Rückbau der Mindener Straße erneut beschlossen

Am letzten Donnerstag war im Ausschuss für Stadtentwicklung zum wiederholten Male der Rückbau der Mindener Straße Thema. Die Bürgermeisterkandidaten einiger anderer Parteien waren im Publlikum anwesend und es wurde danach auf Facebook diskutiert. Das habe ich in der Vergangenheit schon mal versucht, aber meist frustriert aufgegeben. Da ich aber namentlich von einem FDP-Mitglied erwähnt wurde, habe ich dann doch reagiert. Und da ich dazu eh was schreiben wollte, aggregiere ich meine Texte hier.

Facebook-Kommentar
Im Ausschuss, dem ich als Gast beigewohnt habe wurde klar, das es im Rückbau darum geht, die Bürger dazu zu bringen auf Individualverkehr zu verzichten, auf Bus und Fahrrad umzusteigen. Diese Ansicht äußerte Andreas Edler von den Grünen ohne Widerspruch der übrigen Vertreter im ASE.

Es gab zu diesem Thema etliche öffentliche Veranstaltungen und Workshops. Gerade zum Radschnellweg. Die letzte Veranstaltung dazu war in der Wandelhalle gerammelt voll.

Und ja, es geht beim kompletten Klimaschutz-Teilkonzept Mobilität in Bad Oeynhausen auch darum, den Modal-Split zu verändern. Nichts anderes habe ich im Ausschuss gesagt. Für Strecken bis 2 Kilometer nutzen in Bad Oeynhausen bereits fast 60% der Menschen das Auto. Und genau das ist das Problem, welches wir dann infrastrukturell haben. Vulgo: Stau.

„Weitsicht“ im Sinne der FDP ändert an diesem Status Quo leider gar nichts. Für einen FDP-Politiker ist es natürlich schwer zu verstehen, dass Radverkehr auch Individualverkehr ist. Und natürlich können nicht alle Menschen das Fahrrad oder den ÖPNV benutzen. Aber viele könnten es. Dadurch gibt es dann weniger MIV und der verbleibende hat freiere Straßen. Leider funktioniert umdenken und verändern nur, wenn man die eingefahrenen Denkstrukturen verlässt und etwas ändert.

Darauf wurde geantwortet, dass dies nicht breit genug diskutiert worden sei, die umliegenden Straßen nicht genug berücksichtigt wurden und es gegen die Interessen der Bürger sei. Facebook-Kommentar
Der Masterplan ist grundsätzlich begrüßenswert aber in städtebaulicher Hinsicht aus meiner Sicht nicht zu Ende gedacht. Wir mögen in einigen Punkten auch übereinstimmen, allerdings war ich als Gast schon erschrocken, das sie das so gesagt haben und hier nochmal bestätigen.

Ich bin nicht so sehr erschrocken, dass nur die Hälfte mitgenommen wird. Es ist ja auch ein schon etwas längerer Prozess. Wenn man da nur in einer Sitzung zuhört, kann das passieren.

Natürllich ist die Änderung des Modal-Split ökologisch, wahrscheinlich ist das bezogen auf den Verkehr sogar die einzige Möglichkeit, hier etwas zu erreichen. Alle andere machen es vor.

Dass dies nicht nur auf der Mindener Straße geschehen kann, ist sicher allen Protagonisten klar. Ich habe im Ausschuss auch gar nicht über die Mindener Straße gesprochen und auch im Beitrag oben nicht. Es ging um den Zusatz, der an die beiden Beschlüsse dran gehängt wurde. In dem wurden ganz ausdrücklich die meisten großen anderen Straßen erwähnt. Aber eben *nur* die Verkehrsströme und nicht die Verkehrsarten (der Modal-Split). Darum ging es.

