Weserradweg – Bad Oeynhausen bis Kassel – 2006

28.04.2006 – 01.05.2006

Lars - Michael - Andreas

Eckdaten

Fahrrad Lars:

  • Stevens X7, Schwalbe Marathon, Parallelogram-Sattelstütze, Specialized-Barends, sonst original LX Ausstattung

Fahrrad Andreas:

  • Scott Purgatory, Schwalbe Land Cruiser, Sattel Selle Italia Explorer, LX-Altus-Deore Mischmasch

Fahrrad Michael:

  • Marin (ca. 10 Jahre alt), Schwalbe Land Cruiser, LX-Vollaustattung, Raleigh SPD-Pedale

Jedes Rad brachte mit Gepäck ca. 30 Kg auf die Waage.


Die Tour:

  • Freitag:
    Ab. BO: 13:08 Uhr
    An. Hameln: 16:30 Uhr
    Strecke: 55,65 Km
    Schnitt: 20,2 Km/h
    Fahrtzeit: 2h 45m
    max.: 35,0 Km/h
  • Samstag:
    Ab. Hameln: 9:30 Uhr
    An. Bad Karlshafen: 17:30 Uhr
    Strecke: 95,12 Km
    Schnitt: 18,2 Km/h
    Fahrtzeit: 5h 12m 36s
    max.: 38,9 Km/h
  • Sonntag:
    Ab. Bad Karlshafen: 9:24 Uhr
    Ab. Hann.-Münden: 14:50 Uhr
    Strecke: 47,09 Km
    Schnitt: 16,4 Km/h
    Fahrtzeit: 2h 52m 16s
    max.: 45,6 Km/h
  • Montag:
    Ab. Hann.-Münden: 11:11 Uhr
    An. Kassel (W.-höhe): 13:00 Uhr
    Strecke: 34,81 Km
    Schnitt: 16,9 Km/h
    Fahrtzeit: 2h 03m 30s
    max.: 34,9 Km/h
  • Montag:
    Ab. Kassel (W.-höhe): 13:00 Uhr
    An. Bad Oeynhausen: 18:44 Uhr
    Strecke: 11,66 Km
    Schnitt: 12,4 Km/h
    Fahrtzeit: 56m 11s
    max: 58.4 Km/h
    davon 3 Stunden mit der deutschen Bundesbahn

Letztes Jahr haben Lars und ich den Weserradweg bis hoch zur Küste erkundet und gleich beschlossen, dass wir die andere Richtung auch noch ansehen müssen. Wollen ja schließlich wissen, wo der Fluß entspringt, der hier direkt vor der Haustür entlangfließt.

Als Termin haben wir wieder Anfang Mai gewählt. Einmal, weil der Feiertag schön passend lag, zum anderen weil das Wetter da wohl auch frühlingshaft sein würde. Dachten wir … falsch gedacht. Der in den Tagen vor der Tour sehr aufmerksam beobachtete Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Regenwahrscheinlichkeit an jedem Tag über 80% und Temperaturen um die 10°C, dazu Wind. Nicht unbedingt das, was ich mir als perfektes Radtourwetter wünschte.

Dieses Jahr wollte Michael die Tour ebenfalls mitmachen, nachdem er wieder in heimische Gefilde zurückgezogen ist. Wir sind früher schon öfter zusammen Rad gefahren und wahrscheinlich war er auch ohne Training, der Fitteste von uns dreien. Ich bin den Winter über ja immer den ein oder anderen Kilometer gefahren, aber Lars hatte das Rad eher eingemottet und würde mit der Tour die ersten richtigen Kilometer abreißen. Ergo hatten wir auch keine bestimmte Durchschnittsgeschwindigkeit angepeilt. Es wird so gefahren, wie wir gerade können und die Strecke es zuläßt.

Und die ist am Weserradweg sehr eben. Allerdings führt der Weg von hier nach Süden durch das Wesertal mit den reichlich Hügeln ringsum, so daß ab und an auch eine Steigung den Weg abwechslungsreich und anstrengender machen würde. In der Norddeutschen-Tiefebene gab’s ja außer pottebenen Wegen und Rapsfeldern nix zu sehen ;-) Also dieses Jahr die optisch ansprechendere Route.

Freitag: von Bad Oeynhausen nach Hameln

Um 13 Uhr wollten wir losfahren, da Lars morgens noch ins Büro musste. Michael und ich hatten beide Urlaub und die Räder schon bepackt und waren abfahrtbereit. Das Wetter war freundlich, bewölkt aber die Sonne lugte sehr oft durch die dunklen Wolken. Richtig kalt war es auch nicht, so daß wir alle drei auf kurze bzw. 3/4 lange Hosen setzten.

