Winnetou

Winnetou
Winnetou-DVD-Box neben Mondbasis Alpha 1 und Star Wars

Ich habe als Kind Karl May gelesen. Sehr viel. Meine Eltern waren im „Bücherbund“, der später vom „Club Bertelsmann“ übernommen wurde. Wenn man da innerhalb eines Quartals nichts bestellte, bekam man immer automatisch den „Vorschlagsband“. Das kam bei uns aber so gut wie nie vor, weil wir viel bestellt haben – und ich viel gelesen habe. Zum Beispiel auch Winnetou-Bücher. Mir wird heute noch die Geschichte erzählt, als wir auf der Fahrt in den Sommerurlaub waren und ich plötzlich hinten auf der Rückbank anfing, bitterlich zu weinen, weil ich den dritten Winnetou-Band gelesen habe. Tja.

Auch als ich älter war, habe ich die Bücher gelesen. Sowohl die Orientgeschichten, als auch die im Wilden Westen und in Mittelamerika. Die deutschen Sachen waren nicht so meins. Was mir von Anfang an fürchterlich auf die Nerven ging, war das enervierende Geschwafel über die tollen Christen. Da kann man auch heute noch problemlos ein halbes Dutzend Seiten am Stück überspringen, welche die Geschichte nicht ansatzweise nach vorne bringen. Ich habe die Bücher offenbar so häufig gelesen, dass mir Alex sogar welche geschenkt hat, die noch nicht im Regal standen und zur Hochzeit habe ich die „Winnetou DVD-Box“ mit vier Filmen, einem Zelluloid-Schnippsel aus einem Film, einem Kupferarmband. Habe mich tierisch gefreut!

Tim habe ich dann vereinzelt mal etwas aus den Büchern vorgelesen. Der stand da nicht so drauf. Ich selbst habe zwischendurch immer mal wieder ein Buch erneut gelesen. Am häufigsten sicherlich Winnetou IV – auch wenn es da besonders christlich zugeht. Vielleicht ist das Masochismus. Nein, im Ernst, abseits dessen sind das unterhaltsame Abenteuergeschichten. Ausgedachte. Ich habe – soweit ich mich erinnere – das als Teenager schon nicht für bare Münze genommen. Damals sind mir auch ein paar Sachen einfach noch nicht aufgefallen.

Als Ben dann soweit war, dass er etwas mehr als Pixie-Bücher vorgelesen haben wollte, habe ich wieder mal zu Karl May gegriffen und er war begeistert. Aber: ich konnte da einfach nicht mehr alles vorlesen, was in den Büchern steht. Manche Sachen gehen meiner Meinung nach von der Formulierung und auch von der Ansicht her einfach nicht mehr. Wie „Charlie“ da über den hilfsbereiten aber leider niemals richtig klug werdenden Diener schreibt, ist heute einfach nicht mehr drin. Ich weiß nicht, ob das in aktuelleren Ausgaben noch so ist. Ich lese die kostenlose Ausgaben vor, die man auf Amazon bekommt. Die sind sprachlich ab und an nicht sehr modern, inhaltlich wie gesagt alles andere als modern.

Es sind gute Abenteuer und der großkotzige Shatterhand ist natürlich nichts anderes als der Supermann in modernen Comics. Sicher ist vieles was May geschrieben hat damals der gute Ton gewesen. Darum muss er das heute aber nicht sein. Ich habe dann während des Lesens umformuliert, was manchmal zu bemerkbarem Stottern und Nachfragen des Nachwuchs geführt hat. Allerdings noch nicht besonders ausgeprägt ;-) Die oben beschriebenen christlichen Sachen weglassen ist da schwieriger, wenn ich seitenweise vorscrolle und gefragt werde, ob ich keine Lust zum Vorlesen habe.

Neulich wurde ich am Frühstückstisch gefragt, was ich davon hielte, dass Winnetou verboten wäre. Nun, gelesen hatte die Bücher außer mir seit der frühen Jugend niemand. Aber alle wussten, dass da wirklich nichts Schlimmes drin stand, weil sie sich da schließlich nicht dran erinnern könnten. Als ich sagte, dass ich die Bücher im letzten Jahr gelesen habe und diese inhaltlich schon einige Stellen enthielten, die ich eben nicht vorgelesen bzw. umformuliert habe, stieß dass meinem Empfinden nach auf leichtes Unverständnis.

Was aber viel wichtiger ist: es geht bei der aktuellen Diskussion gar nicht um diese ollen Schinken! Es geht um Bücher, die wahrscheinlich kaum einer gelesen haben dürfte, weil sie wohl vor der Veröffentlichung auf eigene Entscheidung eines privaten Verlages zurück gezogen wurden. Augenscheinlich sah dieser seine Qualitätskriterien nicht erfüllt und wenn die Fortsetzungen dieser Jugendbücher in der gleichen Art und mit den gleichen Ansichten wie die Mayschen Werke geschrieben sind, dann kann ich das verstehen. Auch diese Ansicht stieß nicht auf viel Verständnis.

Es werden also wieder Meinungen erzeugt über Dinge, die niemand kennt, bei denen niemand aktuelle Erfahrungen hat, die nicht einmal in der Form wahr sind und wenn man das sagt … nun. Manchmal finde ich Diskussionen schwierig.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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