Fahrradstraßenkonzept für Bad Oeynhausen
Im nächsten Ausschuss für Stadtentwicklung soll ein Konzept zur Einrichtung von Fahrradstraßen beschlossen werden. Dazu habe ich eine Mail an die Verwaltung mit meinen Anmerkungen geschrieben.
Vielen Dank für die Erarbeitung des Fahrradstraßenkonzeptes! https://www.sitzungsdienst-bad-oeynhausen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=11856 Ich habe es mit Interesse bereits einmal quer gelesen.
Dabei fiel mir auf Seite 5 unter 3.2 „Ende der Fahrradstraße“ ein Satz auf, den ich so nicht stehen lassen möchte.
Durch eine positive Beschilderung soll vermieden werden, dass dem Fahrverkehr (MIV) ein Wechsel der zulässigen Höchstgeschwindigkeit suggeriert wird (Leitfaden AGFS, S.14).
Falls keine „positive Beschilderung“ vorhanden ist, müsste zunächst ein Fahrradstraßen-Ende und dann ein Zeichen für den Beginn einer neuen Regelung folgen. Daraus ergibt sich dann eine geänderte Höchstgeschwindigkeit (z.B. im Verkehrsberuhigten Bereich) oder sie ändert sich nicht (Fahrradzone, Tempo-30-Zone). Da wird dann aber nichts „suggeriert“, das ist dann tatsächlich so. Bei nur positiver Beschilderung ändert sich am Sachverhalt nichts. Und auch wenn das Wort so im Leitfaden der AGFS steht ändert es am Sachverhalt nichts. Es ist lediglich ein Zeichen weniger – was m.E. natürlich völlig OK ist.
„Suggestion“ ist immer etwas, was Fahrer/innen des #MIV heranziehen, wenn sie etwas tun, von dem sie wissen, es ist verboten = „Die Straße ist so breit, die verleitet dazu, schneller zu fahren.“. Insofern ist das „suggeriert“ bereits eine proaktive Entschuldigung für nicht angepasste Geschwindigkeiten überall dort, wo nicht mit dem Holzhammer darauf hingewiesen wird, wie man sich zu verhalten hat.
Ja, ist ein bisschen kleinkariert, aber wir erstellen ein Konzept und möchten dann doch bitte korrekt sein.
Auf Seite 8 unter 3.5 „Verkehrsregeln in Fahrradstraßen“ heisst es:
Bei Überholvorgängen ist zudem innerorts der seitliche Mindestabstand von 1,50 m sowie außerorts von 2,00 m zu gewährleisten (§ 5 Abs. 4 StVO).
Dies suggeriert ;-) unter der einleitenden Prämisse: „In Fahrradstraßen gelten besondere Verkehrsregeln, die sich von den Straßen des übrigen Straßennetzes unterscheiden.“ und besonders mit dem benutzten Wort „zudem“, dass diese Regelung auf anderen Straßen nicht so ist. Das Gegenteil ist der Fall! Insofern den Satz bitte streichen, denn er ist keine Besonderheit, sondern der überall gültige und gesetzlich vorgeschriebene Regelfall.
Punkt 3.7 „Parken in Fahrradstraßen“ finde ich gut! Die Einrichtung von eingeschränkten Halteverboten in Fahrradstraßen ist ein richtiger Schritt. Gerne auch ein Uneingeschränktes! Es wurde gerade gerichtlich bestätigt, dass es kein Recht zum Abstellen eines privaten Fahrzeuges im öffentlichen Raum gibt. Sehr gespannt bin ich auf die Berechnung des „Parkdruck“! Nach welchen Kriterien wird dieser ermittelt werden und in welcher Maßeinheit genannt?
Der Absatz 3.6 „Zulassung von Kfz“ entsetzt mich. Wir geben Fahrradstraßen grundsätzlich für den motorisierten Verkehr frei? Ganz ehrlich: dann können wir es auch gleich lassen. Dusch mich, aber mach mich nicht nass.
Dazu noch die Ankündigung, die „Anlieger frei“ Regelung bei den bestehenden Fahrradstraßen in Bad Oeynhausen in „Kfz frei“ zu ändern. Das ist wirklich mies. Im Leingarten ist es sowieso schon eng, der Schulverkehr per MIV hat sich dort in nicht gerigem Ausmaß nicht an die Regelungen gehalten und wir bringen den Menschen nun bei, dass das auch OK ist. Gleiches gilt für die Blücherstraße. Kontrollen der „Anlieger frei“-Regelungen in Verbindung mit – leider von vornherein ausgeschlossenen – modalen Filtern wären der richtige Schritt nach vorn.
Der Nebensatz „[…] eine hohe Akzeptanz für den Einsatz eines modalen Filters zu erreichen. […]“ ist sehr optimistisch. Es gibt im MIV keine Akzeptanz von modalen Filtern. Mir ist aus vielen Gesprächen und Diskussionen keine bekannt. Im Gegenteil, Poller werden mit Kfz umfahren und sogar teilweise entfernt, soweit es nur irgendwie möglich ist. Wenn wir mit modalen Filtern warten, bis sie akzeptiert sind, dann bekommen wir keine. Aktuell wird mir, sofern ich Menschen im Auto in Fahrradstraßen anspreche, schon sehr deutlich gemacht, was diese von „Anlieger frei“ halten (und davon, dass ich sie anspreche)! Ohne modale Filter ändert sich am Durchfahren nichts.
Ich schlage vor, die bestehenden Anordnungen der Fahrradstraßen nicht „anzupassen“, sondern genau so zu belassen und im Gegenteil auch häufiger zu kontrollieren! Besonders im Leingarten ist das geradezu eine Notwendigkeit. Auch die Bachstraße muss vom MIV nicht als Durchgangsstraße genutzt werden! Eingangs des Konzeptes heißt es „Die Stadt Bad Oeynhausen hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) am Modal Split nachhaltig zu verringern.“. Warum handeln wir dann nicht entsprechend? Bei neu einzurichtenden Straßen kann ja gerne kontrolliert werden, wie diese genutzt werden und dann entsprechend beschildert werden. Aber genau andersherum, wie im Konzept vorgesehen: erst mit „Anlieger frei“ anfangen, dann prüfen und falls es wirklich nicht klappt, ändern. Der Schwarze Weg und die anliegenden Straßen sind sowieso Sackgassen. Der Leingarten sollte gerade keine Durchgangsstraße sein.
Mit der grundsätzlichen Freigabe setzen wir ein völlig falsches, fatales Signal. Es bleibt dann bei den sog. „Fahrradstraßen“ eine normale Tempo-30-Zone mit Vorfahrtsrecht an Kreuzungen (wodurch der MIV wieder schneller fährt, siehe Herforder Straße und Dörgen) ohne faktische Vorteile für den Radverkehr! Zusätzlich regen sich jetzt ja schon genug Menschen über „die Pinseleien“ auf. Wenn diese dann noch nicht einmal irgendeine Auswirkung haben, was bringen sie dann? Wir laufen zurück und wollen das auch noch als Fortschritt verkaufen.
Grundsätzlich gefällt mir das Konzept gut! Aber leider wird es durch Absatz 3.6 komplett aufgeweicht und – ich sehe es leider so – damit quasi zunichtegemacht. Ich tue mich sehr schwer damit, dem ohne die vorgeschlagene Änderung hinsichtlich „Anlieger frei“ zuzustimmen.
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