Piratenstammtisch Bad Oeynhausen
Am vergangenen Mittwoch traf sich in der Druckerei in Bad Oeynhausen der Bad Oeynhausener Piraten zum ersten Mal. So zumindest die Ankündigung, die mich per Twitter erreichte und die auch am Mittwoch in der Neuen-Westfälischen erschien. Da ich mich grundsätzlich für das Thema „Piraten“ – sowohl inhaltlich als auch unter dem Gesichtspunkt „Was macht die Konkurrenz“ ;-) – interessiere, habe ich mir den Termin frei gehalten und mich um 20:00 Uhr in der Druckerei eingefunden.
Ich war überrascht, dass sich in dem mit schlechtem Empfang, so gut wie keinem WLAN und einer miesen Akustik ausgestatten Raum 25 Interessierte und Mitglieder der Piratenpartei eingefunden hatten. Das ist deutlich mehr, als bei unseren Ortsverbandsversammlungen im selben Raum anwesend sind. Allerdings waren darunter auch einige Mitglieder des Kreisverbandes sowie der Landtagskandidat für die NRW-Wahl in diesem Jahr. Dazu noch einige Bünder und Löhner. Reduziert man dies alles auf Bad Oeynhausen, kommt man sicher auch die unsere geringere Zahl.
Den Stammtisch besuchte ich, mit der Erwartung etwas über die Strukturen und die grundsätzlichen Gedanken der Piraten zu erfahren. Was man sich für die Zukunft vorstellt, wo man hin möchte, wie dies bewerkstelligt werden soll und wie die übergeordneten Strukturen dabei helfen, z.B. einen Ortsverband zu gründen. Diese Fragen wurden meinem Verständnis nach allerdings nur ansatzweise geklärt. Nun bin ich nicht mit dem Vorsatz zu den Piraten gegangen, den Ortsverband zu gründen, sondern eher um mich grundsätzlich zu informieren und womöglich das ein oder andere Wort beizusteuern, wenn es um kommunale Dinge geht. Darum habe ich auch nicht aktiv nachgefragt, sondern ehrlich interessiert zugehört.
Mein Eindruck war, dass ein wirkliches Interesse an politischer Arbeit – abseits der bereits im Kreisverband organisierten Piraten – womöglich vorhanden, aber sicher noch ausbaufähig war. Zwei Anwesende waren mit sehr konkreten Vor- und Fragestellungen gekommen, zu denen aber keine Aussage getroffen werden konnte, sondern nur die Aufforderung ausgesprochen wurde, selbst aktiv zu werden um das Thema bei den Piraten zu etablieren. Man werde dann darüber abstimmen, ob es ein Piraten-Thema ist, oder eben nicht. Zumindest ist dies die Vorgehensweise, wie ich sie verstanden habe. Da es dabei allerdings um die Rekommunalisierung der Energienetze ging, die Interessenlage hierbei kommunal durchaus unterschiedlich ausgeprägt ist und es keine „Kreisentscheidung“ dazu geben kann, war mir der Umgang mit dem drängenden Thema deutlich zu unbeleckt. Man kann hier nicht sagen „Wir entscheiden ob das unser Thema wird.“ – dass ist ein Thema und man muss es bearbeiten.
Es gibt halt Dinge, die stehen an, ob man will oder nicht. Und da kann man sich nicht zurücklehnen und warten bis sich zwei oder fünf Leute finden, die „Bock darauf haben“ und sich in einer Arbeitsgruppe im Netz dazu auslassen und hoffen, dass dann während einen Mitgliederversammlung fundiert dazu abgestimmt wird. Mir scheint das sehr hemdsärmelig. Das war dann auch das erste Mal, dass ich mich zu Wort gemeldet habe und meine Bedenken äußerte.
Neben der beständigen Wiederholung, die Piraten seien eine Mitmachpartei – was ich grundsätzlich gut finde – und man solle eben anfangen, wurde mehrfach und immer dann, wenn es um konkrete Tätigkeiten ging, angemerkt dass man doch nur ehrenamtlich und neben dem Job und der Familie unterwegs sei und daher manches zu aufwändig oder nicht machbar sei. Bzw. dass diese Dinge bei den anderen Parteien ganz anders laufen und man mit Geld versorgt würde. Das war dann der zweite Punkt, zu dem ich mich äußerte. Denn auch ich bin nur ehrenamtlich unterwegs, „opfere“ meine Freizeit, habe Familie, nehme manchmal sogar Urlaub um Termine wahrnehmen zu können und investiere auch Geld. Dass ich dafür von der Stadt eine Aufwandsentschädigung bekomme, unterscheidet mich nicht von den Piraten. Säßen diese im Rat, wäre es dort das Gleiche. Und die nur im Ortsverband der anderen Parteien organisierten Mitglieder bekommen ja auch keine Aufwandsentschädigung. Klar sind die Strukturen auf Kreis-, Landes- und Bundesebene etablierter und größer, aber wir reden hier von einem Ortsverband und da ist sowohl Geld als auch Zeit genauso knapp wie bei den Piraten.
