Wir haben Winter – aber irgendwie scheinen viele mit dem Winterdienst nicht zufrieden zu sein
Tagelang wurde es angekündigt: es soll nach Jahren mal wieder richtig schneien. Und tatsächlich fing es am Samstagabend dann wirklich an! Nach DSDS bin ich ins Dachzelt gestiefelt, um draußen zu schlafen. Da lag schon ein leichter, weißer Schleier auf dem Rasen. Sonntagmorgen war dann schon fast 20cm Neuschnee runter gekommen. Gegen 11 Uhr habe ich mich auf das Scott Aspect 50 gesetzt und eine kleine Runde gedreht.
Durch den Dörgen war da ganz offensichtlich schon mal ein Räumfahrzeug gefahren, die Dehmer Straße sah einmal geräumt aus und auch auf der Werster Straße zwischen der Dehmer und Eidinghausener Straße waren am Straßenrand Wälle vom Schneeschieben. Auch die Eidinghausener Straße war offensichtlich mit dem Schneepflug bearbeitet worden.
Montagmorgen konnte Alex liegen bleiben und ich musste ins Büro. Den Yeti habe ich aber nicht frei geschaufelt, sondern habe mich aufs Rad gesetzt. Bzw. habe es erstmal bis oben zum Dörgen geschoben. Dort konnte ich dann aber bis zur Eidinghausener Straße fahren. Jedenfalls soweit mir keine Autos im Weg waren. Geschoben schien seit Sonntagmorgen nicht erneut geworden zu sein. Tiefe Spurrinnen und glitschender Schnee … Alex hätte ich nicht erlaubt, das Rad zu nehmen!
Natürlich waren weder die Gehwege, noch die Radwege der Straßen geräumt. Auch die Mindener Straße sah einfach nur platt gefahren aus. Ab Höhe ehemaliger Leiter musste ich schieben, weil Autos nicht voran kamen. Habe ich halt zu Fuß alle überholt, auf dem Gehweg konnte man nicht gehen. Ich kam jedoch halbwegs durch. Insgesamt etwas über eine halbe Stunde. Aber ich habe auch noch 10 Minuten geholfen, einen festgefahrenen Transporter am Dörgen wieder in die Spur zu bringen. Normalerweise fahre ich knapp 11 Minuten. Eine Person sah ich, die auf dem glatten Überweg der Eidinghausener Straße zu Fuß stürzte und eine Kollegin erzählte mir, ebenfalls gestürzt zu sein, weil der Gehweg an der Werster Straße nicht geräumt war. Überhaupt kommen etliche Kollegen nun zu Fuß. Das Auto scheint doch nicht so unvermeidbar zu sein! Alle beschwerten sich über den miesen Räumdienst auf den Geh- und Radwegen.
Ungefähr neun Stunden später auf dem Rückweg war es eher noch schlimmer. Auf der Fahrbahn kam ich halbwegs zurecht, die Geh- und Radwege waren sogar noch voller. Entlang der Steinstraße war wohl jemand mit einem Traktor und Räumschild über den Gehweg gefahren und hat alles umgepflügt, dann wohl einen Meinungswandel gehabt und ist einfach auf die Fahrbahn gefahren – einen fast 1,50 Meter hohen Wall hinterlassend. Vielen Dank!
Auch die Querung der Steinstraße scheint für zu Fuß Gehende und Fahrradfahrende im Winter keine Option zu sein. Es wird alles zugeschoben. Wenn die Fahrbahnen dafür wenigstens in einem halbwegs ordentlichen Zustand gewesen wären … waren sie aber nicht. Aber es schneite immer noch und ich habe Verständnis, dass das dann eine Sisyphusarbeit ist. Auf der Eidinghausener Straße kam ich mit dem Fahrrad gut voran. Zum einen war super wenig Verkehr und zum anderen haben wohl alle eingesehen, dass man auf dem Radweg nicht fahren kann. Außerdem war ich ja genauso schnell wie die Autos. Kurz: ausnahmsweise hat mal niemand gehupt, gedrängelt oder geschnitten.