Abfahrt


Michael war der einzige, der mit Klickies unterwegs war. Ich wollte meine nicht benutzen, weil ich mit meinen Radschuhen nicht so gut laufen kann und man bei so einer Tour ja doch das ein oder andere Mal absteigt um zu rasten und sich etwas umzugucken. Lars hat noch nie Klickpedale ausprobiert. Im nachhinein werde ich mir für das Reiserad wahrscheinlich noch Kombipedale kaufen mit Klick auf einer Seite und Plattform auf der anderen. Und Schuhe, die auch ein paar Kilometer zu Fuß ermöglichen. Nächstes Jahr …

on the road

Mit 8 Minuten Verspätung machten wir uns schließlich gut gelaunt auf die Reise. Runter zur Weser, an der Fähre Amanda vorbei über die Autobahnbrücke und begannen gleich mit der Abkürzung über Holtrupp und Möllbergen. Immerhin kennen wir die Gegend nun alle ziemlich genau und in Vlotho war ich auch schon mehr als einmal :-) Ab dem Kraftwerk in Veltheim war dann allerdings für alle radtechnisches Neuland. Die Strecke führt hübsch durch kleine Ortschaften und es waren einige Radler unterwegs.

Rinteln

Vorbei an vielen Wiesen und Baggerteichen querten wir bei Eisbergen das zweite Mal die Weser und fuhren am Doktorsee vorbei nach Rinteln hinein. Das ist ja nur ein Katzensprung. Wir waren ein wenig überrascht. Im Ort selbst haben wir keine Pause gemacht – war auch nicht so spannend. Aber kurz dahinter wurde der erste Riegel verzehrt, ein wenig getrunken und die obligatorischen Gruppenfotos geschossen. Das Wetter war etwas bewölkter geworden, aber immer noch trocken und halbwegs warm.

Hamelner Wehr

Weiter geht’s über die Dörfer. Der Weserradweg kürzt hier einen kleinen Bogen des Flusses ab und führt durch ein schönes Naturschutzgebiet über Engern nach Kohlenstädt. Von dort weiter über Kleinenwieden nach Großenwieden und der nächste größere Ort ist dann schon Hessisch Oldendorf. Den läßt man allerdings großzügig zur Linken liegen und sieht nur die Ortseingangsschilder. Danach kommt nach knapp 8 Km Fischbeck und unser nächster Halt war dann auch schon das Tagesziel Hameln.

Hotel Altstadtwiege

In Hameln kannte ich bisher nur das Kino und eine Kneipe – das Unikum – in welcher wir damals auf den Beginn des Films gewartet haben. Nachdem wir ein wenig durch die Altstadt gefahren sind, haben wir recht schnell unser Quartier gefunden. Wir haben im Vorfeld ein Dreibettzimmer in der Altstadtwiege gebucht, welches wir nun bezogen. Sehr zentral gelegen, rustikale, gemütliche Zimmer und freundlicher Service zu einem fairen Preis. Damit waren wir zufrieden. Die Fahrräder – und das ist mir wichtig gewesen – konnten wir in einem überdachten und abgeschlossenen Bretterverhau hinter dem Hotel abstellen. Sollte man aber eigentlich auch erwarten bei einem vom Radwanderwegweiser empfohlenen Hotel.

der Morgen danach

Zu Abend gegessen haben wir nach einem kleinen Rundgang im Paulaner im Rattenkrug wo es neben dem namensgebenden Gerstensaft auch sehr leckeres Essen gab. Danach besuchten wir oben erwähntes Unikum, um ein paar Runden zu kickern und auszuruhen. Auf dem Nachhauseweg entdeckten wir direkt neben der Altstadtwiege noch das Mo, wo wir noch Cocktails orderten. Die am Nachmittag abgestrampelten Kalorien haben wir mit dem Abend mehr als kompensiert. Eigentlich genau das, was man auf so einer sportlichen Tour nicht machen soll ;-) Aber schön war’s … entsprechend fühlte ich mich am nächsten Morgen auch.

Samstag: von Hameln nach Bad Karlshafen

Weserradweg Beschilderung

Etwas später als geplant verließen wir am Samstagmorgen die Stadt Hameln. Den zufällig aus einem Fenster guckenden Leuten konnten wir nur ein „Ja, es ist wirklich so kalt, wie es aussieht!“ zurufen. Es war lausig! Der Wetterbericht hatte für heute maximal 8 Grad vorhergesagt – und vor dem Mund war der Atem zu sehen. Dazu ein bedrohlich grauer Himmel. Das versprach kein spaßiger Tag zu werden. Trotzdem ließen wir es zügig angehen und ließen die Nachtstatt auf dem gut ausgeschilderten Weserradweg hinter uns und nahmen Kurs auf Bad Karlshafen.

