Polizei kennt merkwürdigerweise den Verursacher
Ich habe hier schon länger keine polizeimeldungen mehr seziert. Es gibt leider viel zu viele davon, die es wert wären, aber die Zeit fehlt und immer mehr auch die Lust. Die Windmühlen werden gefühlt immer größer. Allerdings hat die Polizeiinspektion Germersheim sowas dolles formuliert, dass ich nicht widerstehen konnte:
18.10.2022: Germersheim – Unfallverursacher flüchtet
Gestern Morgen kam es […] zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Verursacher unerlaubt flüchtete. Ein bislang unbekannter Fahrradfahrer fuhr an einem geparkten PKW vorbei und übersah dabei die ihm entgegenkommende Autofahrerin. Diese musste ausweichen und kollidierte mit dem geparkten PKW. […] Der Radfahrer flüchtete unerlaubt vom Unfallort.
Wie kann das passiert sein? Wenn der Fahrradfahrer an dem Auto vorbei fuhr und es auf seiner Seite hatte, dann hatte er das Hindernis auf seiner Seite und hätte bei zu wenig Platz warten müssen, um die Autofahrerin vorbei zu lassen. Klar. Wenn er dies nicht tat, die Frau ausweichen musste, dann wäre der Fahrradfahrer zwischen dem Auto der Fahrerin und dem parkenden PKW. Vor allen Dingen weicht man ja grundsätzlich dorthin aus, wo der Fahrradfahrende nicht ist. Das ist das Prinzip von „Ausweichen“ – sonst wäre es ja „Rammen“. Diese Situation wird es also nicht gewesen sein.
Der Fahrradfahrende ist also sehr, sehr wahrscheinlich auf seiner Seite der Fahrbahn gefahren und passierte einen auf der anderen Fahrbahnseite parkenden PKW. Das ist für mich zwar kein „Vorbeifahren“ wie es die Polizei beschreibt, aber anders macht der Hergang keinen Sinn. Das bedeutet widerum, die Autofahrerin kam dem Fahrradfahrer entgegen und hatte das Hindernis auf ihrer Seite. Mithin wäre sie wartepflichtig. Sie scheint aber gefahren zu sein und hat dann festgestellt, dass zwischen dem Fahrradfahrenden und dem parkenden KFZ nicht genug Platz für ihr Auto war. Den Fahrradfahrenden nicht rammen zu wollen ist sehr nett gedacht, also weicht sie aus und kollidierte mit dem parkenden PKW. So macht die Beschreibung der Polizei Sinn.
In letzterem Fall ist aber der Fahrradfahrende eher der Gefährdete und nicht der Verursacher. Er hat mit der Kollision gar nichts zu tun. Die Frau hat nicht genug aufgepasst und ein Auto gerammt. Falls hier also überhaupt jemand irgendwen übersehen hat, dann die Frau den Radfahrenden. Nun kann es sein, dass die Frau an einer langen, langen Reihe parkender KfZ vorbei gefahren ist, beim letzten PKW ankam und der Radfahrende stoisch weiter fuhr – das wäre tatsächlich doof. So steht es aber eben nicht im Bericht.
Wie die Polizei auf das schmale Brett kommt, den Fahrradfahrenden als „Verursacher“ zu benennen und ihn gar noch der Unfallflucht zu bezichtigen, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ist aber ein typisches Beispiel für die Berichterstattung der Polizeien.
Schreibe einen Kommentar