Liebe Eltern, ihr seid Schuld!

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Ich weiß nicht, woran es liegt. Aber in den letzten Tagen ist Fahrrad fahren kein Spaß gewesen. Klar, die Luft, die Bewegung, das Gefühl … wie immer, die anderen Verkehrsteilnehmer aber nicht.

Es waren nicht nur die üblichen, bräsigen Autofahrer, die mich trotz Gegenverkehr und rechts parkender Autos übeholen, dann abdrängen und zu Notbremsungen führen (danke liebe Mama, die Du Deinen Filius zum Schulzentrum Nord kutschierst) oder die, die mich mit Ellenbogenabstand überholen, um dann direkt vor mir scharf zu bremsen und hundert Meter weiter einfach vor mir über den benutzungspfllichtigen Radweg auf die Tankstelle dreschen. Ich meine auch nicht die Rechtsabbieger, die an der Blöbaumkreuzung ganz erstaunt und wütend sind, dass der Radweg dort auf der Fahrbahn weiter geführt wird und Radfahrer Vorfahrt haben. Oder die Menschen, die mir an fast jeder Einfahrt die Vorfahrt nehmen. Die meine ich gar nicht, das ist normal so.

Ich meine z.B. die Schüler, welche mir in den letzten Tagen penetrant und gedankenlos als Geisterfahrer auf dem eh schon miesen benutzungspflichtigen Radweg entgegen torkeln. Auf beiden Seiten der Eidinghausener Straße und der Steinstraße gibt es einen Radweg. Man benutzt diesen in Fahrtrichtung rechts. Alles andere ist gefährlich und verboten. Und wenn es dunkler ist, macht es das nicht besser. Zusätzlich sind dort vor Schulbeginn auch noch reichlich Fußgänger unterwegs – eine ganz enge Kiste. Heute morgen musste ich auf der Steinstraße sogar nach links den Borstein runter auf die Fahrbahn ausweichen, weil ich keine Lust auf einen Frontalzusammenstoß hatte und die Schülerin für die Teilnahme am Straßenverkehr offensichtlich nicht vorbereitet war.

Und da kommen wir auch schon zum Titel des Blogposts: Liebe Eltern, ich bin nicht dafür zuständig, dass eure Kinder in dem Alter die Verkehrsregeln kennen und wissen, wie man sich verhält und benimmt. Es ist auch nicht die Aufgabe der Lehrer in der Schule, mit ihrem bisschen Verkehrserziehung nebenbei, bei der ich nachher dem Nachwuchs erklären muss, wie es sicherer ist. Auch die Polizei ist nicht der richtige Ansprechpartner, wenn es darum geht, die Kinder auf das Fahren mit dem Fahrrad vorzubereiten. Verdammt noch mal, das seid ihr!

Ihr versäumt es ganz offensichtlich euren Sprösslingen beizubringen, wie und wo man fährt. Ihr bleut ihnen nicht ein, wie die Verkehrsregeln lauten, was man wo wie tun darf und was nicht. Und wenn ich euch in euren Autos morgens erlebe, wisst ihr es zu einem Großteil selbst nicht. Worin ihr aber meiner Erfahrung aus entsprechenden Gesprächen ganz groß seid ist, darauf hin zu weisen, dass der Schulweg so gefährlich ist und dass an Schulen und Kindergärten Parkplätze fehlen. Liebe Eltern, ihr seid diejenigen, die den Straßenverkehr gefährlich machen! Ihr macht mit euren Autos die Straßen morgens dicht (in den Ferien gibt es auf der Eidinghausener Straße z.B. keinen Stau) und sorgt dafür, dass an Schulen vielfach Chaos herrscht. Ihr bedrängt radfahrende Kinder – ich erlebe das jeden Morgen – und haltet euch nicht an Regeln. Die Kinder bekommen das leider oft noch nicht einmal mit, die denken das ist normal. Und dann knallt es.

In Ausschüssen und Rat wird über die Schließung und/oder Zusammenlegung von Schulstandorten diskutiert. Und ich bin ein klarer Verfechter von „kurze Beine, kurze Wege“. Ich finde das gut, bequem und sinnvoll. Viele, viele Eltern sehen das ähnlich. Es ist aber auch teuer. Langsam weiß ich jedoch nicht mehr, warum ich diesen Standpunkt vertreten soll. Es heisst nämlich „kurze Beine, kurze Wege“ … nicht „dicke Autos, kurze Wege“! Wenn ihr eure Kinder eh mit dem Auto bringt, dann reichen auch zwei Grundschulen in unserer Stadt. Wir haben Gewerbebrachen, wo man reichlich Parkplätze um zentrale Grundschulen bauen könnte. Das Geschrei möchte ich mal hören.

Also: bringt euren Kindern die Regeln bei. Bringt sie morgens zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule. Das geht. Auch wenn man berufstätig ist, klappt das bei den allermeisten. Im Zweifel kann man sich auch zu Gruppen zusammen tun und abwechseln. Ich habe Kinder, wir haben das gemacht. Es geht. Mein eigener Grundschulweg war damals über 3 Kilometer und ich habe die immer zu Fuß oder mit dem Rad zurück gelegt. Wenn ihr die Kinder dabei begleitet, lernen sie. Klingt komisch, ist aber so. Es sind heute nicht mehr Schüler unterwegs, es ist nicht gefährlicher – ihr macht es dazu!

Macht mit ihnen am Wochenende Ausflüge – mit dem Fahrrad. Die Kinder fahren in der Grundschule nicht selbst Auto, die müssen lernen sich mit ihrem Verkehrsmittel – dem Rad – zu bewegen. Und ich meine damit nicht, an der Werre oder Weser entlang zu tingeln. Fahrt auch mal durch Tempo-30-Zonen. Bringt ihnen bei, auf der richtigen Seite den Radweg zu nutzen. Zeigt ihnen, wie man an Ampeln die Fahrbahn quert. Bringt ihnen Abbiegen bei. Erklärt die Straßenverkehrsordnung – nachdem ihr sie euch angeschaut habt! Ja, ein Grundschulkind kann das schon lernen. Und wenn nicht in diesem Alter, wann denn dann? Ihr unterschätzt euch und eure Kinder.

Und dann kommt dabei raus: Aber alle Radfahrer fahren bei rot! Alle Radfahrer fahren in die falsche Richtung! Radfahrer halten sich eh nicht an Regeln! … Und warum? Weil ihr es den Kindern so zeigt!

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

2 Kommentare zu „Liebe Eltern, ihr seid Schuld!

  1. Hallo Andreas,

    das hast Du sehr schön aufgeschrieben und ich bin ganz mit Dir.
    Allerdings machst Du einen entscheidenden Fehler:
    Du setzt Vernunft voraus.
    Allerdings ist Vernunft ein theoretsches Konstrukt, dass nur wenige auserwählte Menschen ansatzweise begreifen und anwenden. Die von Dir angesprochene soziale Gruppe der autofahrenden Eltern gehört unter Garantie nicht dazu.

    Du hättest diesen schönen Text auch Deinem Hamster erzählen oder ins Klo rufen können. Der Effekt wäre ganz genau der gleiche: NULL.

    Schade eigentlich, aber so sind nun ‚mal die Menschen….

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