Schloss

Landschaftlich hat diese Richtung des Radweges tatsächlich mehr zu bieten, als die sehr flache Norddeutsche Tiefebene. Hinter Minden beginnt Richtung Nordsee das flache Land und ab da sieht eigentlich alles gleich aus. Bis nach Verden dann die Deiche anfangen und die Landschaft abwechslungsreicher wird. Flußaufwärts schlängelt sich die Weser durch die Täler des Weserberglandes und das bietet dem Auge wesentlich mehr. Viele kleine Schlösser, Burgen und Klöster liegen am Wegesrand. Man kann wirklich nicht bei jeder Sehenswürdigkeit anhalten, sonst geht’s gar nicht vorwärts.

Bodenwerder

Der Radweg führt außerdem – anders als im Norden – den Namen Weserradweg zu Recht. Er verläuft meist sehr nah am Fluß entlang. Wir passierten Tündern, Emmerthal und Latferde. Hier gibt es ein interessantes Museum für Landtechnik und Landarbeit, welches ich mir gerne angesehen hätte. Aber wir waren spät dran und den längsten Abschnitt unserer Tour vor uns. Am anderen Ufer bekommt man Grohnde zu sehen, bevor man den letzten Ort vor Bodenwerder – Hajen – durchfährt.


Dreckschleuder

In Bodenwerder mussten wir durch einen Flohmarkt fahren, der mitten auf dem Radweg aufgebaut war. War ein bißchen eng, durch die ganzen Leute zu gondeln. Den Ort selbst kannte ich schon vom letzten Jahr, als wir dort eine Miniradtour mit der Familie starteten. Kurz vor dem Ortsausgangsschild wunderten wir uns über eine Gruppe von Radreisenden, die an einer Tankstelle ihre Fahrräder mit dem Hochdruckreiniger bearbeiteten. Ein paar hundert Meter weiter, war der Grund gelüftet. „Im Märzen der Bauer …“ hat sich dieses Jahr verschoben. Ende April hat ein Bauer den Radweg hinter Bodenwerder über ca. 2 Km mit dickem Mist und Erde bedeckt. Sauerei, widerlich. Nicht nur wir haben uns über diese Schweinerei aufgeregt. Die Räder, die Klamotten, alles zu gesaut. Und ich war froh über meine Schutzblechkonstruktion, die ich eine halbe Stunde vor Abfahrt noch gebastelt hatte.

Burg Everstein

Nach dieser Matsche fuhren wir die Strecke, die ich vom letzten Jahr schon kannte. Rühle, Pegestorf lagen rechts und links des Radweges, bis wir diesen verließen. Zumindest wenn es nach dem bikeline Reiseführer ging. Der schildert den Weg entlang der Bundesstraße nach Polle aus, während er tatsächlich an der Weser weiter geführt wird. Hier wurde offensichtlich gebastelt. In Polle liegt auf der anderen Weserseite die Burgruine Everstein, die man sehr schön besichtigen kann. Haben wir aus Zeitmangel allerdings nicht getan.

Hagelschauer Unterstand

Paralell zur Landstraße steuerten wir auf Holzminden zu. Ungefähr Halbzeit für heute und unser Ziel für die Mittagsrast. Schnell waren wir an Heinsen vorbei, ließen Forst hinter uns (was wir erst gemerkt hatten, als es schon vorbei war). Nächster Ort Bevern, dachte zumindest Michael. Doch während wir noch darüber diskutierten, ob die Häuser dort vorne zu Bevern oder schon zu Holzminden gehörten, öffnete der inzwischen pechschwarze Himmel seine Pforten und es prasselten erbsengroße Hagelkörner herab. Das tat richtig weh! Aber Glück im Unglück, wir sahen links des Weges eine Überdachung, offensichtlich eines Angelvereins, trocken und ein richtiges Drecksloch. Aber es war ausreichend um dort 10 Minuten den Schauer abzuwarten.

