Ratssitzung streamen

Die Unabhängigen Wähler in Bad Oeynhausen haben in der letzten Ratssitzung einen Antrag zum Streamen von Ratssitzungen gestellt. Ich hatte vor Wochen – als dieser Antrag auf Facebook angekündigt wurde – bereits erwähnt, dass ich das grundsätzlich gut heiße und zustimmen werde. Vor der eigentlichen Diskussion um den Antrag wurde allerdings schon der Beschlusstext kritisiert und darauf hingewiesen, dass dort nichts über die Kosten zu lesen war. In der Begründung stand das zwar, aber eben nicht explizit im Beschluss und daher konnte der Rat nur beschließen, dass man ein Streaming einführt und nicht, dass die Verwaltung zunächst die Kosten ermittelt und dann das ganze noch einmal präsentiert – wie es eigentlich bei jedem anderen Beschluss auch gemacht wird (und vernünftig ist). Diese Möglichkeit wurde vor der Diskussion mehrfach explizit nachgefragt, aber die UW wollte aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen keine vorherige Kostenermittlung.

In der folgenden Diskussion habe ich leider den Zeitpunkt verpasst, den Zusatz zum Beschluss zu formulieren. Ich ging davon aus, dass ich dies bei der Diskussion „zum Beschluss“ noch machen könnte – was in den Fachaussschüssen durchaus auch so schon gehandhabt wurde. Da bin ich dann aber abgewürgt worden. Schade, eigene Doofheit! Beim nächsten Mal früher Laut geben.

So blieb der Mehrheit der nicht technikaffinen Ratsmitglieder nur, gegen ein Streaming zu stimmen. Mir ist auch klar, dass das keine Millionen kostet, sondern mit einfachen Mitteln zu bewerkstelligen ist. Jedenfalls wenn man mit einer Billiglösung zufrieden ist. Ein DSL-Anschluß kostet 30 Euro im Monat, ein Router mit Benutzerverwaltung und Logging sollte für einen dreistelligen Bereich zu erwerben sein (und man hätte gleichzeitig WLAN im großen Sitzungssaal!) und ein Laptop zzgl. einer halbwegs brauchbaren Kamera ist für 500 auch zu bekommen. Leider hat man damit nicht das Problem des Tons gelöst. Hier müsste man entweder mit Mikrofonen arbeiten, die herumgereicht werden oder an den Tischen jeweils feste Geräte montieren. Zusätzlich benötigt man ein Mischpult, um das unvermeidliche Gebrabbel weg zu filtern. Ein Bild zu streamen ist recht simpel, den Ton dazu so ins Netz zu bekommen, dass man ihn am anderen Ende auch vernünftig verstehen kann, ist nicht ganz so trivial. Wir reden hier nicht von Skype, sondern von der Übertragung einer Diskussion aus einem hallenden großen Saal. Ganz so einfach wie es an verschiedenen Stellen im Netz zur Ratssitzung kommentiert wurde, ist es dann doch nicht.

Ich bin nun bisschen technikverliebt, sehe aber auch den Transparenzgedanken hinter so einer Übertragung. Dabei geht es noch nicht einmal darum, ob sich tatsächlich Leute dafür interessieren, es geht darum dass man die Möglichkeit bietet und sich nicht klammheimlich darüber freut, dass es Hürden gibt die Leute vom Besuch einer Ratssitzung abhalten. Wenn allen Ernstes gesagt wird, dass es Rats- oder Ausschussmitglieder gibt, die sich dann nicht mehr trauen etwas zu sagen, dann ist das für mich eher ein Grund zu hinterfragen, was diese im Rat suchen. Ich kann auch nicht gut reden und verhaspel‘ mich manchmal, na und? Es reden doch sowieso meist nur die Fraktionsvorsitzenden und/oder die jeweiligen Sprecher in den Fachausschüssen. „Traut sich nicht zu reden“ darf kein Argument gegen eine Veröffentlichung von Sitzungen sein!

Eher sehe ich den Grund genau darin, warum auch das Veröffentlichen der namentlichen Abstimmungen abgelehnt wurde! Man würde dann ja sehen, dass bei manchen Abstimmungen zunächst Arme hochgehen, dann aber ganz schnell – nachdem die Fraktion mehrheitlich anders abstimmt – auch wieder gesenkt werden. Überhaupt könnte man dann sehen wer wie abstimmt. Und das bei jeder Abstimmung – auch wenn sie nicht namentlich ist. Und man würde auch andere Dinge mitbekommen, Nasepopeln, Handyspielen oder während einer Sitzung zum Rauchen raus gehen. Na und? Ich tipper‘ auch auf meinem Handy rum und ich wette ich habe schon in der Nase gepopelt. Das machen die im Bundestag auch und es wird nicht großartig platt getreten … trotz Übertragung der Debatten.

Und wenn man nicht möchte, dass solche Dinge nach außen dringen, nun, dann lässt man sie. Der einzige Grund, der halbwegs wirksam zählt ist die Zustimmung der Anwesenden. Wenn da jemand nicht mit zieht wird es wirklich schwierig. Bei den Ratsleuten sehe ich das recht entspannt. Sollte man sich zu soetwas durchringen, dann doch wohl wirklich gemeinsam. Die Verwaltung hat hoffentlich auch kein Problem damit. Und die Zuschauer werden nach aktueller Rechtslage mit einem großen, auffälligen Hinweis am Eingang des Ratssaals völlig ausreichend informiert. Wenn die dann nicht möchten, müssen sie den Saal einfach nicht betreten. Hört sich simpel an? Ist es auch! Wird genau so in entsprechenden Rechtsseminaren zu diesem Thema gelehrt.

Vielleicht gibt’s ja noch mal einen Anlauf.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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