Ich nehme die Piraten sehr Ernst und in Diskussionen mit anderen beziehe ich auch immer Position für die Piraten. Da wird ansonsten schon sehr viel gelästert und lustig gemacht. Das sehe ich anders und begrüße es, das die Parteienlandschaft größer und vor allen Dingen breiter wird. Knappe Mehrheiten bei ein oder zwei großen Parteien tragen meiner Meinung nach nicht dazu bei, den Wählerwillen abzubilden. Fraktionszwang z.B. ist ein sehr großes Übel, dass der individuellen Meinung bisweilen stark zuwider läuft. Es haben nicht immer alle die gleiche Ansicht. Mir wurde nach Abstimmungen schon öfter gesagt „Ihr/Du habt ja Recht … aber ich habe mit der Fraktion gestimmt.“ Das passt nicht in mein Demokratierverständnis und eine Auffächerung der Parteienlandschaft reduziert das Phänomen ein wenig. Macht aber Abstimmungen auch schwieriger – oder anders: würde eigentlich dazu zwingen, sich zu beRATen. Insofern gefällt mir der Ansatz der Piraten, zu allen Themen breite Abstimmungen durchzuführen und das Ergebnis dann zu vertreten, auch wenn es nicht die Meinung der Fraktionsvorsitzenden ist, sehr gut.
Auf kommunaler Ebene geraten die Werkzeuge und die Arbeitsweise für mein Verständnis aber an die Grenzen. Die Kreismitglieder sagten selbst, dass sie sehr „analog“ arbeiten und sich lieber treffen und reden, statt die Medien zu nutzen. Und das ist ein Punkt: kommunal kommen viele Dinge auf die Partei zu. Die müssen dann bearbeitet werden. Wenn ich dazu – zumindest so wie ich das verstanden habe – Projektgruppen, AGs oder AKs im Internet nutze, laufe ich Gefahr niemanden zu finden, der sich für das jeweilige Thema interessiert. In einem direkten Treffen spricht man es an und muss sich dann damit beschäftigen. In einer Mailingliste ist das anders. Und ich kenne Mailinglisten seit 1995. Bezeichnend dazu die Aussage eines Teilnehmers des Stammtisches zur Rekommunalisierung: „Wenn sich dazu beim nächsten Mal keiner findet, dann suchen wir uns halt ein anderes Thema.“ Das geht so nicht!
Ich bin super neugierig, wie sich die Piraten kommunal entwickeln und ich fand z.B. die grundsätzliche Aussage der Bundesgrünen, man will keine Koalition mit den Piraten komplett falsch, aber ein bisschen ernüchtert war ich nach diesem ersten Treffen schon. Wie twitterte mir ein anderer Oeynhausener doch während des Stammtisches? „Da ist noch viel Luft nach oben.“
Übrigens, Lars „@Oeyni“ Kasper hat den Stammtisch deutlich weniger subjektiv zusammengefasst und fast schon ein Protokoll veröffentlicht!
Noch viel gespannter bin ich allerdings auf die Berichterstattung in der Presse. Gegen 21:20 Uhr betrat nämlich eine junge Frau den Raum und stellte sich als Vertreterin der Neuen-Westfälischen vor. Sie hörte sich einen Teil der wirklich nachrangigen und eher spaßeshalber geführten Diskussion zu Frauen bei den Piraten an, machte ein Foto und verschwand nach etwas über 10 Minuten wieder. Mir ist nicht aufgefallen, dass nach Namen der Protagonisten gefragt wurde, nach den bisherigen Inhalten usw. … wie man daraus einen informativen, vielleicht auch differenzierten oder meinetwegen wohlwollenden Bericht machen kann, ist mir schleierhaft. Mehr als „es waren Leute und ein Hund anwesend“ dürfte da eigentlich nicht bei heraus kommen.
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