Kirche in Holzminden

Als der Hagel in leichten Niesel übergegangen war, schwangen wir uns auf die nassen Sättel und fuhren die letzten 5 Minuten bis nach Holzminden rein. Hier wollten wir zu Mittag essen. Wir konnten uns nur nicht entscheiden ob im Stehen oder richtig im Restaurant. Michael wollte seine durchgeschwitzte Regenjacke trocknen, ich wollte die Räder im Auge behalten und Lars wollte was essen. So fuhren wir planlos um den Marktplatz um mehrfach von einer sehr netten älteren Dame den Weg gewiesen zu bekommen. Wenn alle Menschen so freundlich wären, wie diese Oma, hätten wir keine Probleme in der Welt. Da die Zeit immer weiter vorrückte, der Markt langsam abgebaut wurde und wir doch etwas Hunger hatten, gab’s dann Würstchen auf die Hand im Schatten der Kirche. Bzw. wir standen in der Sonne, damit Michis Jacke trocknete ;-)

Kloster Corvey

Nach der Wurst ging’s weiter. Die Weser schlängelt sich an Albaxen vorbei und der nächste Halt war das Kloster Corvey. Ein wirklich imposantes Bauwerk, riesengroß und mit einer meterhohen Mauer versehen, sieht man zunächst nur die Dächer des Klosters. Wir sind dann einmal rund um den Komplex gefahren und haben von vorne durch den Eingang geguckt. Aber auch hier haben wir keine große Rast gemacht, weil wir noch ein bißchen was vor uns hatten und nicht nur ich auf das naßkalte Wetter schimpfte. Wie kommt es eigentlich, dass wir letztes Jahr Richtung Nordsee nur Gegenwind hatten und dieses Jahr in der entgegengesetzten Richtung der Wind ebenfalls stur von vorne blies? Das kann doch nicht wahr sein!

Steinberg Hütte

Quasi direkt dahinter passiert man die schöne Stadt Höxter, danach kommt Boffzen wo man links die Weser sieht und zur rechten massenhaft Kiesteiche. Nach Godelheim folgt Fürstenberg und ca. 1 Km nachdem der Ort auf der gegenüberliegenden Uferseite hinter uns gelassen war, machten wir an einem Unterstand Rast. Nicht mehr weit bis zum Ziel und der ständige Gegenwind sowie die Temperaturen haben uns – naja – nicht zermürbt, aber doch genervt. Also anhalten, trinken und einige der unvermeidlichen Corny-Riegel verspeist. Ich hatte während der gesamten Tour immer leichte Kopfschmerzen. Lag zum einen sicher an der nicht ganz auskurierten Erkältung und den Nebenhöhlen, zum anderen daran, dass ich bei der Kälte keinen Durst hatte. Lars hat einen Liter nach dem anderen weggeschlabbert und ich musste mich quälen, auf 70 Kilometer einen halben Liter zu trinken. Nicht vergessen: ordentlich Flüssigkeit aufnehmen beim Radfahren!

Bad Karlshafen City

Rechts des Weges liegt nach kurzer Zeit Blankenau und nach ein paar weiteren Kiesteichen durchquert man Beverungen. Das war unser "Notziel", falls wir zu geschafft oder das Wetter zu mies gewesn wären. Aber die 10 Kilometer bis Bad Karlshafen und der verlockenden Kristall-Weserbergland-Therme reißen wir doch auf der linken Arschbacke ab. Kurz hinter dem ehemaligen Atomkraftwerk Würgassen kann man die Stadt schon ahnen. Ab Herstelle – wo wir an einem Supermarkt noch schnell unsere Vorräte auffüllten – haben wir uns für die vermeintlich leichter zu fahrende Alternativroute nach Bad Karlshafen entschieden. Der Weg führt hier neben der Landstraße entlang. Das war aber kein Problem und nach ein paar Minuten waren wir im Ortskern vom Tagesziel.

Kristall Weserbergland-Therme: Boot-Sauna

Eine Unterkunft war schnell gefunden. Der "Hessische Hof" bekam den Vorzug vor dem "Schwan", wo man uns ein wenig zu offensiv versuchte als Gäste zu gewinnen. Und die Wahl war goldrichtig. Klasse Zimmer und das Abendessen im hauseigenen Restaurant war super-lecker! Danach ging’s in die "Kristall Weserbergland-Therme" die ihren Ruf völlig zurecht hat. Hervorragend! Wie haben einen Aufguss um 21 Uhr mitgenommen und einen "überraschenden" um 22 Uhr und danach haben wir noch die Boot-Sauna ausprobiert. Ein per Steg zu erreichendes Boot, welches komplett zur Sauna umgebaut wurde und ca. 10 Personen Platz bietet. Sehr witzig so mit Schunkeln und Plätschern.

Danach setzten wir uns im "Hessischen Hof" noch auf ein Bier und ’ne Cola an die Theke, bevor ich um Mitternacht erschöpft ins Bett fiel. 2 Stunden später folgten Michael und Lars, die sich mit dem Wirt und der Wirtin offensichtlich noch sehr gut verstanden haben.