Das kann man auf Facebook jetzt natürlich schön verkürzen, mit dem Finger zeigen und sagen „die denken nicht nach“. Dann zeigt man aber, dass man eben nicht zugehört hat. Von Verwaltungsseite wurde mir übrigens nach der Sitzung gesagt, dass ich anscheinend der Einzige war, der es verstanden hat ;-)

Ein anderer Kommentator bezog ebenfalls den Rückbau der Mindener Straße ausschließlich auf den Radschnellweg. Kein Wunder, wurde im Ursprungskommentar ja auch so suggeriert. Neben anderen Dingen (Umleitung bei Staus auf der Autobahn, Verlegung der Radschnellwegtrasse oder Verschmalern des Gehwegs zu Gunsten eines Radschnellwegs) wurde gesagt: Facebook-Kommentar
Andreas dass du da mit drin hängst habe ich mir schon gedacht …
Du glaubst doch nicht, dass wesentlich mehr Leute aufs Fahrrad umsteigen, nur weil man da ne Spur wegnimmt.
(Wir sind uns im richtigen Leben schon mal beim Ingressspielen begnet! :-)

Naja, ich „hänge da mit drin“, weil ich eben auch im Stadtrat sitze. „Ausgedacht“ habe ich mir das auch nicht alleine ;-)

Die Mindener Straße auf eine Spur je Richtung zurück zu bauen, ist auch gar nicht aus dem Grund geplant, um mehr Menschen auf das Fahrrad zu „zwingen“, wie es oben weiter so schön geschrieben wurde. Es soll tatsächlich die Durchfahrt für den motorisierten Verkehr unattraktiver machen. Zunächst war dort nach der Öffnung der Nordumgehung auch wie erwartet deutlich weniger los. Das Verkehrsaufkommen steigt seitdem aber wieder stetig – anscheinend übrigens ohne den Verkehr in den umliegenden Straßen zu verringern. Es handelt sich also um zusätzlichen, innerstädtischen Verkehr. So wurde es auch bei der Vorstellung der aktuellsten Verkehrszählung im letzten Jahr erläutert. Der externe Gutachter attestierte uns denn auch folgerichtig, dass wir den Rückbau an dem Tag hätten starten sollen, als die Nordumgehung eröffnet wurde. Damit sich diese Mehrverkehre eben gar nicht erst bilden. Wenn wir jetzt nicht tätig werden, dann wird es dort immer mehr Verkehr geben. Ohne Entlastung rundherum.

Der Radverkehr ist an der Stelle also gar nicht der Triebmotor für einen Rückbau. Kann man natürlich jetzt schön alles auf den Radschnellweg schieben … dem ist aber halt nicht so. Die Trasse für den Schnellweg ist dort nur möglich, weil zurückgebaut werden sollte. Nicht umgekehrt!

Mein Hinweis im Ausschuss richtete sich mithin auch an die anderen Fraktionen, die an zwei Beschlüsse einen Anhang dran gebastelt hatten, welcher mit dem eigentlichen Thema schlicht nichts zu tun hatte und in denen ausdrücklich die klimafreundliche Mobilität erwähnt wurde – aber eben nur insofern, als damit eine Verteilung der Verkehrströme gemeint war. Gerade das ist aber nicht das alleinige Ziel einer Umgestaltung und vor allen Dingen nicht des oben verlinkten Mobilitätskonzeptes in Gänze. Leider ist das in vielen Köpfen nocht nicht angekommen. Aber der motorisierte Verkehr kostet uns in Bad Oeynhausen richtig viel Geld und ist – kann man nun teilen diese Meinung oder nicht – in Teilen vermeidbar. Klimafreundliche Mobilität spart einer Kommune – und damit dem Bürger! – massiv Geld.

Um dorthin zu kommen, muss ich die Alternativen aber attraktiv gestalten. Wir haben nicht nur in Bad Oeynhausen in den letzten Jahrzehnten völlig verpennt, uns darum zu kümmern. Andere Kommunen und Länder sind uns da Längen voraus und zeigen, dass der Weg richtig ist. Wenn wir nun eine Umgehung der Mindener Straße bekommen haben, dann wäre es absolut fahrlässig, alles so zu lassen. Im Film „Autobahn“ hat es Frau Braun in einer Szene in ihrem Laden sehr schön gesagt, wie nämlich die Mindener früher gestaltet war.