Am nächsten Morgen war der Dörgen etwas besser zu befahren … ich hatte aber nicht den Eindruck aufgrund von Räumfahrzeugen, sondern weil der Schnee fester gepresst worden war. Die Spuren auf der Eidinghausener waren auf freier und ich bin problemlos bis zur Mindener gekommen. An der ehemaligen Leiter hoch, musste ich wieder an ein paar Autos vorbei schieben, die nicht mehr weiter kamen. Die Querung der Mindener Straße war deutlich schlechter als am Vortag, weil noch viel mehr Schnee ohne Nacharbeit einfach auf der Furt aufgetürmt wurde. Es habe einige Menschen – nicht nur ich – dort geflucht. Tolle Leistung!
Auch auf ausgewiesenen Gehwegen, die zudem aktuell noch als Umleitung ausgeschildert sind und angesichts der Fußspuren rege genutzt werden, wurde geräumt. So als ob man den Menschen sagen wollte „Seht her, wir könnten, aber wir mögen euch nicht!“. Warum sonst sollte man am Ende der Räumstrecke einen Wall auftürmen, den man zu Fuß erst noch erklettern muss?
Den ganzen Tag hat es nicht mehr geschneit. Auf dem Rückweg waren die Fahrbahnen der Dr. Neuhäußer Straße und der Heinrichstraße dann mit dem Fahrrad befahrbar, wenn man ein wenig Kraft in den Oberarmen hat, ein wenig Fahrrad fahren kann und wenn die Menschen mit den Schlitten nicht quer auf der Fahrbahn stehen. Geräumt wurde dort meiner Meinung nach bis Dienstag nicht ein einziges Mal. Danach wurde es besser. Auf der Steinstraße konnte ich halbwegs fahren und die Fahrbahn der Eidinghausener wurde auch immer freier. Allerdings meinem Eindruck nach nicht aufgrund von Räumtätigkeit. Hier wurde lediglich Schnee von den KFZ platt und zur Seite gefahren.
Der Geh- und Radweg ist unbenutzbar und die Querung der Eidinghausener Straße wird von den Räumenden als überflüssig angesehen. Offensichtlich, sonst wäre sie ja frei.
Heute morgen konnte ich im Dörgen fast flüssig fahren. In den Spuren auf der Eidinghausener Straße ging es auch super voran. Allerdings hatte ich auch den ersten Autofahrer, der mich ganz bewusst mit ca. 50 Zentimeter Abstand überholte und dann vor mir stark verlangsamte, so dass ich fies bremsen musste. So zuckelte er dann eine Weile im Schritttempo vor mir her und bremste mich aus, um dann Vollgas zu geben. Bis er 200 Meter weiter im Stau stand. Als ich dort ankam, stieg er aus, beschimpfte mich und zeigte auf den mit Schnee zugeschütteten Geh- und Radweg. Dort solle ich fahren. Zum Abschluß nannte er mich Arschloch, stieg in sein Auto und zeigte mir den Stinkefinger. An der ehemaligen Leiter bin ich dann wieder an ihm vorbei gefahren, da er im Rechtsabbiegerstau stand und ich die freie Geradeausspur nutzte. Insgesamt war ich heute morgen nur fünf Minuten länger unterwegs als normalerweise.
Zurück gings nach Feierabend auch halbwegs zügig. Auf der Fahrbahn jedenfalls. Bei Stahls Bratwurst sah man, dass der Weg davor freigeschüppt worden war. Allerdings sah man auch, dass wohl der Räumdienst alles dafür getan hat, um diese Ansinnen wieder zunichte zu machen. Die Querung ist an der Stelle inzwischen gänzlich unpassierbar. Ich frage mich, ob man an den entsprechenden Stellen wirklich denkt, hier einen guten Job zu machen? Ich habe für einiges Verständnis und akzeptiere, dass man das am Sonntag und Montag alles nicht in den Griff bekommen hat. Nun ist aber schon zwei Tage kein Schnee mehr gefallen und die Situation für die Fußgänger wird eher schlechter, denn besser.