Sonntag: von Bad Karlshafen nach Hannoversch-Münden

Tunneldurchfahrt

Der Sonntagmorgen präsentierte sich leider nicht sonntäglich. Wolken mit ganz, ganz wenigen blauen Flecken dazwischen. Und die Hand aus dem Fenster gestreckt signalisierte "heute keine kurze Hose!". Mit dem Wetter hatten wir bisher nur insofern Glück, als es trocken war. Gegenwind und gefühlte Minustemperaturen machen wirklich keinen Spaß. Auch meinem Kopf ging’s ziemlich beschissen. Der kalte Wind auf der Stirn sorgte trotz Mütze für sporadisches Stechen und Ziehen. Den beiden anderen schien es besser zu gehen.

... und wir sind doch gefahren!

Nachdem wir die Räder wieder beladen hatten, überquerten wir die Weser und machten uns wieder auf den Patt. Hier wird der Radwanderer durch den direkt an den Fluß angrenzenden bewaldeten Hang geführt. Mit Schotterwegen und wie wir schnell feststellten noch fieseren Wegen. Was man da auf 50 Meter als Radwanderweg geboten bekommt ist schon eher ein Single-Trail. Wäre ich mit einem Rennrad unterwegs gewesen, hätte ich es tragen müssen! Alle Achtung vor der nachfolgenden Gruppe, die sogar mit einem Kinderanhänger da durch ackerte.

Gierseilfähre in Wahmbeck

Ging teilweise ganz schön steil hoch auf diesem Teil, dafür wurde man danach mit einer rasanten Abfahrt entschädigt. Die war sogar mit "Radfahrer absteigen – 26% Gefälle" beschildert. Mal ehrlich: sind wir Mädchen? Trotzdem nur 45,6 km/h als Höchstgeschwindigkeit auf der Uhr. War immerhin auch etwas kurvig. Nach 4 Km betulicher Fahrt kamen wir dann in Wahmbeck an, wo die Weser mit einer Gierseilfähre überquert wird. Dabei treibt der Fluß die Fähre mit der Strömung von einer auf die anderen Seite. 70 Cent kostete die Überfahrt pro Person. Lars und Michael haben schnell ausgerechnet, dass der Fährschiffer ein reicher Mann sein müsse bei geschätzten 100 Passagieren täglich. Haben wohl die Wintermonate nicht eingerechnet :-)


Rathaus in Gieselwerder

Auf den nächsten 3 Kilometern kürzt der Radweg wieder einen großen Flußbogen ab und wir erreichten gegen den Wind gebeugt die Fähre in Lippoldsberg. Aber mehr als einen kurzen Blick gönnten wir der nicht, immerhin stand heute der Weserkuß auf dem Programm und die Strecke war verlockend kurz, so daß besonders Lars alles gegeben hat *fg* Immer vorneweg und sehr zügig. Ratz-Fatz waren wir in Gieselwerder. Hier gab’s offensichtlich eine Konfirmation und wir begutachteten die in Anzüge und Kleidchen gewandeten Teenies bei ihrem Marsch in die Kirche (und kauften beim Bäcker noch ein paar Riegel). Gieselwerder wird in der bikeline Karte gar nicht besonders erwähnt, ist aber ein recht hübscher kleiner Ort mit einem schicken Rathaus.

super Wetter hinter Oedelsheim

Nachdem wir hier wieder über eine Brücke den Fluß querten, ging es vorbei an Oedelsheim weiter Richtung Flußquelle. Nach ca. 4 Kilometern und einer kleinen Anhöhe fanden wir einen schicken Rastplatz, wo wir es uns beqeum machten und über das Pärchen wunderten, welches hier ebenfalls rastete. Nicht weil die so besonders waren, sondern weil wir sie schon dreimal überholt hatten. Es bringt offensichtlich gar nichts, mit einem 20er Schnitt das Gepäck durch die Gegend zu kutschieren, wenn man dafür an jedem Kieselstein anhält um zu fotografieren (240 Bilder habe ich nach der Tour mehr auf der Festplatte), ’nen Riegel zu essen oder einfach nur zu gucken. Noch kurz die Eltern angerufen und angegeben, wie gut das Wetter bei uns war. Die Sonne schien, der Himmel war blau, alles bestens.

