Nichtwähler teilen keine Meinung mit

Die Bürgermeisterwahl ist vorbei. Bereits bei der regulären Auszählung zwischen den damals noch 4 Bewerbern erschreckte die geringe Wahlbeteiligung. Leider ist bei der Stichwahl zwei Wochen später das eingetreten, was befürchtet wurde: noch weniger Wähler fanden den Weg zur Urne und haben ihre Stimme abgegeben.

Nun wird in den sozialen Medien überall erläutert, die Politiker seien Schuld an der Politik- bzw. neuer Politikerverdrossenheit. Gleichzeitig wird alles kritisiert, was zu kritisieren ist – leider im Regelfall ohne Lösungen, Alternativen oder eben auch nur Wünsche zu äußern. Und ganz ehrlich, viel anders habe ich das vor 2008 auch nicht gemacht. Doch, ein bisschen anders schon, denn ich habe meist gesagt wie ich mir vorstelle, dass es besser laufen könnte. Bin ich froh, dass man das nachlesen kann ;-)

Lese ich aber heute auf Facebook, Google+ oder den Kommentarspalten der „etablierten“ Medien, dann finde ich dort häufig wenig Konstruktivität, aber viel Meckern und begründet wird dies wie auch bei der Wahlbeteiligung mit der Verdrossenheit. Ich kann das verstehen. Wenn man mit etwas unzufrieden ist, dann ist man verdrossen und missmutig. Dann muss man aber etwas tun, um das zu ändern!

Leider zeigt der ausbleibende Gang zur Wahl aber eben nicht die Unzufriedenheit mit den Wahlmöglichkeiten. Aus dem Fernbleiben kann man objektiv exakt nur eins ablesen: jemand war nicht da.

Die Gründe sind völlig offen. Tante Erna war zu Besuch, das Wetter war zu gut, es wurde lieber ein Spaziergang gemacht oder es war gar nicht bekannt, dass Wahl ist (auf Facebook wurde ja sogar gefragt, ob in bestimmten Stadtteilen auch gewählt würde). Es könnte dem Nichtwähler auch schlicht egal sein, wie die Wahl ausgeht und ja, es könnte auch sein, dass er tatsächlich mit allen Wahlmöglichkeiten nicht einverstanden ist. Ohne funktionierende Kristallkugel ist das aber schwerlich zu bestimmen.

Experten, die den Nichtwählern pauschal Unzufriedenheit zuschreiben, überschätzen meiner Meinung nach diesen Grund. Wenn man wirklich seinen Unmut ausdrücken möchte, so dass es auch verstanden wird, dann geht man zur Wahl und macht seinen Stimmzettel ungültig! Tatsächlich machen das immer mehr und das ist aller Ehren wert! Finde ich gut. Daraus kann man Unzufriedenheit ableiten, recht deutlich sogar. Die mehrfach gelesene Ansicht, ein ungültiger Stimmzettel zeugt nur von der Unfähigkeit, das Kreuzchen richtig zu setzen, kann wohl nur jemand äußern, der noch nie ausgezählt hat. Die ungültigen Zettel, die ich in den vergangenen 10 Jahren gesehen habe, waren so gut wie alle bewusst ungültig.

Der Wahl fern bleiben zeigt lediglich offensives Desinteresse. Und da kann ich dann auch wirklich nur sagen: ihr hättet die Wahl gehabt! Wer nicht hingeht, darf nachher nicht meckern. Natürlich ist es das Einfachste und man muss sich dafür auch mit nichts beschäftigen. Und vor allen Dingen kann man sich nachher in einer Diskussion schön zurück lehnen und sich an seiner eigenen vermeintlichen Überlegenheit ergötzen. Die anderen sind ja Schuld, dass man nichts getan hat! Erreichen wird man damit exakt gar nichts. Es ändert sich durch nicht wählen Nichts. Es wird nicht beachtet. Wenn ein relevanter Anteil der Stimmzettel aber ungültig ist, dann wird nachgedacht. Denn dann kann man sich auch nicht mehr hinter 17, 18 oder meinetwegen auch 20 Prozent der Wahlberechtigten verstecken.

Und nun gleich die konkrete Lösung hinter her: ich würde es begrüßen, wenn bei als 50% ungültig abgegebener Stimmen erneut gewählt werden müsste – mit anderen Wahlmöglichkeiten. Der Fall wird aber nie eintreten … da müsste man ja aktiv werden.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

2 Kommentare zu „Nichtwähler teilen keine Meinung mit

  1. Ich wohne nun seit 15 Jahren in bünde, und wenn ich die Möglichkeit habe beschäftige ich mich durchaus mit Politik.
    Als bei und das letzte Mal die Wahl eines Bürgermeisters anstand,habe ich meine Fragen die persönlich hatte den in der Stichwahl zur verfügung standen auch gestellt.

    Unter anderem ging es mir um die finanzielle Lage der Komune.
    Um es abzukürzen vermittelten beide Kanidaten ein sehr positives Bild.
    Nur einige Wochen nach der Wahl wurde dann der Spieß umgedreht.
    Bünde ist quasi pleite.
    Niemand hat das aber vor der Wahl gewußt, das ist irgendwie erst hinter her aufgefallen.

    Hmmm…kann ja so sein, kann ich nicht wirklich beurteilen.

    Auf meine 2. Frage ob die Stadt sich die aufwendige Sarnierung unseres Marktplatz auch leisten kann wurde mir gesagt das ja der größte Anteil vom Land finanziert wird. Wobei ich die Logik dahinter nicht verstehe, das Land NRW ist genauso pleite.

    Aber trotzdem wurden High Tech Fahrad Ständer angeschafft
    http://www.nw.de/lokal/kreis_herford/buende/buende/20335906_Panzersperren-kommen-ins-Fernsehen.html
    Und da fragst Du dich warum ich Politik verdrossen bin ?
    Weil Entscheidungen getroffen werden die für mich sämtlicher Logik entberen und mit meinem Verstand nicht erfassbar sind.

    Ich habe bis vor 2 Jahren immer aktiv gewählt aber irgendwann habe ich resigniert da sich egal welche Fraktion Mehrheiten gebilfdet hat nicht nachvollziehen kann wie solche Entscheidungen fallen können.

  2. Nichtwähler sind nicht unbedingt politikverdrossen. Wenn ich bei einer Stichwahl die Wahl zwischen Luzifer und dem Beelzebub habe, dann lass ich es doch lieber. Ich erkenne noch nicht den Mehrwert, in der Situation den Stimmzettel ungültig zu machen.

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