Kollegen aus Porta und Löhne fragen mich, was in Bad Oeynhausen los sei. Sobald sie die Stadtgrenzen überfahren, kommt man ins Chaos. In den jeweiligen Heimatstädten sähe es angeblich deutlich besser aus. Dort hat es genauso viel geschneit! Ich kann das nicht beurteilen, ich war noch nicht da. Ich sehe aber, was hier los ist.
In der aktuellen Satzung der Stadtwerke B.O. (AöR) über Straßenreinigung und Straßenreinigungsgebühren steht übrigens:
[…]
§ 1 (3) Als Gehweg im Sinne dieser Satzung gelten
– alle selbständigen Gehwege
– die gemeinsamen Fuß- und Radwege (Zeichen 240 StVO)
– alle erkennbar abgesetzt für die Benutzung durch Fußgänger vorgesehenen Straßenteile
sowie
– Gehbahnen in 1,50 m Breite ab begehbarem Straßenrand bei allen Straßen und Straßenteilen, deren Benutzung durch Fußgänger vorgesehen oder geboten ist, insbesondere in verkehrsberuhigten Bereichen (Zeichen 325/326 StVO) und Fußgängerbereichen (Zeichen 242/243 StVO).
§ 1 (4) Als Fahrbahn im Sinne dieser Satzung gilt die gesamte übrige Straßenoberfläche, also neben dem Fahrverkehr dienenden Teilen der Straße insbesondere auch die Trennstreifen, befestigten Seitenstreifen, die Bankette, die Bushaltestellen- buchten sowie die Radwege.
Was ein Gehweg für den u.U. die Anlieger zuständig sind und was eine Fahrbahn ist, wurde also schon mal sehr detailiert festgelegt. Schauen wir weiter.
Anlage zur Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung – Straßenverzeichnis
[…]
Eidinghausener Straße: (überörtliche Verbindung) Ortsdurchfahrt, Reinigung der Fahrbahn durch die Stadtwerke, Reinigung der Gehwege durch die Anlieger, Winterdienst Reinigungsklasse 1
[…]
Steinstraße: (überörtliche Verbindung) Ortsdurchfahrt, Reinigung der Fahrbahn durch die Stadtwerke, Reinigung der Gehwege durch die Anlieger, Winterdienst Reinigungsklasse 1
Ups! Die Stadtwerke haben in Ihrer Satzung festgelegt, dass sie für den Winterdienst der Radwege an Eidinghausener- und Steinstraße zuständig sind. (Um das erkennen zu können, muss man die Regeln kennen.) Sie machen aber das Gegenteil. So richtig gut finde ich das nicht. Auch nicht vor dem Hintergrund, dass wir gestern in entsprechender Runde über das vom Stadtrat einstimmig beschlossene Ziel, bis 2030 eine Reduzierung des MIV um 15% hinzubekommen, gesprochen haben.
Eine Arbeitskollegin erzählte mir heute, dass sie 1 1/2 Stunden zu Fuß zur Arbeit kommt – für einen Weg! Weil mit dem Auto kein Durchkommen ist und sie sich mit dem Fahrrad nicht traut. Eine andere lässt sich mitnehmen, weil sie sich mit dem Auto nicht mehr traut, da in Bad Oeynhausen die Straßen zu gefährlich sind. Wenn man die Wege für zu Fuß Gehende und Fahrradfahrende wenigstens benutzbar machen würde, dann könnte man sie auch benutzen. So geht weder zu Fuß, noch mit dem Rad noch mit dem Auto gut.
Vor drei(!) Jahren haben wir einen Antrag zur Erstellung eines Konzept zur Säuberung und Instandhaltung der Wege des Alltagsradverkehrs gestellt. Ganz explizit mit dem Hinweis auf den Winterdienst, weil der selbst dann wenn kaum Winter ist, nur rudimentär stattfindet. Der Antrag wurde von der Verwaltung ewig in keinen Ausschuss eingebracht und letztendlich mit der Begründung „Die Stadtwerke machen das schon super!“ nicht umgesetzt. Ja, sehe ich. Läuft gut.
Aber wohin mit dem Schnee auf den Geh- und Radwegen? Nun, auch dafür hat die Satzung der Stadtwerke B.O. (AöR) über Straßenreinigung und Straßenreinigungsgebühren eine Lösung parat. Zwar nur für die räumenden Anlieger, aber was für diese billig ist, sollte für alle anderen nur gut sein.