Hagel bei Bursfelde

10 Minuten später und ein paar Kilometer weiter fuhren wir nach Bursfelde hinein. Der Himmel war pechschwarz, es war plötzlich kalt geworden und wir machten kurz Halt um das ehemalige Benediktinerkloster in Augenschein zu nehmen. Hier waren reichlich Radler, da Bursfelde ein Gasthaus mit großer, überdachter Terrasse bietet und gerade Mittagszeit war. Alle guckten zum Himmel und waren unsicher. Michael plädierte für’s Weiterfahren. Ich glaube 2 Minuten später war er auch ganz glücklich darüber, dass Lars und ich uns für die Bushaltestelle entschieden haben. Die Hagelkörner hätten ihm sicher auch weh getan auf dem Kopf und an den Ohren.

abwechslungsreiche Landschaft

Während des Wartens habe ich schon mal die Radkarte umgeblättert und da war auch schon unser Tagesziel: Hannoversch-Münden. Da wo die Weser entspringt. 21 Kilometer nur noch! Als es etwas aufklarte machen wir (und andere) uns wieder auf den Weg. Schnell hatten wir die vor uns fahrende Gruppe überholt und fuhren durch Glashütte, vorbei an der Märchenbuche Richtung Reinhardshagen. Immer in Sichtweite der Weser – ich erwähnte es womöglich schon mal: dieser Teil des Weserradweges ist definitiv der schönere und interessantere als das Stück ab Minden bis zur Küste. Lediglich etwas besseres Wetter hätten wir uns gewünscht.

künstliches Biotop bei Gimte

Hinter Reinhardshagen folgt auf der anderen Weserseite Vaake und hinter dem nächsten Weserbogen beginnt ein sich ziemlich ziehender Anstieg bis kurz vor Gimte. Hat man diesen "Berg" erklommen wird man oben auf dem "Gipfel" mit einem kleinen Rastplatz belohnt. Hier kann man von einer Aussichtsplattform den Blick auf ein aus Kiesteichen geschaffenes Biotop werfen. Sieht von oben sehr urwüchsig aus. Ansonsten ist dieser Rastplatz nicht besonders einladend. Wesentlich angenehmer gestaltete sich die Abfahrt auf der Straße nach Gimte hinunter.

Wo alles beginnt ... Werra und Fulda!

Und nun Endspurt, 5 Minuten durch den Ort, noch ein zwei Kurven und – zack – am Ziel! Endlich wissen wir, wo die Weser herkommt. Eigentlich hätte ich erwartet, dass der Radweg eine besondere Führung an dieser Stelle hat, aber man fährt ganz profan an der Hauptstraße entlang Richtung Innenstadt. Nix mit besonderer Aussichtsplattform oder so. Egal, trotzdem zufrieden. 210 Kilometer gefahren, Gegenwind, Kälte und Hagel und trotzdem trocken geblieben. Hat Spaß gemacht! Und heute war auch noch der 30. April … also "Tanz in den Mai", mal schaune was das Dorf Hannoversch-Münden zu bieten hat.

Marktplatz in Hannoversch-Münden

Aber davor war erst einmal Quartiersuche angesagt. Die Touristinfo in der kleinen, fachwerkgeschmückten Innenstadt hätte seit 5 Minuten geschlossen gehabt, wenn schon Mai gewesen wäre. So hatte sie erst gar nicht geöffnet. Wir haben trotzdem einen Hotelführer bekommen und einige Hotels mit 3-Bettzimmern in der Innenstadt ausfindig gemacht. Schon beim zweiten – dem Aegidienhof – konnten wir unterkommen, denn dort war noch ein sehr schönes Dreibettzimmer zu haben. Und dort haben wir uns dann erstmal heiß geduscht und umgezogen. Man kommt nämlich doch ins schwitzen, auch wenn es nicht so warm ist.

... wo Werra und Fulda sich küssen ...

Das Hotel Garnie Aegidienhof ist sehr schön zentral in der Altstadt gelegen und wurde gerade renoviert. Für die Räder gibt es extra eigenes Haus, welches vom Wirt persönlich auf- und zugeschlossen wird. Da kann man beruhigt sein. In Hann. Münden haben wir dann erstmal die Innenstadt erkundet und einen kleinen Snack zu uns genommen – auch wenn der als Riesencurrywurst angekündigt war, war’s nicht mehr als ein Würstchen von Stahls. Danach selbstredend an die Weser um das obligatorische Foto am Weserstein zu machen. Wie sollen wir sonst beweisen, dass wir wirklich da waren? Lange haben wir uns aber nicht dort aufgehalten, denn es war trotz strahlendem Sonnenschein sehr windig und kalt, mir brummte der Kopf und Michael hatte nur seine dünne Radjacke an.

