgenommen haben! Das Haus mit dem kleinen roten Giebel auf der Garage steht heute noch genauso dort. Das große Gebäude links im Bild musste neuen Ferienhäusern weichen. Ein Hoch auf Google-Streetview, welches mich den Urlaub so nachvollziehen lassen hat.
Unser Zimmer war wie gewohnt eingerichtet. Ehrlichweise sah auch unser Haus innen drin so aus, als wir es 2002 gekauft haben. Das ist dann vielleicht doch eine Frage des Alters der Bewohner und weniger der Zeit. Möglicherweise ist es beides. Weitere Erinnerungen oder Bilder zu der Ecke habe ich leider nicht.
13.06.1998 – Samstag
Am nächsten Morgen brachen wir dann auf, um das eigentliche Ziel der Reise, den westlichsten Zipfel Englands in Cornwall zu erreichen: Land’s End. Ich habe ganz viele Bilder von Steilküsten, kann aber leider keines davon einer ganz bestimmten Ecke zuordnen.
Wir waren auf jeden Fall an Land’s End und sind dort spazieren gegangen. Wie schon geschrieben ist es schade, dass es damals noch kein GPS in den Bildern gab. Vielleicht hätte ich damals auch einfach mehr fotografieren sollen und ab und zu mal eine Hinweistafel, damit bekannt ist, wo das war. Hätte, hätte Fahrradkette.
Was ich auf jeden Fall wieder zuordnen kann, ist „Cape Cornwall„. Dort sind wir dann wahrscheinlich direkt nach Land’s End hin gefahren. Die beiden markanten Felsen „The Brisons“ sind deutlich zu erkennen!
Wir werden von dort ein klein wenig gewandert sein, denn nicht allzuweit entfernt ist die Portheras Cove und auch diese konnte ich auf den alten eingescannten Bildern zuordnen.
Hin und zurück wären das knapp 14 Kilometer gewesen und ich vermute ganz stark, dass wir den Wagen stehen gelassen haben und uns die Küste per Pedes angesehen haben. Das ist schon eine ziemlich schöne Ecke dort unten.
Und dann mussten wir uns sicher auch wieder nach einer Unterkunft umsehen. Augenscheinlich sind wir wieder einfach die Küste rauf gefahren, bis wir irgendwo ein uns genehmes Schild am Straßenrand gefunden haben. Das scheint knapp 80 Kilometer nördlich von Cape Cornwall in Porthcothan der Fall gewesen zu sein. Dort gab es damals das „Penfloss“ Bed & Breakfast, in dem wir uns einquartiert haben. Ich erinnere mich, dass es damals eine kleine Farm war und wir ein wenig mürrisch aber durchaus zuvorkommend empfangen wurden.
Was ich noch sehr genau weiß ist, dass wir auf dem Zimmer keinen Fernseher hatten. Der Wirt sagte nämlich, dass ich auf dem Zimmer keinen Fußball gucken könne, er mir aber erlauben würde, bei ihm im Wohnzimmer mit zu schauen, sofern ich meinen Mund halte. Daher gehe ich davon aus, dass ich ab 21 Uhr das Spiel „Niederlande : Belgien“ der in 1998 stattfindenden WM geschaut habe :-) Ich habe sowieso die Erinnerung, dass wir auch am Nachmittag in einer Stadt vor einem Pub standen und ein paar Minuten Fußball auf dem dort aufgestellten, kleinen Fernseher schauten. Fragt mich nicht, welches Spiel und wo das war. Es gibt noch etliche andere Erinnerungen, die ich auch nicht zuordnen kann. So zum Beispiel Möwen, die uns Fish & Chips am Hafen aus den Händen rissen.
Woran ich mich aber recht genau erinnere ist Porthcothan Beach. Die lange, flache Bucht eingerahmt von der Steilküste habe ich direkt vor Augen. Angesichts der wenigen Bilder, die wir von dem Urlaub für den Rest der Reise nur haben, waren wir aber wohl zu knauserig einen weiteren Film zu kaufen und noch etwas von der Gegend bildlich fest zu halten.
Das „Penfloss“ scheint es heute nicht mehr zu geben. Wenn man ein wenig schaut, scheint das Farmhouse aber saniert und renoviert worden zu sein und heute als „Porthcothan House“ ebenfalls für Übernachtungen vermietet zu werden. Ich bin mir jedenfalls recht sicher, dass dies die damalige Unterkunft war. Liegt direkt an der B3276 wenn man von der Küste aus hoch kommt. Und ganz ehrlich, den „Sitting Room“ habe ich exakt so in Erinnerung. Nicht mit der Einrichtung, aber mit der Aufteilung.
14.06.1998 – Sonntag
Ui, schon eine Woche rum. Die Reise neigt sich dem Ende zu, denn die Südküste haben wir nun einmal komplett abgefahren. Jetzt sind wir quasi auf dem Rückweg. Wir sind wahrscheinlich weiter die Küste entlang gefahren. Durch Devon und den Exmoor Nationalpark – wor wir im „Valley of Rocks“ kurz angehalten haben. Die Bilder konnte ich überhaupt nicht verorten und das hat mich sehr kribbelig gemacht. Aber nach vielem scrollen in der Google-Bildersuche habe ich ein Foto gefunden, welches einen Felsvorsprung zeigt, der genau so auch auf einem meiner Bilder zu sehen war. Und nach etwas weiter suchen findet man den im „Valley of Rocks“. Dort gibt es eine markante Straße – voilá! :-)
Durch das Tal führt eine Küstenstraße und in den vielen steilen, steinigen Felsformationen leben wilde Ziegenherden. Die Tiere waren kein bisschen scheu. Sonst hätte ich mit der billigen Kleinbildkamera keine Aufnahmen aus der Nähe machen können!