Kurz: der Rückbau der Mindener Straße findet nicht wegen dem Radverkehr statt! Aber dieser wird davon profitieren. Es geht auch überhaupt nicht darum „alle aufs Fahrrad oder in den Bus zu zwingen“. Es kann aber eben auch nicht sein, alles so zu lassen und noch mehr MIV zu generieren.

Wir haben tatsächlich im Ausschuss den einstimmigen verkehrspolitischen Beschluss getroffen, die Mindener Straße auch in der Verlängerung der Kanalstraße einspurig je Richtung zurückzubauen. Für die Mindener Straße hatten wir das vor längerem schon getan, aber das Land/Straßen.NRW benötigte diese formale politische Zielrichtung auch für die Kanalstraße, um entsprechend planen zu können. Konkret, die haben das sogar – so habe ich es im Januar verstanden – angefordert, weil sie es auch so sehen, aber ohne eine entsprechende Aussage Bad Oeynhausens nicht anfangen zu planen.

Wir haben weiterhin in einem weiteren Beschluss der Verwaltung den Auftrag gegeben, zur nächsten Sitzung mögliche Maßnahmen vorzustellen, mit welchen man diese Einspurigkeit auf dem nun uns gehörenden Teil der Mindener mit provisorischen Mitteln testen kann.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

3 Kommentare zu „Rückbau der Mindener Straße erneut beschlossen

  1. völlig richtig, man kann das doch unmöglich so lassen, es muss sofort mit Planungen für den Rückbau der Mindener Straße begonnen werden – und den Radweg integrieren.
    Alles sehr schnell – ab das geht ja in unsrem Land nicht.

  2. Und dann bitte die Straße möglichst häufig verschwenken, um Geschwindigkeit heraus zu nehmen. Denn Momentan verkommt die Mindener- und Kanalstraße zur Rennstrecke! Oder einige „Hubbel“ einbauen um den Verkehr zu verlangsamen und für den MIV wenig attraktiv zu machen!
    Beste Grüße
    Martin

  3. Der große Witz an dem Facebook-Kommentar ist, dass die Verkehrsexperten klar davon ausgehen, dass ein einspuriger Ausbau funktioniert. Differenzen existieren nur bei der Ausbildung von einiger Knotenpunkte. Dabei geht es nicht um das „ob“, sondern um das „wie“. Ein anderer Streitpunkt ist der extrem kurze Bereich zwischen Steinstraße und Herforder Straße. Aus meiner Sicht ehr eine Bestätigung, wie unproblematisch der Rest ist, wenn man sich auf solche kleineren Abschnitte konzentrieren kann.

    Der nächste Punkt ist, dass man hauptsächlich verhindern will, dass durch den zusätzlichen Straßenraum neuer PKW-Verkehr entsteht. Also wird auch völlig unabhängig davon, welchen Einfluss ein Rückbau auf den Modal Split hat, wird im IST-Zustand kein Stau entstehen. Es muss niemand auf seinen PKW verzichten. Es wird nur Platz für alternativen geschaffen und eine zukünftige Entwicklung hin zu dem weniger sinnvollen Verkehrsmittel für kurze Strecken innerhalb der Stadt vorgebeugt. Niemanden wird effektiv etwas weggenommen. Das ist der pure Luxus im Vergleich zu anderen größeren bzw. dichter bebauten Städten.

    Allerdings wundert das eingeschränkte Verständnis oder die bewusste Stimmungsmache aus der gelben Partei hier wenig. Die Kollegen aus Bielefeld meinten zuletzt, dass das Auto „diskriminiert“ würde, da in Bielefeld mehr Platz für andere Verkehrsmittel geschaffen werden soll. Unabhängig davon was ich im Einzelfall davon halte. Diskriminierung des Autos? Diese Wahrnehmung ist wohl die logische Konsequenz, wenn ein Verkehrsmittel 70 Jahre das Zentrum sämtlicher Planungen, Förderungen und Vorteile gewesen ist. Nicht umsonst fahren die Menschen für wenige hundert Meter mit dem Auto und fühlen sich belästigt, wenn man mal nicht in einem Rutsch durchrauschen kann. Oder salopp formuliert: Beim Arsch pudern die Augen vernebelt bekommen.

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