Hamburg – St. Pauli – Reeperbahn

Wenn einer heiratet, dann ist es so üblich, seinen Abschied vom Junggesellendasein gehörig zu feiern. Auch G. hat sich nun nach jahrzehntelangem Lotterleben in wilder Ehe entschlossen, der ganzen Sache mal ein wenig Grund zu geben und die Mark nur noch fünfzig Pfennig wert sein zu lassen. Begangen werden sollte das Ende der freien Zeit in Hamburg auf der Reeperbahn – Sündenpfuhl und RTL II Dauerthema, falls gerade mal kein Papst verstirbt. Mit der Bahn zu fahren wurde nach einigem hin und her verworfen und darum saßen wir gegen 13 Uhr zu Acht in einem gemieteten Vito und fuhren gen Norden.

Gut gerüstet mit Klimaanlage und Kühlschrank trotzten wir fast drei Stunden der Hitze in dem Blechkasten. Nur unterbrochen von einem kurzen Halt bei dem amerikanischen Restaurant mit dem goldenen M. Von irgendwas muß man ja leben und nur Flüssigkeit im Magen verträgt auf Dauer der stärkste Ostwestfale nicht.

Irgendwann am frühen Nachmittag erreichten wir unser Ziel, fanden umgehend an den Landungsbrücken einen Parkplatz und machten uns auf nach „Strand Pauli, wo ich meinen allerersten Kontakt mit Astra-Pils hatte. Geschmacklich ungefähr so einzuordnen, als wenn jemand die braune Brühe im Hafen in Flaschen abgefüllt und ein halbes Jahr in der prallen Sonne gut abgelagert hätte. Was eine Suppe. Die Strandbar selbst ist klasse. Wir waren an diesem Abend dreimal hier :-)

Hernach ging’s auf die Reeperbahn – wohin auch sonst. Auf dem Weg dorthin fiel mir zum wiederholten Male – auf (nicht nur wegen der Hafenstraße), dass ich sehr, sehr froh bin, nicht in einer Großstadt zu wohnen. Ist nicht meine Welt. Kein weiter Blick, kein Wald, alles gedrängt, alles hektisch. Und besonders Hamburg kam mir schon immer besonders grau und trostlos vor. Die Spaßmeile ist da natürlich das Gegenteil von grau. Neongrell, laut und schnell. Wir hatten auf 19.30 Uhr einen Tisch im Herzblut reserviert – war aber sicher nicht nötig, da wir mit 3 anderen Junggesellenabschieden die einzigen Gäste in dem großen Laden waren.

Apropos andere Gruppen: auf St. Pauli seinen Junggesellenabschied zu feiern ist sowas von innovativ. Da ist noch keiner vorher drauf gekommen :-) Wir haben ungefähr 30 anderen Gruppen gezählt, die dort rumturnten. Mehrheitlich junge Frauen, die sich ins Unglück stürzen wollten. Einen Unterschied zwischen den Männer- und den Frauengruppen gab es. Während die Jungs eher herkömmlich mit T-Shirt und Stift unterwegs waren, versuchten die Frauengruppen jedesmal unter Ausnutzung billigster Tricks auf sich aufmerksam zu machen und ihren Tand an den Mann zu bringen. Selbstredend sind wir auf diese plumpe Maschen nicht hereingefallen!

Nach reichlich feiern auf dem Hans-Albers-Platz irrten wir drei- oder viermal die Reeperbahn rauf und runter, bis wir nach etlichem Nachfragen endlich das Dollhouse fanden. Liegt ja auch sehr versteckt. Womöglich haben uns hier die offensiv zur Schau gestellten Schlüsselreize den Blick auf das eigentliche Ziel verwehrt. Kann aber auch am Astra gelegen haben. Oder an beidem ;-) 10 Euro Eintritt für den Table-Dance-Laden fand ich jetzt nicht übermäßig teuer. Auch die Getränke wurden für verhältnismäßig zivile Preise unter’s Volk gebracht. Die Tänzerinnen und Tänzer waren sehr lecker anzusehen. Nur eine Klimaanlage sollte der Laden anschaffen – oder anschalten – oder reparieren lassen. Man konnte die Luft schneiden! Es war allerdings auch propenvoll.

Nach einer Stunde ging’s nicht mehr. Raus, Luft! War auch schon irgendwie um halb Drei Uhr rum. So ganz langsam machten wir uns auf den Weg Richtung Fischmarkt. Zum x-ten Mal an den Damen vorbei, die sich jedesmal auf’s neue anboten, Entspannung zu verschaffen. Teilweise sogar recht dreist und aufdringlich. Aber wir haben doch keine Zeit, äh, hey, durchzählen! ;-) Inzwischen leicht angeschlagen passierten wir erneut „Strand Pauli“, wo aber die Lichter schon aus waren. Der Fischmarkt wurde gerade aufgebaut und so warteten wir gegen halb 4 noch in einem kleinen italienischen Café bei einem Wasser und Latte Macchiato auf den Verkauf der Pappbrötchen. Ich konnte allerdings nichts mehr zu mir nehmen. Die Luft im Dollhouse hatte mir sowohl Kopf als auch Magen komplett umgedreht – mir ging’s beschissen kann man sagen. Nein, definitiv nicht der Alkohol. Ich habe neben dem Fahrer wohl am wenigsten getrunken.

Apropos Fahrer: vielen Dank für die selbstlose Hin- und Rückfahrt. Um halb 8 rum wurde ich zu Hause abgeliefert, habe geduscht und bin dann in Tiefschlaf gefallen. So langsam geht es wieder.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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