Verkehrsinfarkt? Kann man dran drehen …

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Die Eidinghausener Straße ist dicht – ich schrieb es neulich schon mal. Ab 1 Kilometer zurückzulegender Weglänge benutzen schon mehr als 50% der Bad Oeynhausener das Auto als motorisierten Individualverkehr. Gleichzeitig wurde letztlich im Workshop „Erreichbarkeit Innenstadt“ im Rahmen der Untersuchungen für eine Klimafreundliche Mobilität in Bad Oeynhausen erneut gefordert, die Herforder Straße für den motorisierten Verkehr zu öffnen und mehr (kostenlosen) Parkraum zu schaffen.

Mein Yeti verbraucht neumal soviel Verkehrsfläche wie jedes meiner Fahrräder. Mein Arbeitsweg beträgt knapp drei Kilometer. Die zur Verfügung stehende Verkehrsfläche ist überall begrenzt. Man kann nicht einfach mehr Straßenfläche bauen. Daraus folgt ganz einfach: man muss etwas an der Nutzung dieser Verkehrsflächen ändern.

Auf der Eidinghausener Straße stehen – unabhängig von der derzeitigen Sperrung der Brückenstraße – mehrheitlich Fahrzeuge im Stau, in denen exakt eine Person sitzt. Muss das sein? Wie lang ist der zurückgelegte Weg dieser Menschen? Sind das wirklich alles Pendler, die bereits 20 Kilometer gefahren sind oder noch vor sich haben? Fragen, die mir spontan einfallen. In einem Workshop vor wenigen Tagen wurde erklärt, dass in Bad Oeynhausen überdurchschnittlich viele Menschen in der Stadt arbeiten, in der sie wohnen. Die Stadt hat an der längsten Stelle in Nord-Süd-Richtung eine Ausdehnung von 10 Kilometern, in Ost-West-Richtung sind es fünf. Ich kenne genug Leute, deren Arbeitsweg unter 4 Kilometern ist, die trotzdem immer das Auto benutzen und regelmäßig über den Verkehr jammern.

Verkehr ist nicht nur Auto! Es gibt einfache Möglichkeiten, die Situation zu verbessern. Das erfordert aber ein Umdenken und Verändern der Gewohnheiten. Und garantiert erfordert es Erkenntnis. Nämlich die Erkenntnis, dass ich die zugegebenermaßen in Teilen vorhandene Bequemlichkeit des motorisierten Individualverkehrs mit Unanehmlichkeiten erkaufe. Genauso habe ich Vorteile im nicht-motorisierten Individualverkehr oder ÖPNV, welche ich mit Unanehmlichkeiten aufrechnen muss.

Wenn ich bei Regen irgendwo trocken ankommen möchte, sitze ich eben mit anderen Menschen gedrängt im Bus und warte an Haltestellen, oder muss damit rechnen mit dem Auto im Stau zu stehen und danach Parkplätze zu suchen. Wenn ich mit dem Rad schnell am Stau vorbei fahren möchte und keine Parkplatzprobleme will, dann werde ich unter Umständen auch mal ein bisschen nass. Gegen nasse Klamotten kann man übrigens auf Kurzstrecken etwas tun und zudem gibt es deutlich weniger Tage an denen man nass wird, als trockene.

Und kostenloser Parkraum? Warum? Diese Fläche muss zur Verfügung gestellt werden. Der Weg dorthin muss zur Verfügung gestellt werden. Bad Oeynhausen macht mit Parkraum aktuell nur Verluste. Die Verknüpfung „kein kostenloser Parkraum = weniger Kunden“ ist schlicht falsch. „Kein Angebot = weniger Kunden“ zieht dagegen mehr. An Tagen mit besonderen Events ist es in der Stadt nämlich proppenvoll und die Menschen haben wunderlicherweise alle einen Parkplatz gefunden. Der kann aber aus naheliegenden Gründen nicht unbedingt in der Klosterstraße sein, sondern u.U. auch im Parkhaus und man muss dann auch mal 300 Meter laufen. Das ist in keiner Stadt anders – und ich war auch schon mal außerhalb von Bad Oeynhausen einkaufen bzw. zu Besuch. Überall bezahle ich übrigens.

