Erneuter Anlauf zur Digitalisierung der Ratsarbeit
In der Druckvorlage zum nächsten Hauptausschuss am 27.01.2020 – der gleichzeitig auch die Stadtratssitzung ersetzt, da wir mir Mehrheitsbeschluss die Befugnisse des Rates auf den Hauptausschuss verlagert haben – heisst es:
Beschlussvorschlag:
Die digitale Ratsarbeit wird eingeführt. Die Verwaltung wird beauftragt eine Abfrage bezüglich des Bedarfs an benötigten iPads durchzuführen und die benötigte Anzahl an iPads zu beschaffen. Die beschafften iPads werden im Rahmen eines Überlassungsvertrages den Ratsmitgliedern für die Dauer der Wahlperiode zur Verfügung gestellt. Alle weiteren notwendigen Schritte zur strukturellen und technischen Umstellung werden von der Verwaltung veranlasst.
Und da steht schon wieder alles drin, was ich bei jedem der Digitalisierungsversuche der Verwaltung kritisiert habe! Bereits in 2012 habe ich gesagt, dass wir uns als Ratsmenschen die Geräte doch bitte selbst kaufen sollten, nachdem das Westfalenblatt über andere Kommunen berichtete! Kurz darauf gab es wohl erneut einen Artikel in der Lokalpresse über eine andere Kommune mit WLAN und digitaler Ratsarbeit. Auch hier habe ich auf die Möglichkeiten hingewiesen. In 2015 gab es dann einen erneuten Anlauf und wieder wollte die Verwaltung allen Ratsmitgliedern Ipads kaufen! Da habe ich ebenfalls gewettert, dass wir uns die Dinger gefälligst selbst kaufen sollen!
Was das genutzte System „Allris“ angeht, bin ich heute etwas wohlwollender. Man kann das nutzen. Es funktioniert problemlos unter Android, es gibt eine ebenfalls reibungslos laufende App für Windows im Store und – ja – auf dem Ipad tut es genauso. Angezeigt werden dort auch PDF, dann allerdings im Rahmen einer App und schön sortiert nach Tagesordnungspunkten. Das ganze drumherum mit den Möglichkeiten zur Kommentierung, zum Abspeichern von Notizen oder dem Packen zum Download wird meines Wissens nach von niemandem genutzt. Jedenfalls kann ich in der „Forumsübersicht“ im internen Bereich nur ein paar Testeinträge von mir und den Antworten darauf von einem weiteren Ratsmitglied entdecken.
Seit diesem Beitrag auf meinem Blog, bzw. der daraufhin folgenden Nachfrage durch die Presse und dem daraus resultierenden Artikel in der Lokalzeitung, redet die betreffende Redakteurin nicht mehr mit mir ;-) Ich fand es nicht so richtig gut, wie sinnentstellend ich dort zitiert wurde und habe das dann auch kommuniziert.
Letzter Stand der Dinge war dann im Dezember 2012, dass die Verwaltung mal schaut, was man machen kann. Chrischaaan fragte auf Twitter nach und ich hatte es daraufhin noch mal zusammen gefasst. Und nun ist 2021 und wir sind quasi wieder auf dem Stand von Mai 2015.
Nächste Woche also ein neuer Versuch. Und das nur in kleiner Runde und nicht im ganzen Rat. Ich bin gespannt was all die Kolleg/innen sagen, wenn es beschlossen wird – ohne dass sie die Hand dafür oder dagegen heben konnten. Es sind m.W.n. längst nicht alle für die papierlose Ratsarbeit. Ich selbst habe vor Jahren auch noch gesagt, ich würde in „meinen“ Ausschüssen lieber Papiervorlagen nutzen. Zuletzt hatte ich aber immer regelmäßiger nur einen Kindle-Fire-HD in 8 Zoll dabei, auf dem man die Sitzungsunterlagen recht ordentlich lesen konnte. Nur musste ich dazu eine Brille aufsetzen.
Im Sachverhalt zum TOP heisst es
Nicht alleine die unmittelbare Informationsbeschaffung, sondern auch die leistungsfähige Textrecherche und die Möglichkeiten der Textbearbeitung in Form von z.B. Kommentierung und Markierung machen die Arbeit mit den digitalen Sitzungsunterlagen für die Anwender komfortabel.
Zur Kommentierung Markierung habe ich ja schon was gesagt. Ich habe bisher noch von niemandem gehört, der das nutzt. Das Feature ist aber jedenfalls vorhanden und vielleicht schaue ich es mir nochmal genauer an. Was aber definitiv in den letzten Jahren schlechter geworden ist, ist die Suchfunktion. Die halte ich für eine mittlere Katastrophe. Das was da zum Beginn der neuen Ratsperiode auf der Webseite geändert wurde ist richtig langsam geworden – und findet nicht mehr. In der App selbst suche ich ungern. Das macht irgendwie gar keinen Spaß.
