Man darf auch langsamer fahren
Was kaum jemand weiß, der in Deutschland hinter dem Steuer eines motorisierten Fahrzeuges sitzt: man muss nicht um jeden Preis an jeder Stelle die maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit fahren! Viele Menschen scheinen das zu denken und wenn ich sehe, wie z.B. durch 30-Zonen gebrettert wird, dann gehen die meisten Menschen wohl davon aus, dass die ausgewiesenen Geschwindigkeiten das Mindesttempo vorgeben.
Nachdem die Autobahnabfahrt in Gohfeld nun fertig ist, wird überall lamentiert, dass man dort 100 Km/h schnell fahren darf. Nicht weil das blöd für Anwohner oder Umwelt wäre oder so … nein, weil man die Kurven mit 100 Km/h kaum durchfahren kann!
NW vom 08.08.2019: Nordumgehung: Autofahrer können mit Tempo 100 Ausfahrt nehmen
… In der Gegenrichtung muss der Autofahrer eine Rechts-Links-Schikane bewältigen. Auf der gilt Tempo 100. Eine für diesen Kurvenschwung eher anspruchsvolle Begrenzung. Wer diese Geschwindigkeit wirklich zu erreichen versucht, droht ins Schlingern zu kommen …
Eigentlich fällt mir dazu nicht viel ein, außer Kopfschütteln. In der StVO steht doch ausdrücklich:
§3 (1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen …
Ich habe schon viele Stellen befahren, an denen ich nicht so schnell fahren würde bzw. gefahren bin, wie es eigentlich erlaubt gewesen wäre. Auf ganz vielen Landstraßen ist das so. Da kann ich auch so manche Kurve eben nicht mit 100 Km/h durchfahren. Muss man einfach mal ganz individuell für sich aufpassen. So wie überall. Und das Argument „… wenn aber jemand die Strecke nicht kennt?!“ ist doch das Paradabeispiel für „Dann fahr halt vorsichtiger!“. Genau das lernt man in der Fahrschule. So ist denn auch die Erwiderung von Straßen.NRW genau richtig:
„Sie dürfen hier ja durchaus langsamer fahren“, sagt Sven Johanning, Pressesprecher von Straßen NRW.
Auf Facebook gibt es auch wieder reichlich Stimmen, die alles dramatisieren und „Muss erst was passieren?“ rufen. Nein, muss es nicht, ihr dürft auch einfach so den Kopf nutzen und vom Gas gehen. Niemand zwingt euch zum Rasen! Meine Fahrlehrerin hat mich vor dreißig Jahren schon vor den „Hundekurven“ gewarnt, die Autobahnabfahrten gerne mal sind. Darum fahre ich dort seit jeher besonders vorsichtig. War ich der Einzige, dem sowas erzählt wurde?
Ohne mir die Örtlichkeit jetzt im Detail angesehen zu haben: Wenn da konkret ein Z 274-100 angeordnet wurde, kann man dies meiner Ansicht nach schon hinterfragen. Weil es durchaus suggeriert, dass der folgende Abschnitt auch unzweifelhaft für diese Geschwindigkeit geeignet ist… Das gilt ja z. B. (dann halt „nach unten“) vor allem an bestimmten, gefährlicheren Stellen bei angeordneten 70 km/h. Und da würde ich mich auch drauf verlassen wollen, dass hier real nicht nur 50 km/h sicher fahrbar sind. Dann hat nämlich die StVB was verbockt.
Grundsätzlich stimme ich dir aber zu: nur, weil vor allen Dingen das allgemeine Tempolimit außerorts 100 km/h beträgt, heißt das ja nicht, dass man das überall und jederzeit fahren kann, „muss“ – oder darf.
Ich bin da tatsächlich auch nicht gefahren. Und ja, ich habe auch nichts gegen ein 80-Schild … aber grundsätzlich rase ich nicht wie gesengt durch Autobahnabfahrten. Noch dazu eigentlich nur Ortskundige lamentieren. Und wenn von vornherein 80 angeordnet worden wäre, gäbe es Geschrei, warum man da schon wieder so unnötig einschränkt!
Man kann es halt nie allen recht machen. Wobei es mich positiv überrascht, dass sich Autofahrer tatsächlich auch mal über zu hohe Tempolimits beschweren.
Es besteht also wohl doch noch Hoffnung…!? ;)