Die viel geforderte freie Stunde im Parkhaus halte ich für überflüssig. Wer in einem Parkhaus parkt, der will in der Regel nicht nur Brötchen holen, sondern bummelt durch die Stadt. Ich persönlich möchte dann auch gar nicht eingeschränkt sein und nach einer Stunde zurück. Bin ich aber länger da … bitte, dann stören mich die 1,50 Euro auch nicht ernsthaft. Vor allen Dingen nicht, wenn ich mir gleichzeitig das Auto, den Sprit für die Fahrt zum Ziel, die Versicherung usw. erlauben kann. Ganz ehrlich, über 1,50 Parkgebühren jammern, ist Jammern auf ganz hohem Niveau! Und warum sollte man das überhaupt kostenlos zur Verfügung stellen. Ein Privatmensch sagte unlängst in einer Diskussion, er könne seinen Parkplatz nicht kostenlos anbieten. Merkwürdig, das Gleiche von der Kommune zu erwarten.

Wenn wir etwas an der verkehrlichen Situation ändern wollen, müssen wir umdenken und vor allen Dingen selbst aktiv werden. Immer nur von anderen verlangen, funktioniert nicht. Einfach mal das Fahrrad nehmen, wenn man nur gerade im Werrepark ein Hemd kaufen will. Klingt komisch, funktioniert aber ganz genau so! Und warum nicht mit dem Rad zur Arbeit? Natürlich geht das, wenn man will. Man spart dadurch Geld, fühlt sich besser und entlastet die Straßen. Dann haben es die, die womöglich wirklich eine längere Strecke zu fahren haben, einfacher. Und bitte nicht mit „Es können aber nicht alle mit dem Fahrrad … was ist mit den Alten und Gebrechlichen …“ kommen – um die geht es nicht! Im Berufsverkehrstau stehen praktisch keine Alten und Gebrechlichen, die auf ein Auto angewiesen sind. Ich sehe das jeden einzelnen Morgen und Nachmittag. Ehrlich, das Argument ist nicht zielführend und in der Diskussion albern.

Nach einer aktuellen Studie spart jeder gefahrene Radkilometer einer Kommune drei Euro im Jahr. Unterhalt für die Infrastruktur usw. … was man selbst dabei einspart ist noch mal etwas mehr. Einfach mal drüber nachdenken!

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

1 Kommentar zu „Verkehrsinfarkt? Kann man dran drehen …

  1. Wenn in dieser Stadt alles für den KFZ-Verkehr gemacht wird….. wieso wundert man sich dann wenn jeder Meter mit dem KFZ zurückgelegt wird!? Erst vor wenigen Wochen wurde jedem Radfahrer mit der Faust ins Gesicht geschlagen als die „Verengung“ an der Königstraße entfernt wurde. Jetzt kann man mit dem KFZ entlich die gesammte Straße mit Highspeed befahren. Hier werden auch ohne Klimagutachten fakten geschaffen. Möchte man als Radfahrer wenigstens die geltende STVO umgesetzt haben, bekommt man zu hören das erst mal das Klimagutachten und damit die Mobilitätsplanung für die Stadt abgewartet werden muss. Auch das die Straße ganz in der Nähe des Schulzentrums verläuft war kein Thema. Als Radfahrer bekomme ich von der Verwaltung zu hören das zur „Schulwegsicherung“ die STVO NICHT umgesetzt wird. In anderen Städten werden Straßen verengt, Radfahrern vorrang eingeräumt, Fahrradstraßen geschaffen, KFZ-Stellflächen reduziert, u.s.w., u.s.w..
    Naja, und der Bürger…. Autofahren immer und überall. Aber bitte keine KFZ, Lärm, Abgase vor meiner Tür.

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