Wann gibt es endlich Sondersendungen wegen Verkehrstoten?
Täglich sterben Fahrradfahrende. Oft Kinder und ältere Menschen, seltener solche „Kampfradler“ wie ich. So gut wie nie halten sich dabei die Getöteten nicht an die Regeln, sondern sind ganz einfach nur Verkehr. Diese Toten schaffen es dann lediglich auf irgendeiner Unterseite der Zeitungen in einen wenige Zeilen langen Bericht.
11-jährige Radlerin auf Schulweg tödlich verunglückt
… Zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte ein Lkw-Fahrer (28) das im dortigen Einmündungsbereich gelegene Tankstellengelände auf die Elisabeth-Langgässer-Straße zu verlassen. Dort warteten seinen Angaben zufolge direkt gegenüber an der roten Ampel Willy-Brandt-Ring mehrere Pkw. Aufgrunddessen hielt der 28-Jährige seinen MAN TGX noch auf dem Grundstück an einem Stopp-Schild an. Beim Phasenwechsel auf Grün gab er angesichts der anfahrenden Pkw auch seinerseits Gas.
Die 11-Jährige befand sich in diesem Moment auf dem Gehweg unmittelbar vor dem Sattelzug und wurde von der Zugmaschine überrollt …
Die Elfjährige ist nicht „verunglückt“. Sie wurde von einem unaufmerksamen LKW-Fahrer getötet. So muss die Polizei das formulieren, damit sich vielleicht endlich mal etwas ändert. Ich möchte mal wissen, was für ein mediales Echo diese Tötung gehabt hätte, hätte der Fahrer einen Migrationshintergrund! So aber zucken alle nur mit den Schultern und machen weiter. Der Neuen Westfälischen ist das tote Mädchen fünf Sätze wert. Die recht umfangreiche Meldung der Polizei ist noch nicht einmal vollständig wiedergegeben.
Der LKW-Fahrer hat sogar angehalten! Das Mädchen ging dann selbstverständlich davon aus, dass er wartet. Leider hat der Fahrer eben nicht auf den ganzen Verkehr geachtet, sondern nur darauf, was Autofahrende und die Polizei dafür halten: mindestens vier Räder und ein Motor. Mir kommen beim Lesen solcher Meldungen die Tränen und ich weiß nicht, was mit mir passieren würde, wären es meine Kinder oder Frau! Das Leben des Mädchens ist zu Ende, sie wird nie erleben, was es alles Schönes bietet. Der LKW-Fahrer wird eine kleine Geldstrafe bekommen und dann weiter LKW fahren.
Vor zwei Tagen wurde in Herford ebenfalls eine Radfahrerin durch einen LKW-Fahrer getötet. In einem Kreisel.
Junge Radfahrerin von Lkw getötet
… Nach dem bisherigen Stand ist der Lastwagen von der Eishalle aus kommend in den Kreisverkehr eingefahren und hat ihn dann an der ersten Ausfahrt zum Westring verlassen. Nach den ersten Vermutungen war die Radfahrerin zeitgleich mit dem abbiegenden Lkw im Kreisverkehr unterwegs – möglicherweise war sie vorher parallel zum Unfallfahrzeug unterwegs …
Noch ist unklar, wie es zu dem tödlichen Zusammenstoß kommen konnte. steht geschrieben. Ich kann erklären wie es dazu kam. Der LKW-Fahrer hat den Kreisel einfach verlassen, ohne sich zu vergewissern, dass dies gefahrlos möglich ist. So einfach. Ist doch völlig egal, ob die Radfahrerin parallel zum Fahrzeug unterwegs war. Das ist dort genau so markiert. Damit die anderen Verkehrsteilnehmer dies wahrnehmen. Sie müssen halt nur darauf achten! Tut aber niemand.
Stattdessen schreibt die Neue Westfälische davon wie gefährdet Radfahrer im Kreis Herford sind. Ja, durch den motorisierten Verkehr und die immer rauer werdenden Sitten. Es fahren begrüßenswerterweise immer mehr Menschen mit dem Fahrrad. Die Infrastruktur dafür ist in der Regel gut. Was absolut mangelhaft ist, ist das Benehmen und Empfinden der KFZ- und LKW-Fahrer, die Fahrräder als Behinderung ansehen. Die Polizei macht da leider keine Ausnahme. In solche Berichte gehört jedesmal der Aufruf an die Fahrer/innen motorisierter Fahrzeuge, sich verdammt noch mal des Gefährdungspotentials ihrer Fahrzeuge bewusst zu sein und aufzupassen!
Die Aussage des Redakteurs der Neuen Westfälischen ist dann auch genau der Grund „Sehr häufig werden die Radfahrer schlichtweg übersehen …“. Die Verkehrsteilnehmer werden nicht übersehen, es wird nicht darauf geachtet! Das ist ein himmelweiter Unterschied. Teilweise wird sogar ganz bewusst der Radfahrende ignoriert. Solange das nicht deutlich benannt wird und das Märchen vom „Übersehen“ und „toten Winkel“ durch Polizei und Lokalpresse weiter verbreitet wird, ändert sich auch die Wahrnehmung nicht.