müder Krieger

Ich ging also zurück ins Hotel um mich ein wenig hin zu legen und die beiden anderen Jungs sondierten schon mal die Gastronomie bzw. machten es sich in einer Kneipe bei einer Party Billiard gemütlich. Nach 2 Stunden habe ich dann mal per SMS nachgefragt, wie es mit Essen aussieht und wir suchten eine gemütliche Pizzeria auf. Danach hatte ich beim besten Willen keine Lust mehr auf Party und habe Lars und Michael allein in den Kurbelkasten geschickt um in den Mai zu tanzen. Hätte ich gewusst, dass das ein umgebautes Kino ist, wäre ich vielleicht doch noch mitgegangen. So habe ich mich aber ins Bett gelegt und für den nächsten Tag ausgeruht. Allzulange haben es die beiden anderen dort auch nicht ausgehalten, so dass um kurz nach 1 Bettruhe angesagt war. Sind ja auch schon alte Herren! ;-)

Montag: von Hannoversch-Münden nach Kassel

Die Kirche vorm Hotel - mit Grad von Doktor Eisenbart

Der Montag weckte uns mit feinstem Sonnenschein … allerdings recht spät. Ich war groggy und die beiden anderen übernächtigt. Aus 8 Uhr frühstücken wurde nichts. Aber um 9 Uhr war auch noch reichlich zu haben im Frühstücksraum – der im übrigen komplett gefüllt war. Es musste sogar für uns noch ein Stuhl geholt werden. Das Hotel Aegidienhof kann ich wirklich nur empfehlen, sehr nett dort. Und die günstigste Übernachtung der ganzen Tour! Nach dem Frühstück wurden ein letztes vorletztes Mal die Räder beladen und endlich ging es mit kurzer Hose weiter. Da der Weserradweg gezwungenermaßen in Hannoversch-Münden endet, nahmen wir den Fuldaradweg als Ersatz. Der führte uns – wie passend – nach Kassel. Von da wollten wir mit der Deutschen Bundesbahn zurück nach Bad Oeynhausen fahren. Um kurz nach 11 Uhr verließen wir den schönen Ort und nahmen bei strahlendem Sonnenschein die kürzeste Etappe der Tour unter die Räder.

Fuldatal

Der Weg führt schön gewunden durch das Fuldatal. Vorbei an Löwenau geht es weiter Richtung Wilhelmshausen. Sieht alles sehr schön aus, im Wald mit Sonne zwischen den Ästen. Nur die vielen Radler haben gestört ;-) Es war viel los auf dem Weg. Ausflugsgruppen, einzelne Radler und kleine Gruppen schneller Rennradler. Letztere kamen oft sehr schnell angeschossen und wir mussten ein paar Mal flugs an die Seite. Aber auch langsame Sonntagsradler gucken sich erst um, wenn sie angeklingelt werden und fahren *dann* an die Seite. Prima, da kann ich auch gleich durch die Botanik fahren.

Der Fuldaradweg führt viel durch Wald ...

Wir hatten viel Zeit und der Weg war kurz. Trotzdem haben wir nicht allzuviel pausiert. Kassel und insbesondere die Wilhelmshöhe mit den Kaskaden lockten. Bei Wahnhausen bewunderten wir die Selbstbedienungsschleuse – fährt man da wirklich eigenverantwortlich durch? – und bei "Gut Kragenhof" hätten wir (ich seh’s auch jetzt erst auf der Karte) schon auf die Straße nach Kassel rein abbiegen können. Aber wozu abkürzen? Der Weg ist echt schön und das Wetter war das Beste der ganzen Tour. Also weiter am Fluß entlang – die Abkürzung kannten wir mangels Karte ja auch gar nicht :-)


Die Stadthalle in Kassel

Nach knapp 2 Stunden Fahrtzeit erreichten wir schließlich Kassel. Unser letzter Wirt hatte uns schon "gewarnt", dass der Weg bis dahin ganz schön ist, Kassel selbst aber eher nervt. Nuja, er hat Recht gehabt. Nachdem wir einen ansässigen Speedbiker ausgebremst hatten und ihm den Weg zur Wilhelmshöhe entlockten, irrten wir durch die triste Innenstadt. Ausgeschildert war die Sehenswürdigkeit von Kassel nicht – zumindest nicht für uns erkenntlich. Trotzdem kamen wir irgendwie auf die schnurgerade Straße an deren Ende man auf dem Hügel den Herkules sehen kann.

