Photovoltaik mit oder ohne Speicher?
In einschlägigen Foren gibt es einige Menschen, die einen zusätzlichen Speicher für eine Photovoltaikanlage als „Blödsinn“ ansehen, weil sich dadurch die Amortisationszeit verlängert. Und zumindest was die reine wirtschaftliche Rentabilität angeht, haben sie auch recht. Durch einen Speicher wird die Anlage wesentlich teurer und es dauert länger, bis man die höheren Kosten wieder drin hat. Also, nun, fast bei jeder Anlage. Wie immer: es kommt drauf an! Letztlich nämlich auch darauf, was man überhaupt erreichen möchte.
Wir haben im Frühjahr 2020 unsere Anlage inklusive einen 7,5 kWh Speicher für den Keller geordert. Hat uns der Energieversum-Berater so ausgerechnet – und ich hatte mich im Vorfeld in der Tiefe mit den Größen gar nicht beschäftigt. Ende April ist unsere Anlage ans Netz gegangen und lieferte reichlich Strom. Der Speicher war fast immer vor Mittag schon voll … hat dann aber so gut wie nie über die Nacht gereicht. Das hängt natürlich vom individuellen Stromverbrauch ab. Bei uns war nachts um drei der Akku alle und wir mussten Strom aus dem Netz nach ordern. Das hat mich genervt. Womit wir beim Satz von oben sind „Es kommt drauf an, was man mit der Anlage alles erreichen möchte!“.
Ich wollte eine möglichst hohe Autarkie haben. Bei uns stand der Wirtschaftlichkeitsaspekt nie ganz oben auf der Liste. Klar grinse ich, wenn ich auf die Abrechnung schaue, aber ich denke auch, dass eine dezentrale Energieversorgung die einzig sinnvolle Möglichkeit für Individualhaushalte und Quartiere ist. Je mehr Eigenverbrauch, desto weniger muss von extern bezogen werden. So einfach. Kosten mal völlig außen vor, muss der extern bezogene Strom ja auch irgendwie hergestellt werden! Daher hat es mich geärgert, dass unser Akku im Keller nicht über die Nacht reichte. Die Konsequenz war, dass wir auf 10 kWh aufegrüstet haben. Ja, das ist teurer, als wenn der Speicher gleich größer dimensioniert gewesen wäre. Aber hinterher ist man immer klüger.
So kommen wir zwischen März und Mitte Oktober in der Regel mit dem Speicher über die Nacht. Hängt natürlich vom Wetter ab und wieviel wir verbrauchen (die ganze Nacht am PC spielen lutscht ganz schön Energie). Im Winter werden die 10 kWh bei Sonnenschein auch problemlos voll. Hatten wir im Winter 2021/2022 leider nicht. Aber an den Tagen, an denen mal keine Wolken am Himmel standen, konnten wir auch hier den Akku gut nutzen. So kommen wir laut Senec-Statistik auf eine Autarkie von 70% – ohne den virtuellen Strom aus der Cloud mit einzurechnen!
Die Speicher-Verneiner haben aber Recht, wenn sie sagen dass rein monetär die Anlage ohne die Speicherkosten schneller abbezahlt ist. Bei uns rechnet sich der Speicher aber. Warum zeige ich hier. Die Zahlen sind von uns aus dem letzten Jahr. Seit Mitte Juni haben wir ein Elektroauto und der Nachwuchs hat seit Oktober eine eigene Wohnung, die wir über unseren Cloudvertrag mit laufen lassen. Grundsätzlich zu den Einstandskosten: ja, Energieversum ist teurer als andere. Wir haben uns aufgrund der 20jährigen Garantie auf alles inkl. der Montagekosten und der enthaltenen Versicherung für den Anbieter entschieden und sind damit auch zufrieden.
Unser Verbrauch betrug im Jahr 2021 7.247,51 kWh. Wir haben 3.057 kWh eingespeist und 2.363,62 kWh „aus der Cloud“ zurück gekauft. Die Kosten für das Cloudpaket inkl. der Stromkosten für den Nachwuchs betragen rund 55 Euro. Die Einspeisevergütung wird im Rahmen der Cloudnutzung an die Firma Senec (Cloudanbieter und gleichzeitig unser Stromlieferant) abgetreten. Für den Strom, welchen wir eingespeist haben und am Ende des Jahres nicht „aus der Cloud“ genutzt haben, bekommen wir die Einspeisevergütung ausgezahlt. Bei angenommenen Stromkosten von 0,31 € je kWh (das haben wir zuletzt bei Naturstrom bezahlt) würden wir im Vergleich zum reinen Strombezug in Höhe von monatlich 187,23 € ungefähr 138 € einsparen und die Anlage hätte sich nach knapp 14 Jahren bezahlt gemacht. Nimmt man den aktuell aufgerufenen Preis von 0,43 €, ist bereits nach 9 Jahren die Investition amortisiert. Technisch kommen wir auf einen Autarkiegrad von knapp unter 70%. So sollte das sein.