§ 4 (4) Umfang der übertragenen Winterwartungspflicht
„[…] Der Schnee ist auf dem an die Fahrbahn grenzenden Teil des Gehweges oder notfalls auf dem Fahrbahnrand so zu lagern, dass der Fußgänger- und Fahrverkehr hierdurch nicht mehr als unvermeidbar gefährdet oder behindert wird. […]“
Na, am Fahrbahnrand. Nicht auf dem Gehweg und auch nicht auf dem kompletten Radweg. Und da wir eigentlich recht breite Straßen haben, kann man m.M.n. ruhig die Fahrbahnen für die Autos zum lagern der Schneewälle nutzen. Oder die Parkbuchten. Die wurden heute übrigens in der Innenstadt freigeschaufelt! Die Parkbuchten – aber nicht die Fußgängerquerungen! Die freien Parkbuchten wurden dann übrigens nicht mit PKW benutzt, die wurden weiter einfach mitten auf der Fahrbahn stehen gelassen, gerne auch entgegen der Fahrtrichtung.
Nochmal, ich verstehe absolut, dass das für die letzten Jahre ein heftiger Schneefall war. Ich kann verstehen, dass man nicht hinterher kommt, wenn es gar nicht aufhört. Und aufrichtigen Dank für den Einsatz! Ich habe in den sozialen Medien kommentiert und widersprochen, wenn jemand geschrieben hat „Die fahren gar nicht!“, „Es tut keiner was!“ … es ist geräumt worden und es ist sicher anstrengend. Es hat zwei Tage geschneit und ist nun schon zwei Tage trocken. Als ich noch bei meinen Eltern in Oberbecksen wohnte, da wurde an solchen Tagen – die es „damals“ noch deutlich häufiger gab – sogar die Zufahrtstraße geschoben. Nicht um 6 Uhr morgens, aber um 11 oder 12 Uhr. Heute ist mit Glück die Wölpke bis 1 Kilometer *vor* der Zufahrtstraße geräumt. Dem Vernehmen nach in diesem Jahr allerdings gar nicht.
Die bestehenden Konzepte erscheinen mir nicht genug zu greifen. Vielleicht sollte man doch noch mal darüber nachdenken … für kommende Situationen.
Ich kann nicht bestätigen, dass der Winterdienst in Löhne so viel besser läuft als in Bad Oeynhausen. Es verfestigt sich ehr der Eindruck je ländlicher die Gemeinden werden und je stärker die Landwirte in den Winterdienst eingebunden ist, desto besser läuft es. Ausreichend Personal und Technik sind der springende Punkt.
Was mich in Löhne aber am meisten stört ist allerdings die Öffentlichkeitsarbeit. Während sich die Stadtwerke damit rühmen viel mehr zu tun als wozu sie verpflichtet wären, veröffentlicht die Stadt selbst Artikel in denen Zentimetergenau festgehalten ist, wie die Anlieger die Gehwege zu Räumen haben, nur um sich vor den eigenen Grundstücken zum großen Teil nicht daran zu halten.
Besonders dreist sind dabei die Stadtwerke, die behaupten nur dort räumen zu müssen, wo es zugleich gefährlich und verkehrswichtig wäre. Dann wäre man ja in 15 Minuten fertig. Der städtische Räumplan sagt etwas anderes. Und auch sonst fällt es mir schwer der Aussage glauben zu schenken. Und schon erscheint die aussage in einem schlechten Licht, obwohl man tatsächlich mehr geräumt hat als im Plan steht. Dem Personal auf dem Bock mache ich dabei weniger Vorwürfe. Bei der Führung ist nicht viel mehr drin.
Interessant, dass die Stadtwerke in Ihrer Satzung festgelegt haben, dass sie für den Winterdienst der Radwege an Eidinghausener- und Steinstraße zuständig sind. Bei uns ist der Winterdienst zum Glück super. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was für ein Chaos hier wäre, wenn das nicht wäre.
[Edit: Ich habe den plumpen Werbelink entfernt.]