FDP Antrag zum Radverkehr – die 80er-Jahre grüßen

Das Westfalen-Blatt berichtet von zwei Anträgen der FDP-Fraktion im Stadtrat von Bad Oeynhausen. Leider habe ich diese weder auf den Seiten der FDP selbst, noch im Ratsinfosystem gefunden. Insofern scheinen sie noch recht frisch zu sein. Die Partei beschäftigt sich darin mit dem Radverkehr in Bad Oeynhausen. Im besonderen mit dem auf Gehwegen im Westkorso und dem Ostkorso – also den beiden Straßen entlang des Kurparks.

Westkorso an der Einmündung zur Herforder Straße

Und die Situation wurde von der FDP sogar teilweise richtig erkannt. Der Westkorso ist eine Einbahnstraße (Link zu Google-Streetview), welche für den Radverkehr in beide Richtungen freigegeben ist. Leider dürfen dort Sonntags auch Fahrzeuge parken, an anderen Tagen halten. Wird aber m.E.n. überschaubar reglementiert. Dadurch wird die Fahrbahn schmal. Das macht es für Radfahrende gefährlich – mindestens aber unbequem – dort entgegen der für den Kraftfahrzeugverkehr erlaubten Richtung zu fahren. Welches Problem sieht aber die FDP bei dieser Straße?

Westfalen-Blatt vom 01.08.2023: FDP möchte die Verkehrsführung verbessern
[…] Radfahrern sei das Einfahren in die Einbahnstraße in entgegengesetzter Fahrtrichtung aber erlaubt. Das führe zu gefährlichen Situationen, weil Fahrräder, die in Richtung Herforder Straße unterwegs sind, durch parkende Autos und die entgegenkommenden Räder nicht überholt werden könnten. […]

Problem: Man kann nicht mehr überholen! Auf einer leicht abschüssigen Straße, auf welcher der Radverkehr problemlos über 20 Km/h erreicht. In einer Tempo-30-Zone! Vor Kliniken, entlang des Kurparks. Überholen! Die Lösung ist frappierend logisch … wenn man in der FDP ist:

Die FDP schlägt deshalb einen Radweg auf dem Gehweg vor.

Tief seufzen. Ein Vorschlag aus der verkehrspolitischen Klamottenkiste der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Dabei sind wir doch seit Jahren schon viel weiter! Im Parkraumbewirtschaftungskonzept der Stadtwerke Bad Oeynhausen AöR, welches in der Sitzung des Stadtrates am 03.07.2019 vorgestellt wurde, heißt es unter Punkt 3.2:

Abschaffung der Parkerlaubnis/Parkmögllichkeiten an Sonntagen entlang des Westkorsos; derzeit von Montag bis Samstag Parkverbot, auch um einen der Einbahnstraße entgegengesetzten Radverkehr zu ermöglichen; Hinweisschilder auf Parkmöglickeiten im Parkhaus Kliniken/Kurpark (Herforder Straße) sind zu integrieren, sodass zum einen einem sicheren Radverkehr Rechnung getragen wird, zum anderen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität bzw. des Stadtbildes beigetragen wird.

Nun muss ich die FDP ein bisschen in Schutz nehmen, weil das findet man im Ratsinfosystem nur, wenn man auch danach sucht! Und wenn man weiß wonach. Leider ist das PDF nämlich nicht mit OCR durchsuchbar gemacht. Aber „Parkraumbewirtschaftungskonzept“ funktioniert als Suchbegriff. Im Dokument selbst muss man dann lesen statt suchen.

Aber die vorgeschlagene Lösung ist natürlich richtig: Da darf halt nicht mehr geparkt werden! Problem gelöst. Idealerweise gibt es auch ein Überholverbot für einspurige Fahrzeuge. Es gibt keinen Grund, dort zu überholen. Und wenn man andere Verkehrsteilnehmer gefährden würde, ist es sowieso verboten. Insofern besteht das „Problem“ welches die FDP sieht nur dann, wenn man sich nicht an die Regeln halten würde.

Zu guter Letzt und quasi Ausschlusskriterium: in Tempo-30-Zonen gibt es keine Radverkehrsanlagen. Man sollte sich ansatzweise mit dem beschäftigen, was man tut.

Der andere Antrag betrifft den Ostkorso auf der anderen Seite des Kurparks. Und auch hier hat die FDP ein Problem ausgemacht, welches ich ebenfalls sehe: Gehwegradler!

Ostkorso Richtung Süden

Westfalen-Blatt vom 01.08.2023: FDP möchte die Verkehrsführung verbessern
[…] Auf dem Ostkorso sollen die Fahrräder nach Vorstellung der FDP hingegen auf die Straße. Hier werde der Bürgersteig wie selbstverständlich von den Zweirädern sowie E-Rollern verwendet […] Hier fehle eine klare Regelung und die entsprechende Beschilderung. Das gelte besonders für den Fußweg, der zwischen der Auferstehungskirche und dem Kurpark verläuft. […]

Begegnungsverkehr auf dem Ostkorso
Ja, für den Weg hinter Auferstehungskirche stimme ich zu. Das ist nicht ganz klar. Ich hatte sogar schon mal ein Gespräch mit der Verwaltung – ich meine mit dem damaligen Fachbereichsleite Reeker – dazu. Allerdings habe ich da bisher – und ich bin da fast täglich – noch keine dramatischen Situationen erlebt. Die restliche Beschilderung ist dort komplett eindeutig! Gehweg ist Gehweg.

Man muss sich halt nur dran halten bzw. die Missachtung müsste kontrolliert werden. Ich spreche Menschen ja auf sowas an und bekomme dann zu hören, dass es den Gehwegradlern auf der Fahrbahn zu gefährlich ist. In einer Einbahnstraße, in einer Tempo-30-Zone, direkt am Kurpark. Das Problem sind also wieder einmal die Fahrer/innen des motorisierten Individualverkehrs, welche sich rüpelhaft benehmen, wild überholen möchten wo kein Platz ist, zu schnell fahren und rücksichtslos im Begegnungsverkehr drängeln. So zumindest meine Beobachtungen an den Straßen. Hier müsste man ansetzen. Achja, was die FDP meint ist natürlich nicht die „Straße“, sondern die „Fahrbahn“.

Der Antrag der FDP …

Die FDP schlägt deshalb in dem Antrag vor, die Freigabe der Bürgersteige für Fahrräder zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

… ist jedenfalls komplett sinnlos, da es dort keine Freigabe der Gehwege für Fahrräder gibt. Die Ergänzung, dass das Ordnungsamt öfter kontrollieren soll, finde ich sinnvoll, ist aber kein Material für einen Antrag. Das kann man unter „Bekanntgaben und Anfragen“ anregen, gerne auch mehrfach.

Das Positive an den Anträgen ist, dass man mal wieder über die Umsetzung der längst vorgestellten Lösungen sprechen kann. Die nun neu vorgestellten FDP-„Lösungen“ sind jedenfalls nur zum Kopfschütteln (Ich formuliere das mal möglichst höflich.).

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

1 Kommentar zu „FDP Antrag zum Radverkehr – die 80er-Jahre grüßen

  1. Lieber Andreas,
    Alles was du hier aufgeschrieben hast entspricht auch meiner Wahrnehmung. Als Nicht-Autobesitzer und Fahrradfahrer bin ich nahezu täglich auf West-und Ostkorso unterwegs.

    Th. Schmidt

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