Hätten wir nur den Speicher und keine Cloud, ändert sich an den Zahlen und der Technik nichts. Auch hier sind wir zu knapp 70% autark. Wir müssten den Strom, welchen wir aus dem Netz beziehen „normal“ bezahlen. Das wären in unserem alten Vertrag ca. 61 € gewesen. Zusätzlich würde die Studentenwohnung mit 45 € ins Kontor schlagen (Stand Herbst 2021, als ich den Vertrag erweitert habe.). Dafür wäre die monatliche Einspeisevergütung höher. Insgesamt betrüge die monatliche Ersparnis nur noch 105 €, wodurch sich die Amortisationszeit auf 18 Jahre verlängert! Ui, das hätte ich nicht erwartet.
Und nun das Ganze ohne den Speicher. Die Einstandskosten sind geringer. Ich habe den Speicher weggelassen und dafür einen Wechselrichter mit 1.500 € angesetzt. Das wäre ein günstiger Preis. In unserer Anlage ist der Wechselrichter im Senec Speicher V3 hybrid duo integriert. Wir müssten hier allerdings den Strom, welchen wir in den Speicher geladen und wieder entnommen haben, der Einspeisung bzw. dem Strombezug aufschlagen. Die Einspeisung erhöht sich um die Lademenge von 2.159 kWh auf 5.217 kWh und der Netzbezug um die Entladung i.H.v. 2.106 kWh auf 4.470 kWh. Wir müssten also für unseren Strombezug ca. 115 € bezahlen, die Studentenwohnung kostet wie oben 45 € und die Einspeisevergütung ist mit 41 € nochmal höher als im Beispiel „mit Speicher ohne Cloud“. Die monatliche Ersparnis beträgt dann aber nur noch 68 €, wodurch sich die Amortisationszeit auf 17 Jahre beläuft! Die Autarkie sinkt in diesem Fall allerdings auf unter 40%!
Für uns rechnet sich also sowohl der Speicher, als auch die Cloud. Wobei der Speicher sich auch wirklich nur mit der Cloud rechnet – dann aber so, dass die Anlage mit den angesetzen niedrigen Energiekosten drei Jahre eher abbezahlt ist. Setze ich den aktuellen Preis an, bleiben die grundsätzlichen Abstände erhalten – die Zeit in welcher sich das alles rechnet wird aber deutlich kürzer. Lasse ich die Studentenwohnung außen vor, dann ändert sich das Verhältnis! Mit Speicher und mit Cloud wäre die Anlage nach 11 Jahren bezahlt, mit Speicher ohne Cloud dauert es 13 Jahre und ohne Speicher und dann ohne Cloud, hätten wir genau 10 Jahre bis die Anlage komplett im Plus ist. Da hätte ich nach vielen Beiträgen der einschlägigen Foren ganz andere Unterschiede erwartet!
Übrigens kann man unsere „Studentenbude“ auch ganz einfach mit einem Elektroauto ersetzen. Senec bietet als Zusatzmodul der Cloud auch das „Tanken“ an Ladesäulen im Rahmen der Cloud an. Läuft genauso wie bei unserer zweiten Wohnung – der monatliche Cloudpreis erhöht sich und dafür kann man im Rahmen des gebuchten Volumens das Elektroauto auffüllen. Auch dann rechnet sich der Speicher mit der Cloud. Insofern würde ich eine Anlage auch wieder nur mit einem Speicher kaufen. Grundsätzlich halte ich das für den einzigen Weg hin zu einer möglichst autarken Energieversorgung und zum anderen rechnet es sich auch noch für uns.
Mir fällt gerade auf, dass ich den Grundpreis noch gar nicht bei den Modellen „ohne Cloud“ und „ohne Speicher“ eingerechnet habe. Dann sieht es für die beiden Modelle noch mal schlechter aus. Mit Zahlen von heute (Wohnung des Nachwuchs pro Monat 65 €) … dann muss ich gar nicht nachdenken, ob ich mit Speicher und Cloud (= 8 Jahre), nur mit Speicher (= 14 Jahre) oder ohne Speicher (= 15 Jahre) bauen würde.
[Update]
Im Nachgang fiel noch auf, dass in den obigen Modellen die Steuer nicht berücksichtigt wurde! Dadurch verändert sich die Amortisationsdauer (genau wie auch durch Änderung der kWh-Preise). Die grundsätzliche Reihenfolge der Modelle ändert sich jedoch nicht!
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