Ganz viel Kraft den tausenden von Angehörigen der auf diese Art von unaufmerksamen Menschen getöten Kinder, Ehefrauen und -männern, Freunden und Bekannten. Mich nehmen diese Berichte immer mehr mit und ich fühle mich völlig hilflos und ausgeliefert angesichts der Ignoranz der Tatsachen in Politik, Presse und bei der Polizei.
Das (und das ist in keinster Weise ein Vorwurf an die Verunglückten) Problem ist aber leider auch, dass das Mädchen da unterwegs war, wo es erst recht nicht als fahrender Verkehrsteilnehmer wahrgenommen wird, keiner mit Radfahrern rechnet – und es grade auch deshalb besonders gefährlich ist: offensichtlich linksseitig auf einem Hochbord-Gehweg, der nicht selten mittels eines Z 240 in beiden Richtungen benutzungspflichtig gemacht wird.
Der Herforder Kreisel sieht ja schon beim 1. Blick gemeingefährlich aus, vermutlich auch noch ein mit Z 241 benutzungspflichtiges, rosa Pflaster…!? Bei sowas würde ich es viel lieber sehen, wenn für sowas endlich Planer oder die Verkehrsbehörde haftbar gemacht würden.
Dieses „Detail“ sollte man bei derartigen Tragödien ebenfalls nicht als Nebensächlichkeit abtun oder gar unerwähnt lassen. Was ich z. B. überhaupt nicht verstehen kann, ist auch in diesem Falle wieder der reflexartige Ruf nach Technik. Nur, um sich mit genau dieser Frage nicht auseinandersetzen zu müssen.
Fahrzeuge gehören auf die Fahrbahn. Und diese Toten gehen zu einem Teil auch auf die Kappe derer, die sich weiterhin für tödliche „Infrastruktur“ einsetzen und die Fahrbahnparanoia weiter anheizen…
Das unterschreibe ich bis auf einen Punkt alles: „Die Infrastruktur dafür ist in der Regel gut.“
Gute Infrastruktur haben wir hier im Umkreis abschnittsweise, aber von einem alltagstauglichen, sicheren, verständlichen Radwegenetz sind wir noch sehr weit entfernt.
Als Nicht-Kampfradler bekommt man einen an der Waffel beim Weg-Suchen. Plötzlich linksseitig geführte Radwege werden in der Regel nur auf der linken Seite angekündigt (kein Autofahrer muss seine Schilder rechts und links suchen … die haben sie immer rechts). Mal muss man auf der Fahrbahn radeln, mit und ohne Radstreifen, die es in allen möglichen Breiten, Farben, Linien und Piktogrammen oder auch nicht gibt. Gerne stramm an der Dooring-Zone vorbei …
Dann wieder ab auf den benutzungspflichtigen Radweg auf dem Bürgersteig … wieder in schier unendlichen verschiedenen Ausführungen, Farben, Breiten, Belägen usw.
Ständig enden benutzungspflichtige Radwege ohne Vorankündigung im Nichts.
Ich kann jeden Nicht-Kampfradler verstehen, der sich auf die reinen Gewege verkrümelt, auch wenn es komplett falsch ist.
Ich finde nicht gut das du den LKW Fahrer die Schuld gibst. Ich fahre selber 1 Achser und 3 Achser Sattelzug. Der Tote Winkel und enge Kreisverkehr und das Parallel fahren zum LKW da trägt sie mit schuld. Jeder Auto Fahrer und Radfahrer sollte ein mal in einem LKW verschiedener Größen mit fahren.
Welche Mitschuld im Sinne der StVO soll sie denn genau haben?
Wenn du immer noch einen „toten Winkel“ in deinem Lkw hast, dann solltest du mal deinen Chef darum bitten, dir ein der StVZO entsprechendes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Ansonsten lass ihn einfach stehen – anstatt fahrlässig das Leben von Menschen zu gefährden. Wenn man nichts sehen kann, darf man nicht fahren. So einfach ist das!
Apropos Lkw-Fahrer; grade heute erlebt: In der Gegenrichtung steht ein Fahrer eines Kipp-Sattelzugs hinter einem halb-halb auf Fahrbahn und Gehweg geparkten Auto. Nachdem das 100 m vor mir fahrende Kfz durch ist, zieht er einfach rüber. Anstatt in die Lücke (und die war ausreichend) vor dem nächsten geparkten Pkw einzuscheren, hält er stattdessen frontal auf mich zu und erzwingt sich die Vorfahrt. Ich halte an, breite empört und Kopfschüttelnd die Arme aus – und werde auch noch blöd nachgeäfft…
Sondersendungen für Verkehrstote gibt es einfach nicht. Hier in Wismar ist eine Radfahrerin (Schülerin) in der Fußgängerzone (Radfahrer frei) vom LKW getötet worden. Morgens auf dem Schulweg!
Das erste Geisterrad in Wismar und der Bürgermeister hetzt das Bauamt auf den ADFC und droht mit Austritt aus dem Verein wenn das Rad dort aufgestellt wird. Das ist die Realität. Ein zweiter Unfall mit schwer Verletzter Radfahrerin am selben Tag.
https://radeln.in-mecklenburg.net/ein-schwarzer-tag-fuer-radfahrer/