Katastrophaler „Radweg“ an der Dehmer Spange
Ein Teilstück der Nordumgehung ist für den Kraftverkehr freigegeben worden. Von der Abfahrt Eidinghausen bis Dehme kann man über das neue Teilstück fahren – in beide Richtungen. Während in Eidinghausen die Radverkehrsanlagen nach der Fasson von Straßen-NRW erstellt sind, fehlen diese in Dehme noch weitgehend. Das war allerdings während der gesamten Bauphase schon so.
Richtig ist, dass es sehr unglücklich ist, die neue Radfahrer- und Fußgängerbrücke über die Nordumgehung im Verlauf des alten „Alter Postweg“ noch nicht fertig gestellt zu haben. Das geht eigentlich gar nicht. Insofern kann ich der heute in der Presse geäußerte Kritik zur Befahrbarkeit der Strecken dort zustimmen, allerdings nicht was die Gefährlichkeit angeht. Es gibt eine ganz einfache Alternative!
Ich bin sowohl vor der Freigabe als auch danach schon mehrfach mit dem Fahrrad dort gefahren und hatte keinerlei Probleme! Dabei ist meine Herangehensweise an das Problem aus Autofahrersicht natürlich sehr provokativ. Ich teile nämlich nicht die Ansicht des Bauleiters Herr Johanning, dass der absolut indiskutable, grobschlächtige und gefährliche Aushilfsradweg sicherer sei, als die Benutzung der Fahrbahn an der Stelle. Man darf dort maximal 50 Km/h fahren. Es ist eine mit reichlich Warnhinweisen versehene Strecke im Baustellenbereich. Die Kreuzung ist mit funktionierender Signalanlage gesichert und auf dem alten „Alter Postweg“ – dem Weg den man als Radler aus Dehme kommend benutzt – ist nur sehr überschaubarer Kraftverkehr, nachdem die Dehmer Spange fertig gestellt ist.
Es ist fast schon Realitätsverlust, wenn Herr Johanning andeutet, man wäre auf der Schotterpiste sicherer unterwegs, als auf dem wunderbar glatten, neuen Asphalt! Das Problem dort ist ganz gewiss nicht die Infrastruktur – es sind wieder einmal die Führer der motorisierten Kraftfahrzeuge, die sich nicht an die dort geltenden Regeln halten und die Geschwindigkeit übertreten. Tun sie dies nicht, gibt es dort auch keine Probleme.
Worüber ich hier schreibe, habe ich heute nachmittag mal im Bild festgehalten:
Insofern ist es kontraproduktiv, wenn man sich als Radfahrer – noch dazu als solcher mit elektrischer Unterstützung – die Butter vom Brot nehmen lässt und sich auf solch kaputte Wege drängen lässt, wie von Straßen-NRW vorgesehen sind. Und das soll noch bis September so sein? Leute, wenn ihr Sicherheit wollt, dann nutzt die Fahrbahn! Das ist dort kein Problem!
Messzeitraum | DTV (Anzahl) | Vd (Km/h) | V85 (Km/h) | SV (%) |
Oktober 2012 | 6.230 | 50 | 58 | 7 |
Juli* 2013 | 6.621 | 52 | 59 | 3 |
Legende:
DTV = Durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen (ohne Fußgänger)
Vd = Durchschnittsgeschwindigkeit
V85 = sog. 85% Messung (Vd unter Streichung der oberen und unteren Spitzen)
SV = Anteil an Schwerlastverkehr
Der gesunkene Schwerlastanteil ist darauf zurückzuführen, dass ab der Spange der Verkehr über 7,5 Tonnen nicht mehr den Alten Postweg befahren darf und durch das Industriegebiet geleitet wird. Weder das Verkehrsaufkommen insgesamt, noch der Schwerlastanteil rechtfertigen hier einen benutzungspflichtigen Radweg! Folgerichtig heißt es im September weiter: Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht
Der Anteil des Schwerlastverkehrs liegt nach dem Ergebnis der letzten Verkehrszählung deutlich unter 7% und schafft damit die Voraussetzungen zur Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht. Das Anhörungsverfahren gem. § 45 StVO ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Der örtliche Straßenbaulastträger, die Straßenverkehrsbehörde sowie die Kreispolizeibehörde sprechen sich für die Aufhebung der Benutzungspflicht aus. Die Stellungnahme des Kreises Minden-Lübbecke als Straßenbaulastträger für die K29 wird in Kürze erwartet. Die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht wird nach Eingang der noch ausstehenden Stellungnahme kurzfristig straßenverkehrsrechtlich angeordnet.
Was in dem Zusammenhang mit „kurzfristig“ gemeint ist, weiß ich nicht. Aktuell besteht die nur auf einer Seite in beide Richtungen angeordnete Benutzungspflicht weiterhin.
Völlig unverständlich ist allerdings die V85 von 59 Km/h … das kann man so nicht gut finden und auch nicht unkommentiert lassen. Damit bezeichnet man die Geschwindigkeit, welche 85% der gemessenen Fahrzeuge nicht überschreiten – wobei die Ausreißer nach oben und unten gestrichen werden. Es wird dort also tatsächlich viel zu schnell gefahren. Ein weiterer Grund, warum mehr Radfahrer auf der Fahrbahn den Verkehr an der Stelle sicherer machen. Dann müssen die Autofahrer nämlich auf die Bremse treten. Punkt.
Das Problem ist, daß Straßen NRW und die Verkehrsbehörden quasi freie Hand haben. Es gibt nur zwei Wege mit sinnfreien und illegalen Anordnungen umzugehen.
a) Klagen. Bei der Vielzahl an behördlichen Gesetzesverstößen hätte man damit allerdings eine Lebensaufgabe gefunden.
b) Ignorieren. Allerdings zieht man auch dann den kürzeren. Gegenüber den Ordnungsbehörden, weil auch rechtswidrige Anordnungen zunächst einmal zu beachten sind. Und allgemein, weil einen die fachlich unkundigen Oberlehrer hinterm Steuer einem schon das fürchten lehren werden. Entweder durch Begehung einer eigenen Ordnungswidrigkeit (Hupen) oder gar durch eine der diversen Straftaten, die in diesem Zusammenhang immer wieder folgenlos begangen werden. Wobei sich entsprechende Oberlehrer noch im recht sehen. „Der hat provoziert. Ich musste da doch überholen“. Als ob dennen jemand eine Waffe an den Kopfgehalten hätte mit der Aufforderung sich vorbei zu quetschen.
Solange die Behörden nicht endlich das Fahrrad als wichtiges und zu förderndes Verkehrsmittel akzeptieren und auch so handeln wird sich also rein garnichts verbessern. Selbst der geplante Radschnellweg erinnert in weiten Teilen nur an einen Radweg 2.0. In den Niederlanden würde der so niemals gebaut werden.
In diesen dargestellten Fällen kann ich nur für Ignorieren stimmen. Motorisierte Verkehrsteilnehmer bekommen auf Steuerzahlerkosten eine aalglatte Fahrbahn hingestellt, alle anderen sollen Schotterwiese und Umwege benutzen?? Soviel Ignoranz/Dämlichkeit gibts heute noch?