Für den Rest des Urlaubs gibt es noch exakt vier Bilder und eine Visitenkarte. Darauf kann ich nicht mehr allzuviel herleiten. Aber wir waren in der Kirche! Wie wir so über Land gefahren sind, war es nur natürlich, dass wir in den kleineren Dörfern auch an Gotteshäusern vorbei kamen. Alex ist damals halbwegs regelmäßig zu Gottesdiensten gegangen. So haben wir, weil es von der Zeit zufällig passte, an einer Kirche angehalten, bei der ersichtlich war, dass dort gleich begonnen wurde. Geparkt, Klamotten gerade gerückt und los. Wir saßen ziemlich weit hinten, aber leicht erhöht. Die Sitzreihen hinten waren wie in einem Kino schräg angeordnet.
Gewundert hat mich der „normale“ Redefluss des Pastors. Es war ein ganz normales Gespräch mit der Gemeinde, in dem Fragen gestellt und Antworten gegeben wurden. Natürlich mit religiösem Bezug. Und ja, es gab auch liturgische Elemente. Aber insgesamt fand ich das sehr locker. Befremdet hat mich gegen Ende, dass wir alle aufstehen sollten und einfach mal den Menschen neben uns umarmen sollten. Bei Alex ist das nun keine Schwierigkeit, aber den (oder die, keine Ahnung mehr) Wildfremden neben mir? Kam ich aber nicht raus aus der Nummer. Für die anderen war es das Normalste der Welt. Am Ende stand der Pastor in der Tür und verabschiedete die Gemeindemitglieder persönlich. Bei uns hat er gestutzt und wir haben ein wenig geredet, weil er uns nicht kannte und sich dafür interessierte, was uns in seine Kirche verschlagen hat. War auch eine sehr freundlichen und angenehme Erfahrung.
Danach kamen wir noch an einem Schild für ein Automuseum vorbei, aber da wollte Alex nicht rein ;-) Und „nein“, die Geschichte hat sich nicht in Wells ereignet. Alex meinte beim Lesen des Textes, dass wir natürlich an dem Gottesdienst in der Wells Cathedral teilgenommen hätten. Beim Foto des Innenraums schien ihr das klar gewesen zu sein und es passt ehrlich gesagt auch in meiner Erinnerung. Die Bilder der Kathedrale sind einfach welche der verbliebenen vier Bilder des Urlaubs. Offensichtlich haben wir dort einen Halt gemacht und uns die Kathedrale angesehen.
Ein paar Kilometer hinter Wells liegt Bath. Auch dort haben wir augenscheinlich einen Stopp eingelegt und uns vielleicht etwas zu essen gekauft.
Das Foto in Bath habe ich jedenfalls nicht wegen dem Pizza-Hut gemacht, sondern wegen der Menschen die sich dort so akkurat in einer Schlange an der Bushaltestelle aufgereiht haben. Was wir ansonsten in Bath getrieben haben … keine Ahnung! An der Ecke gibt es heute übrigens keinen Pizza-Hut mehr, aber es wird dort immer noch Pizza verkauft. Hat auch ein bisschen gedauert, bis ich die Straßenecke per Bildersuche bei Google identifiziert hatte.
Unsere letzte Übernachtung haben wir dann Kington St. Michael im „Jolly Huntsman Inn“ gebucht. Das liegt recht nahe an einer Autobahnabfahrt und ich vermute hier auch genau den Grund, warum wir uns dafür entschieden haben. Auch hier kann ich mich merkwürdigerweise an die grobe Aufteilung der Gebäude erinnern. Auch das wir dort wohl als Paar in den Flitterwochen angesehen wurden, ist mir noch parat (Dabei kommt das doch erst in drei Jahren!). Ich meine, wir haben in der Wirtsstube abends auch gegessen. Was ich noch weiß ist, dass wir nicht so lange im Pub waren, wie er geöffnet hatte. In unserem Zimmer bekamen wir die Gäste noch gut mit.
15.06.1998 – Montag
Auf jeden Fall haben wir aber am nächsten Morgen in der Wirtsstube gefrühstückt. Es roch dort nämlich noch sehr nach Rauch und das kann ich schlecht verknusen. Ab hier ist die Reise grundsätzlich zu Ende. Ich habe kein einziges weiteres Foto mehr. Wer mitgezählt hat, wird nun sagen von den oben erwähnten „noch vier“ fehlt eins – aber das war nur ein zweites vom Innenraum der Well’s Cathedral.
Nach dem Frühstück haben wie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Heimreise angetreten und diese auch wohlbehalten hinter uns gebracht. Sonst hätte ich das nicht 25 Jahre später aufschreiben können. Wir haben auch nirgends mehr angehalten und um London einen großen Bogen gemacht, weil wir auf die Großstadt keine Lust hatten. Da sind wir uns auch bis heute halbwegs einig mit.
In Dover gab es noch mal ein bisschen Aufenthalt, weil wir auf die Fähre warten mussten. Aber dann haben wir die Insel verlassen, waren zwei Stunden später wieder auf dem Festland und wahrscheinlich am frühen Abend zu Hause.
Das war ein sehr schöner Urlaub, von dem wir immer wieder mal was erzählen und den ich vielleicht sogar noch mal machen würde. Dann würde ich aber noch länger in Widecomb bleiben wollen! :-)
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