Autofahrende sind meist Schuld an verletzten oder toten Radfahrenden

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Destatis hat eine Statistik u.a. zu den Schuldverhältnissen bei Unfällen mit Beteiligung von Radfahrenden veröffentlicht. Während sich die Stammtische der Republik einig sind, dass Fahrradfahrer so gut wie alle selbstmörderische Rambo-Radler sind, die ohne Rücksicht auf geltende Regeln durch den Verkehr rasen, sieht die Realität ganz offensichtlich anders aus.

Insgesamt haben Radfahrende an deutlich weniger als der Hälfte der Unfälle mit Personenschaden die Schuld – nur 45,4% dieser Unfälle wurden von ihnen verursacht. Nimmt man die Unfälle mit Personenschaden, an den neben einem Radfahrenden auch ein Autofahrender beteiligt war, dann hat hier zu 76,6 % der Autofahrende die Hauptschuld. Mithin genau das, was ich in den sozialen Medien und auch hier im Blog beständig sage. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren kaum verändert und spiegelt auch exakt das wieder, was ich täglich im Straßeverkehr erlebe.

Ist der beteiligte motorisierte Verkehrsteilnehmer ein Berufskraftfahrender – transportiert er also Güter – sieht es noch einmal schlechter für den Kraftverkehr aus: in 81,2 % der Fälle hat hier der Fahrende im Güterverkehr die Hauptschuld. Also gerade diejenigen, welche den Führerschein berufsmäßig benötigen und eigentlich besonders aufmerksam und unfallfrei unterwegs sein sollten, sind diejenigen, welche den Radfahrenden das Leben zur Hölle machen. Auch das ist für den halbwegs aufmerksamen Fahrradaktivisten keine Überraschung.

Kommen nun Unfälle zwischen Fußgänger/innen und Radfahrenden ins Spiel, verschiebt sich die Situation. Hier sind die Radfahrenden zu fast 60% die Übeltäter. Und auch das war für mich erwartbar, für doch die in Deutschland durchweg katastrophal gelöse Separierung der Verkehrsarten dazu, dass sich gerade die schwächsten Verkehrsteilnehmer die schmalsten und am schlechtesten gepflegten Verkehrsflächen teilen müssen. Konflikte vorprogrammiert! Ich predige das im Rat und in den Ausschüssen seit 2009 und seit über zwei Jahrzehnten in Leserbriefen und auf meiner Seite. Die großen Parteien, welche seit noch mehr Jahrzehnten für diese Situation verantwortich zeigen, sind jedoch ws das angeht mit einer enervierenden Ahnungslosigkeit geschlagen. Das ist mitunter extrem frustrierend.

Bei Unfällen mit Kraftradbeteilugung ist das Verhältnis fast 50 zu 50, was die Hauptschuld angeht. Leichter Überhang von 1,7 % zu Ungunsten des Radverkehrs.

Autofahrerinnen und -fahrer sind häufigste Unfallgegner von Radfahrenden
An rund 65 200 Fahrradunfällen mit Personenschaden war eine zweite Verkehrsteilnehmerin oder ein zweiter Verkehrsteilnehmer beteiligt, in 73,9 % der Fälle war dies eine Autofahrerin oder ein Autofahrer (48 230 Unfälle).

Insgesamt werden Radfahrende aber ganz offensichtlich überwiegend verletzt und sterben, weil jemand in einem Fahrzeug mit Motor entweder nicht aufgepasst oder sogar bewusst einen Unfall in Kauf genommen hat.

Und was tut die Polizei dagegen? Sie macht Schwerpunktaktionen … bei den Opfern! Diese werden kontrolliert und sensibilisiert. Ihnen wird eingetrichtert, dass ohne einen Helm zu fahren lebensmüde ist und man müsse sich kleiden wie ein Tannenbaum, um gesehen zu werden. Nichts davon ist in aller Regel unfallverursachend! Aber die Fahrradlobby ist schwach und die Fahrradfahrenden mucken nicht auf. Man kann es mit ihnen halt machen und hat keine „Gegenwehr“ zu erwarten. Nicht auszudenken, wenn man die eigentlichen Verursache und Gefährer endlich mal sinnvoll reglementieren würde. Obwohl, es ist auszudenken. Es ist sogar schon passiert!