Und wieder sollen die Ratsmitglieder Geräte gestellt bekommen. Ich habe hier im Haus privat inzwischen drei Tablets auf denen das Allris laufen würde, ebenfalls drei Laptops auf denen die App eingerichtet ist und im Büro habe ich ein dienstliches Ipad. Da macht es natürlich Sinn, wenn ich noch ein Gerät bekomme. Tatsächlich würde ich mir sogar eins kaufen, falls der Beschluss durch geht. Dann allerdings kein kleines 10-Zoll-Ipad, sondern ein 14-Zoll-Lenovo-Yoga.
Es werden von der Verwaltung Apple iPads beschafft. Diese werden im Rahmen eines Überlassungsvertrages für die Dauer der laufenden Wahlperiode den Ratsmitgliedern zur Verfügung gestellt und bleiben damit im Eigentum der Stadt. Die Geräte werden regelmäßige Sicherheitsupdates bekommen und von der städtischen IT über ein Managementsystem verwaltet.
Wenn die Verwaltung sparen möchte, dann sollen die Ratsmitglieder die Dinger selbst anschaffen. Worüber sich die Druckvorlage übrigens nicht auslässt ist (wie bei den hunderten Geräten, die wir für die Schulen gekauft haben), was mit Ersatzbeschaffungen ist, falls jemand so ein Ding schrottet. Es ist immerhin ein Leihgerät. Nach Ablauf der Ratsperiode wird das dann fünf Jahre alte Teil auch niemand mehr „neu“ übernehmen wollen. Ich sage voraus, dass man es letztendlich behalten darf. Also wird für die neuen Ratsmitglieder eine neue Rutsche beschafft werden müssen. Was ist mit den Ratsmitgliedern, die wieder gewählt werden? Bekommen die dann ein neues Gerät und haben somit zwei? Wie hoch ist dann das Einsparpotential? Beim letzten Mal wurde es auf ca. 5.000 Euro jährlich taxiert. Nun lässt man sich gar nicht dazu aus. Im Gegenteil, die Druckvorlage weist nur Kosten aus.
Warum muss auf die Geräte eine Managementsoftware? Das kostet wieder Geld und bindet Personal. Besondere Sicherheitsanforderungen gibt es auch nicht, weil wir das System in den letzten 13 Jahren bereits auf privaten Geräten nutzen konnten.
Statt der Beschaffung neuer iPads soll es den Ratsmitgliedern auch möglich sein, ihr privates mobiles Endgerät zu nutzen. Damit diese Nutzung datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt, wird die Verwaltung die notwendigen Voraussetzungen prüfen und in der nächsten Ratssitzung vorstellen. Als finanziellen Ausgleich zur Nutzung eines privaten Endgerätes soll monatlich eine Digital-Pauschale i.H.v. 10,-€ ausgezahlt werden.
Was bitte möchte die Verwaltung da datenschutzrechtlich prüfen? Und warum ist das in den letzten sechs Jahren nicht bereits geschehen? Wie gesagt: das System wurde bisher schon auf privaten, eigenen Geräten genutzt. Das Allris hat sich in den letzten Jahren nicht verändert. An den Inhalten hat sich nichts geändert. Es ist alles wie immer. Ich möchte nicht, dass die Verwaltung die Möglichkeit hat, eines meiner privaten Geräte zu verwalten. Das Abspeichern persönlicher Notizen zu Unterlagen auf Servern und im Zugriffsbereich der Verwaltung ist mir in der Vergangenheit bereits als ein Kritikpunkt aufgestoßen. Da finde ich die Möglichkeit eines Zugriffs auf meine Geräte noch bedenklicher. Ich bin kein Mitarbeiter, welcher der Verwaltung verplichtet ist.
Die Verwaltung sollte sich nicht den Ärger mit der Wartung aufhalsen oder gar meine Geräte ansehen dürfen. Das machen wir selbst. Die ältesten Menschen im Rat sind in einem Alter, dass sie das Einsetzen der Digitalisierung mitbekommen haben, als sie knapp 10 Jahre jünger waren als ich jetzt. Ganz ehrlich: ich erwarte, dass man sich darum selbst kümmert, wenn man so eine Arbeit machen möchte. Ich schreibe hier nicht davon, ein Ipad zu erfinden oder vielleicht auch nur einen Rechner zusammen zu schrauben, sondern von der Bedienung der Oberfläche! Keine Raketentechnik.
Ich bleibe dabei: wir sollten dringend auf digitale Unterlagenverteilung umstellen. Die Ratsmitglieder sollen sich den Krempel dazu aber selbst beschaffen. Es darf niemand gezwungen werden, dafür ein System einzusetzen, welches nicht zur genutzten Infrastruktur im Haus passt. Leider darf ich nicht mit abstimmen.
Du hast das sehr gut zusammengefasst. Ich stimme Dir in allen Punkten zu. Einen Punkt möchte ich noch herausstellen: Nachhaltigkeit. Ein Wort, was heutzutage in keinem Text fehlen darf. ;-) Warum muss dafür zusätzlicher Elektroschrott gekauft werden? Ich bezeichne das mal bewusst als Elektroschrott. Denn wie Du ja auch schreibst, nach Ende der Wahlperiode sind die Geräte genau das.
Auch die Features der Software/App rechtfertigen meines Erachtens nicht den Kauf einer zusätzlichen Hardware. Überspitzt gefragt: Wollen wir künftig für jede App ein eigenes Gerät kaufen?