Radschnellweg ist Bedrohung für den Werre-Park

Gelesen habe ich den Artikel bereits im Urlaub und seitdem wollte ich das ständig kommentieren. Bin aber immer wieder darüber weg gekommen, weil ich mir in Gedanken jedes Mal an den Kopf gefasst habe über den Blödsinn. Aber vielleicht ist das ja alles ganz anders gemeint! Jedenfalls schreibt die Neue-Westfälische in Ihrem Artikel „Der Werre-Park will ein ‚dritter Ort‘ sein“ am 09.07.2022:

Die Menschen kommen und kaufen in Bad Oeynhausens einzigem Shoppingcenter. Trotz Corona, Geldentwertung, Online-Konkurrenz, Radschnellwegplanung, absehbarem Gasmangel, fehlendem Trinkwasser oder Lieferkettenschwierigkeiten.

Allein die Planung eines Radweges reicht schon, um in der „trotz“-Liste der Gründe aufzutauchen, welche den Besuch der Einkaufshalle – die gewaltig an der Verödung der Innenstadt beteiligt ist – verhindern könnten. Ob diese Aufzählung vom Center-Manager Torben Schultz kommt oder dem Redakteur des Artikels zuzuschreiben ist, erschließt sich mir nicht eindeutig. Sie scheint aber beim weiteren Lesen des Artikels doch vom Manager zu kommen, denn er wird mit

… ein anderes Problem, mit dem sich der Werre-Park konfrontiert sieht: die Verkehrswende. Direkt vor dem Werre-Park soll der Radschnellweg RS3 gebaut werden. Die zweispurige Straße ist schon jetzt in einem Verkehrsversuch einspurig, dabei kommen die meisten Kunden mit dem Auto zum Werre-Park.

zitiert und zeigt damit ein sehr merkwürdiges Verständnis dessen, was wir in Zukunft brauchen. Einen „Autofahrer-Standort“ nennt er seine Mall und vergisst völlig, dass er alle Möglichkeiten hat, das zu ändern. Statt sich zu freuen und zu sagen „Endlich bekommen wir eine schnelle und sichere Anbindung an das Radverkehrsnetz in Bad Oeynhausen! Nun können wir auch auf unserem Gelände Radwege anlegen, die maroden Fahrradständer überdachen und dadurch weitere Besuchergruppen erschließen.“, ist der Radschnellweg augenscheinlich ein Problem. Die IHK wird durch Eckhard Rüter, Mitglied der IHK-Vollversammlung unterstützt, indem dieser noch ein wenig Lastenrad-Bashing betreibt.

Das Lastenrad hilft uns im Mühlenkreis nicht an jeder Stelle weiter.

Nun, von der IHK habe ich nichts anderes erwartet. Außer Auto, Auto, Auto habe ich von denen noch nichts gehört. Natürlich hilft ein Lastenrad nicht überall, das hat auch nie irgendjemand behauptet. Es kann aber an sehr vielen Stellen helfen und sinnvoll sein. Auch wenn ich persönlich ein normales Fahrrad mit einem Anhänger bevorzuge, so nutze ich damit doch dieselbe Infrastruktur. Leider weiß die IHK damit nicht umzugehen.

Parkplatz des Werre-Park Richtung Magics in 2008

Seine Lösung für das „Problem Verkehrswende, mit dem sich der Werre-Park konfrontiert sieht“ sind übrigens Ladesäulen für Elektroautos. Zwanzig Stück sind installiert worden. Angesichts von 2.300 Parkplätzen eine Quote von 0,86% als „Lösung“ zu nennen, finde ich sehr lustig!

Im letzten Absatz wird dann endlich auch erwähnt, wie der „Konsumtempel“ Werre-Park ein dritter Ort sein will. Nun, weil er einfach da ist. Das Ministerium für Kunst und Wissenschaft in NRW schreibt dazu:

Dritte Orte sind Plätze des Zusammentreffens und bieten Menschen die Möglichkeit der Begegnung mit Kunst und Kultur in ländlichen Räumen.

Hm, Kunst und Kultur. Ja, es wird das Casino und das Kino erwähnt, zweifellos gibt es auch Gastronomie im Werre-Park. Mit „Kunst & Kultur“ verbinde ich trotzdem etwas völlig anderes. In der Wikipedia findet sich denn zu „Dritter Ort“ auch ein interessanter Satz.

Ein Dorfwirt, der seine eigene Dorfkneipe als »Third Place« bezeichnet, versucht, mehr zu sein, als er ist. Man kann das auch als »Schwurbelei« bezeichnen. Den Begriff zu gebrauchen impliziert in aller Regel ein »Impertentum«, also ein Pseudo-Expertentum. Nach dem Motto: »Das Kind muss einen Namen haben«.

Einleitend wird in dem Artikel gesagt, dass hier Lösungen für Probleme genannt werden. Mir sind beim Lesen die Installation einer Photovoltaikanlage aufgefallen. Ein unverzeihliches Versäumnis, dass nach so vielen Jahren keine solche Anlage auf dem Werre-Park installiert ist. Insofern allerhöchste Zeit, es nachzuholen. Es ist allerdings auch das Einzige, was man in dem Artikel als Beitrag zur Lösung eines Problems bezeichnen könnte.

Mir fallen da noch mehr ein: angesichts der immer weiter voranschreitenden Überhitzung sollten deutlich mehr Bäume auf dem riesigen, versiegelten Parkplatz gepflanzt werden, um der immer weiteren Aufheizung des (Mikro)Klimas in den Städten wenigstens etwas entgegenzuwirken. Endlich eine Radverkehrsführung installieren, um auch diese Besuchergruppen willkommen zu heißen und gleichzeitig den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Damit kompensiert man den Wegfall einiger weniger Parkplätze für die Bäume. Überdachungen mit Photovoltaik auch auf dem Parkplatz – gerne über den Fahrradstellplätzen – und nicht nur auf dem Dach.

Wenn das wirklich alles war, was auf diesem Treffen besprochen wurde, wundere ich mich nicht über unsere Situation.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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