Man kann die Polizeimeldungen sogar noch ungenauer machen
Die Polizei Bielefeld hat am 16.01. eine Meldung veröffentlicht, bei dem eine zwölfjährige Schülerin von einem Autofahrer gerammt wurde:
Unfall auf dem Schulweg – Polizei sucht beteiligten Pkw und Zeugen
… Eine 12-jährige Schülerin war mit ihrem Fahrrad auf der Potsdamer Straße in Richtung Alter Postweg unterwegs. Als sie den Einmündungsbereich des Heinrich-Horstmann-Wegs passieren wollte, kam ein bislang unbekannter Pkw aus dem Weg gefahren. Das Auto touchierte die Schülerin im Beinbereich, so dass sie zu Fall kam.
Natürlich wird nicht erwähnt, dass die Schülerin den spärlichen Informationen nach auf der richtigen Seite fuhr und Vorfahrt hatte. Selbstverständlich war es auch ein selbsfahrendes Fahrezug, denn kein Fahrer wird hier aktiv erwähnt. Und es war auch gar nicht schlimm, weil das Auto ja nur „touchiert“ hat. Die Formulierung
Der Fahrer eines weißen VW Golf missachtete die Vorfahrt der auf der Potsdamer Straße in Richtung Alter Postweg fahrenden zwölfjährigen Fahrradfahrerin, als er aus dem Heinrich-Horstmann-Weg in die Potsdammer Straße einfahren wollte. Er rammte das Mädchen mit seinem Auto, wodurch sie zu Fall kam und leicht verletzt wurde.
ist genauso sachlich und korrekt, würde aber deutlich machen, wo das Problem der allermeisten Unfälle zwischen Autofahrenden und Radfahrenden liegt.
In der Regel veröffentlichen die Lokalzeitungen die Pressemeldungen der Polizei wortgleich ohne eigene Änderungen, Recherche oder vielleicht auch Hinweisen zur Umgebung. Nun gibt es aber auch Portale, welche solche Meldungen umschreiben und durch diese eigene redaktionelle „Arbeit“ Reichweite erzeugen möchten (nehme ich an, man könnte ja auch einfach auf die Polizeimeldungen verlinken). Auf OWL24.de wurde unter anderem auch die oben beschriebene Polizeimeldung verarbeitet.
Die Autoren dort scheinen sich auf die Fahnen geschrieben zu haben, einfache Sprache zu verwenden. Leider ist das was dabei heraus kommt oft recht holperig und plump. In jedem Fall werden die wenigen Sätze der Polizei aber auf die vierfache Länge aufgeblasen, ohne weitere Informationen zu liefern. In diesem Fall wird aber neben all dem, was die Polizei nicht mitteilte, die Schülerin auch noch als der aktive Part dargestellt!
Unglück in Bielefeld
… Eine Mädchen war heute Morgen (Mittwoch 16. Januar) auf dem Weg zur Schule … Gegen 7.45 stieß sie plötzlich mit einem Wagen zusammen …
Hier ist die Schülerin diejenige, welche das Auto rammt. Einen Satz vorher heisst es noch „Ein Kind wurde in Bielefeld von einem Wagen erfasst.“ – mithin exakt das Gegenteil. Trotzdem die Meldung so voluminös gemacht wurde, fehlen meine obigen Kritikpunkte ebenfalls und sie ist sogar noch in sich widersprüchlich. Im zitierten Satz wird sogar die Schülerin noch zur Verursacherin.
Und nein, der Vorfall war auch kein „Unglück“. Das hat mit Glück oder Unglück nichts zu tun. Ein Autofahrer hat die Vorfahrt ignoriert und jemanden gerammt. Es war also vielleicht Unwissen, nicht angepasste Geschwindigkeit, Vorsatz, Dummmheit, Ablenkung … weiß man alles nicht. Aber kein „Unglück“!
Ich wiederhole mich: durch diese – nicht nur m.M.n. tendenziösen – Meldungen der Polizei wird den Autofahrern ihre „Da kann man nichts machen“-Unschuld eingetrichtert. Das ist kontraproduktiv für die Sicherheit im Verkehr. Gepaart mit einem BMVI, welches z.B. ein Tempolimit als asozial ansieht, wird sich bei uns leider nichts zum Besseren wenden.
Schreibe einen Kommentar