Als nämlich die StVO-Novelle in Kraft trat, nach der schon bei einer erstmaligen Geschwindigkeitsübertretung von 21 Km/h der Führerschein futsch war. Völlig überraschend (nicht!) hagelte es Fahrverbote und ganz erschrocken wurde die Novelle wegen eines Formfehlers(!) eingestampft, um dann als zahnloser Tiger wieder aufzuerstehen. Wo kämen wir denn auch hin, wenn eine der Hauptunfallursachen wirkungsvoll eingedämmt werden würde!?

Danke CDU/CSU, danke Andreas Scheuer für diesen Wahnsinn!

Die Polizei macht neben ihrer fragwürdigen und einseitigen Sicherheitskampagnen aber auch durch ihre Kommunikation hinsichtlich Unfällen mit Beteilung von Radfahrenden einen eher mäßigen Job. Auch das war hier im Blog bereits dutzendfach Thema – ich hatte in den letzten Monaten schlicht keinen Bock mehr, die immer gleiche Leier zu spielen. Gleichwohl es eigentlich wichtig ist, beständig auf die Versäumnisse und das schlimme Kommunikatiosnverhalten hinzuweisen. Darum hier eine willkürlich in der Twitterbubble durchscrollende Meldung:

Frankfurt-Bockenheim: Schwerer Verkehrsunfall
… war ein 5-jähriger Junge auf seinem Kinderfahrrad auf der Schloßstraße unterwegs in Richtung der Kurfürstenstraße. Im Kreuzungsbereich zur Adalbertstraße rutschte der Junge vermutlich mit seinem Fuß vom linken Pedal ab und stürzte auf die Straße. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der 61-jährige Fahrer eines Toyota neben dem radelnden Jungen und konnte der Situation nicht mehr ausweichen. Der Toyota fuhr dem Jungen über zwei Finger der Hand …

Schaut man sich die Stelle auf Google-Maps an, scheint es hier einen Radstreifen auf der Fahrbahn zu geben. Laut StVO muss ein KfZ-Fahrender mindestens 1,5 Meter Abstand beim Überholen von Menschen auf Fahrrädern einhalten, bei Kindern eher mehr. Ein fünfjähriger Junge ist mit ausgestreckten Armen wahrscheinlich gerade mal 1,50 Meter groß. Wenn dieser nun – aus welchen Gründen auch immer – stürzt, wie zur Hölle kann der Autofahrende so nah sein, um über die Hände des Kindes zu fahren?

Warum tut die Polizei nichts gegen dieses unselige und gefährliche dichte Überholen. Ich habe dutzende Bilder dazu hier im Blog. Achso, ich weiß es! Das einzige Mal in meinem Leben, dass ich sowas angezeigt habe, sagte mir der Polizist „Kann ja nicht so schlimm gewesen sein!“ (weil ich erst am nächsten Tag zur Wache kam) und „Wieso, ist doch nichts passiert. Das sieht völlig normal aus.“ (Überholvorgang durch ein KFZ innen in einem einspurigen Kreisel mit anschließende Schneiden des Fahrwegs.).

Die Politik fasst Autofahrende nicht an, weil die Lobby zu groß ist. Die Polizei fasst Autofahrende nicht an, weil sie selbst zumeist Auto fährt. Das ist der Grund, warum Destatis solche Statistiken veröffentlichen kann und muss. Durch die schlimme Kommunikation der Polizei, welche von den Lokalpostillen per Copy&Paste nachgeplappert wird, sieht der öffentliche Diskurs leider komplett anders aus und die Radfahrenden sind allesamt Kampfradler und Radrambos.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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