Im Bahnhof Wilhelmshöhe

Praktischerweise liegt unterhalb des Schlosses auch der Bahnhof Wilhelmshöhe, welchen wir darob zunächst einmal ansteuerten. Um 13 Uhr waren wir im Gebäude und suchten ersteinmal eine passende Heimfahrtzeit. Die Kaskaden wollten wir immerhin noch sehen. Allzu spät in Oeynhausen ankommen war aber nicht gewünscht. Um 15.48 Uhr gab es eine Verbindung mit nur 3 mal Umsteigen und dafür war sogar immer 4 Minuten Zeit. Klasse. 65 Euro für 3 Personen mit Rad auf den Tisch des Hauses, nochmal 3 Euro für ein Schließfach um das Gepäck für die Spritztour zwischen zu lagern und los geht’s mit Gebrüll Richtung Herkules.

Blick vom Schloss über Kassel

Bis zum Schloß geht’s ganz schön bergauf – naja – ein bißchen. Im kleinsten Gang muß man noch nicht fahren und ohne Gepäck ein sehr erträglicher Anstieg. Von da oben hat man schon einen ganzen netten Blick über Kassel. Ich war hier auch schon einmal zu einem Elton-John-Konzert. Irgendwann vor vielen, vielen Jahren. Im Park selbst haben wir uns nicht groß umgesehen, die Zeit drängte und wir wollten hoch zu den Kaskaden. Lars wollte die Räder unten lassen, Michael und ich lieber mit hoch nehmen. 2 zu 1 … überstimmt. Wenn auch mit leichten Differenzen. Ich glaube aber, dass die abschließende Abfahrt für das Schieben entschädigt hat ;-)

Die Kaskaden unter Wasser

Der Weg durch den Park hoch zu den Kaskaden war ungleich steiler, als das Hügelchen davor. Kleinster Gang und schön Schritttempo fahren war angesagt – außerdem waren auch noch viele Fußgänger auf den Wegen; die aber offensichtlich nicht für Fahrräder gesperrt waren. Hat auch keiner gemeckert. Nach 10 Minuten waren wir dann unten am Beginn der Wasserfälle mit einem tollen Blick sowohl nach oben, als auch nach unten. Und das alles bei allerbestem Frühlingssonnenschein. Da hat sich die Fahrt doch gelohnt. Und wie es der Zufall will, gingen just in dem Augenblick die Hörner des Bauwerks an und signalisierten den Beginn des Wasserflusses auf den Kaskaden. Das passiert nur einmal am Tag und wir waren auf die Minute pünktlich zur Stelle! Deswegen waren auch soviele Leute vor Ort. Auf dem Wasserfall selbst turnten viele Kinder umher, die vor dem Wasser immer die nächste Stufe herunter sprangen. Da haben wir natürlich nicht mitgemacht <räusper>;-)

Blick zum Schloss

Und wo wir schon mal da waren, sind wir natürlich noch alle Stufen zu Fuß hoch gelaufen (die Räder unten vertäut). Ein klasse Blick bietet sich dann. Schade, dass es trotz oder gerade wegen der Wärme so diesig war. Ganz klare Sicht war nicht, aber trotzdem war es sehr schön. Das Oktagon ganz oben haben wir dann nicht mehr bestiegen. Nicht weil uns die 2 Euro zu teuer waren, aber noch besser gucken wird man von dort wohl auch nicht können und wir mussten uns auch langsam beeilen, den Zug noch zu kriegen. Also Abstieg und dann Abfahrt. Das machte schon ziemlich Spaß :-) Die 60 Km/h habe ich knapp verfehlt, aber – hey – im Park auf Split und Fußgänger gab’s ja auch noch *g*

Rückfahrt im Zug

Und dann saßen wir auch schon in einem Radwagen der Deutschen Bundesbahn. Zusammen gepfercht mit 5 anderen Radfahrern und einem Papa mit Kinderwagen. Aber wenigstens war das erste Klasse Abteil leer. Auf welche Zielgruppe spricht die Bahn eigentlich an? Hätten wir eine bequemere Route über Hannover haben wollen, hätten wir min. 1 Tag vorher reservieren müssen. Um dann in genauso einem überfüllten, engen Abteil zu sitzen und uns von den anderen Fahrgästen anmachen zu lassen, wenn sie sich auf dem Weg zur Zugtoillette die Hose an der Kette schmutzig machen. Dazu ist es ja ein Radabteil und kein Wanderweg! Und so verbringt man dann die 3 Stunden im Zug.

Wie schön, dass am Bahnhof dann der kleine Junge mit Mama stand und sich freute, Papa vom Zug abzuholen! Wer da wohl noch gegrinst hat? – Die nächste Tour haben wir unterwegs jedenfalls schon mal ganz grob ins Auge gefasst. Der Moselradweg soll auch sehr schön sein … darüber schreibe ich dann aber erst nächstes Jahr!

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