Fahrradfahrer sind die Schlimmsten
So tönt es allerorten, wenn ich mal wieder was für den Radverkehr fordere. „Haltet euch selbst erstmal an die Regeln!“, „Macht das Licht an!“, „Alle am Telefonieren …“ das übliche. Und auch wenn ich morgens wirklich ab und an mal einen Schüler sehe, der kein Licht an hat (und ihn dann auf den Defekt hinweise), fallen mir durchaus ähnlich viele kaputte Lichter an Autos auf. Gut, davon gibt es auch mehr. Die Polizei in Hamburg listet aber neuerdings immer schön auf, wen sie wobei erwischt hat:
Polizei Hamburg vom 28.11.2018: Ablenkung im Blick
Insgesamt wurden 337 Pkw und 389 Personen kontrolliert sowie 367 Verstöße geahndet. Hierbei handelte es sich um folgende Feststellungen:
2 x Strafanzeigen (1x Widerstand gegen Polizeibeamte 1 x Verstoß Pflichtversicherungsgesetz)
2 x Fahren unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln
54 x Rotlichtmissachtungen Pkw
9 x Rotlichtmissachtungen Fahrrad
2 x Rotlichtmissachtungen Fußgänger
158 x Missbräuchliche Nutzung von Mobiltelefonen Pkw
2 x Missbräuchliche Nutzung von Mobiltelefonen Fahrrad
31 x Mängel an Pkw (z.B. Nichtmitführen erforderlicher Dokumente oder technische Mängel)
4 x Fehlerhaftes Wenden/Abbiegen
8 x Verstoß gegen die Anschnallpflicht
62 x Parkverstöße
31 x sonstige Ordnungswidrigkeiten
Womöglich hat es die Polizei vergessen – kann ich mir kaum vorstellen, so detailliert wie das ist – aber es scheint kein Fahrrad mit zu wenig Licht unterwegs gewesen zu sein. Und der Kontrollzeitraum beinhaltet auch dunkle Stunden. Besonders schlimm finde ich die fast 160 Autofahrer/innen, die mit dem Telefon am Ohr unterwegs waren. Das sind genau die Leute, die dann abgelenkt sind und Fußgänger und Radfahrer umnieten. Auch bei den Rotlichtverstößen ein deutlicher Überhang beim motorisierten Verkehr. Dabei muss auch immer berücksichtigt werden, dass im Fall der Fälle ein Rotlichtverstoß durch einen KFZ-Führenden weitaus schlimmere Folgen haben kann, als der eines Radfahrenden.
Zu dem Ergebnis der Hamburger Kontrollen passt auch schön der Bericht der Polizei in Mainz, die auf einen Bürger reagiert hat, welcher sich über die rabiaten und gefährlichen Radfahrer/innen auf dem Gehweg einer Straße beschwert hat:
Polizei Mainz vom 27.11.2018: Radfahrer in der Wallstraße fahren richtig, aber 17 Autofahrer mit Handy am Steuer festgestellt
… Insgesamt sind in dieser Zeit 25 Radfahrer festgestellt. Alle verhielten sich vorschriftsmäßig und sind nicht auf dem Gehweg gefahren. Auch sonst konnte die Polizei nichts beanstanden …
Schon doof, wenn sich dieses Gefühl von Rad-Rambos umgeben zu sein aber mal so gar nicht bestätigen lässt.
Heute morgen habe ich übrigens gar kein Fahrrad ohne Licht bemerkt. Dafür direkt vor unserer Haustür eine Minifahrerin, die zwei Schüler mit nicht einmal einem halben Meter Abstand und richtig Tempo überholte – im 30er-Bereich. Das war so eng, dass ein Schüler sogar erschrocken aufschrie. Obwohl ich danach sofort voll reingetreten habe und wahrscheinlich mit mehr als 30 Km/h unterwegs war, bin ich nicht hinter dem Mini her gekommen. War wesentlich schneller als ich und zog davon … immer munter an den Schülern vorbei, welche selbst gerade an den parkenden KFZ vorbei fuhren. Das war echt eng. Überflüssig zu erwähnen, dass die Fahrt danach geradeaus durch die Fahrradstraße weiter ging. Und nein liebe Bad Oeynhausener, der Leingarten ist nicht und wird nicht grundsätzlich für KFZ freigegeben!
Auf dem Nachhauseweg stand eine junge Dame mit ihrem Auto halb über den Radweg. Hinter ihr alles frei und die Einmündung bequem auch aus einem Meter weiter zurück einsehbar. Sie hupte, nachdem ich ihr im Vorbeischlängeln auf die Motorhaube geklopft habe. Danach schrie sie mir durch’s offene Fenster zu, sie dürfte das, weil sie zuerst da war! Achso! Ich kenne den „Ich war zuerst da!“-Paragraphen gar nicht. Der muss gleich hinter „Meiner ist größer!“ und „Verpiss Dich mit Deinem Fahrrad!“ stehen. Natürlich wollte sie die Polizei rufen, weil man ja Autos nicht anpacken darf. Ich habe dann ihren, mit dem gehobenen Mittelfinger dargebotenen, Gruß erwidert und bin weiter gefahren. Und wir haben noch nicht einmal Winter. Noch sollten die Autofahrer/innen an Fahrräder gewöhnt sein. Seufz.
„Noch sollten die Autofahrer/innen an Fahrräder gewöhnt sein“, aber warum nur im Winter? Meine „Radsaison“ beginnt Neujahr und endet Silvester. Viele Schüler werden auch das ganze Jahr mit dem Rad unterwegs sein. Da muß ich als Autofahrer immer auf der Hut sein, hoffentlich.
Wenn jemand auf dem Rad oder Gehweg parkt, überlege ich immer mein Fahrrad auf der Straße zu parken, was dann wohl los ist?
Zum Abstand von überholenden Autos, bekomme ich immer Angst, wenn es eng wird und das Motorengeräusch von hinten nicht leiser wird. So geschehen vor kurzem auf dem Weg zur Arbeit an einer Fußgängerquerung (Mittelinsel), da fuhr der Fahrzeugführer einfach auf der linken Seite. Irgendwie war ich erleichtert, weil ich quasi auf den Aufprall gewartet habe, aber im Nachhinein habe ich mal wieder über einen Fahrer den Kopf geschüttelt. Das kann einfach nicht sein.
Das Fahren ist zur Nebensächlichkeit geworden, nebenbei wird telefoniert, Nachrichten geschrieben usw. .
Mein Fazit ist, viele Autofahrer haben einfach heutzutage keine Zeit mehr.
ABER:
Sehr wahrscheinlich, übersehe ich als Autofahrer auch schon mal einen Radkollegen (vor allem auswärts, ohne Ortskenntnis), jedoch kann man sich dann für das eigene Fehlverhalten entschuldigen.
Ich fahre auch das ganze Jahr und auch bei (leichtem) Regen – wenn es richtig gallert, bin ich ab und zu zu bequem ;-) Der Erfolg ist, dass der Nachwuchs auch ganz selbstverständlich mit dem Rad fährt, auch bei Regen.
Allerdings ist er und die bessere Hälfte inzwischen genauso angespitzt wie ich und bemerkt, was alles schief läuft.
Trotzdem wird der Radverkehr im Winter etwas weniger und Autofahrer haben halt im Kopf, dass man bei „so einem Wetter“ erst recht nicht auf dem Rad unterwegs sein kann.
Hallo, die Zahlen aus Hamburg sind sehr interessant. Wo gibt es die denn? Wird dort ständig aktualisiert?
Viele Grüße
Martin
Ich habe die Quelle doch verlinkt. Kommen direkt aus dem Presseportal der Polizei Hamburg. Inwieweit die darüber eine dauerhafte Statistik führen, ist mir nicht bekannt. Allerdings hat die Polizei HH in letzter Zeit häufiger solch detaillierte Zahlen nach ihren Kontrollen veröffentlicht.