Im Sommerloch und vor Wahlen ist Zeit für Fahrräder
Es muss Sommer sein! Das Loch, welches die Zeitungen zu flicken haben ist bereits so groß, dass sich die FDP zu Fahrradthemen äußert. Außerdem steht eine Wahl nicht weit vor der Tür. Da ist so ein Thema auch immer gern gesehen. Man kann viel reden, ohne hinterher etwas tun zu müssen. Oder – wie in diesem Fall – vorher bereits etwas getan zu haben.
Die jungen Liberalen fordern Fahrradstellplätze am Nordbahnhof. Na sowas, das da noch niemand drauf gekommen ist! Das Thema ist von allen Seiten beleuchtet, mit schöner Regelmäßigkeit wird im Rat in der “Fragestunde” auf die vielen parkenden Räder hingewiesen, mit schöner Regelmäßigkeit passiert nichts. Über ein Jahr war die Schließanlage in der Radstation defekt, vor über einem halben Jahr habe ich genauer nachgefragt. Habe mit den Leuten vor Ort geredet, die Reparatur verlief im Schneckentempo. Und auch wenn die Fahrradbeauftragte heute in der Zeitung mit der Aussage zitiert wird „… die [Anlage sei] nach einem Software-Update seit kurzer Zeit wieder vollständig nutzbar …“ nun, in der letzten Woche, als ich mir das System zeigen ließ, noch nicht. Da konnten noch keine Karten codiert werden. Und es handelte sich auch nicht nur um ein Software-Update, da ist auch reichlich Hardware verbaut worden.
2008 war es, als ich mich intensiver in Sachen Fahrradfreundlichkeit engagierte und mich in die erlauchte Runde der Politiker “einschlich”. Eine Kommunalwahl stand vor der Tür und die Fraktionen wollten sich präsentieren. Eingangs waren noch alle dabei. Eingangs ist “in der Auftaktsitzung”. Danach wurde es personell dünner in den Runden für die Fahrradfreundlichkeit. Trotzdem wurde die komplette Infrastruktur Bad Oeynhausens in Augenschein genommen, Möglichkeiten und Konzepte erstellt. Die FDP war übrigens nicht dabei. Diese äußerte sich vor der Abstimmung zur Fahrradstraße “Wie, da fahren die Räder vor meinem Auto? – Nicht mit mir!”. Soviel zur Fahrradfreundlichkeit der FDP. Hat übrigens auch nur zwei Jahre gedauert vom Beschluss bis zur Einrichtung!
Dankenswerterweise wurde der jahrelang verwaiste Platz des Fahrradbeauftragten nun neu besetzt. Frau Noack zeigt Engagement. Die Infrastruktur in Bad Oeynhausen ist gut – das zeigen mir auch Gespräche mit anderen überzeugten und motivierten Radfahrern. Es ist gar nicht so viel zu ändern. Klar, Abstellanlagen gehören dazu. Ist 2009 inkl. der möglichen Flächen alles erarbeitet worden. Seitdem hat es in der Stadt keine tektonischen Verschiebungen gegeben, so dass man das alles einfach mal machen kann, statt neue Konzepte auszubrüten. Und wir waren seitdem auch nicht durchgängig im Nothaushalt. Überflüssige “Rad”wege hinter dem Schloss Ovelgönne mit Kosten im mittleren sechstelligen Bereich wurden problemlos bewilligt. Wem der nutzt? Nun, man kann dort sicher prima spazieren gehen. Für die Fahrradfreundlichkeit und den Alltagsradverkehr ist damit jedoch nichts getan.
Wichtig ist vor allen Dingen die Kommunikation! Es gibt in Bad Oeynhausen etwas anderes als Autos. Tatsächlich! Den Innenstadtkaufleuten fällt allerdings bei jeder sich bietenden Gelegenheit nichts anderes ein, als auf die Rad-Rowdies in der Klosterstraße zu schimpfen. Ich bin dort täglich – gesehen habe ich noch keinen. Gleichzeitig werden genauso laut kostenfreie Parkplätze gefordert … für Autos natürlich. Es muss ein Umdenken statt finden. Mich stören vor der Deutschen Bank wie selbstverständlich in der Fußgängerzone parkende Autos viel mehr, als Fahrräder an Fahnenmasten. Warum wird das niemals thematisiert? Warum interessiert es niemanden, dass die Herforder Straße jetzt schon regelmäßig von Autofahrern als direkte Verbindung nach Gohfeld genutzt wird?
Noch immer gibt es brandgefährliche, benutzungspflichtige Radwege. 16 Jahre nachdem das in der Straßenverkehrsordnung anders geregelt wurde und inzwischen auch schon 3 Jahre nach einem entsprechenden Verwaltungsgerichtsurteil. In der gerade neu in Kraft getretenen StVO wurden die Regeln noch einmal zu Gunsten der Radfahrer erweitert. Trotzdem werden Benutzungspflichten nicht aufgehoben, teilweise sind diese sogar linksseitig. Im Gegenteil, die Polizei wird nicht müde, einen Text nach dem anderen zu bringen, der auf die Gefährlichkeit der falschen Fahrtrichtung hinweist. Und die Lokalpresse wird nicht müde, diese unreflektiert und wortgleich abzudrucken. Geisterfahren ist ja auch gefährlich, aber auf meine Frage, warum die Verwaltung so etwas dann vorschreibt, habe ich keine Antwort bekommen!
Beschilderungen der Fahrradrouten weisen kreuz und quer in die falsche Richtung. Zudem ist die Qualität der Radwege erbärmlich bis gefährlich. Warum macht man es nicht so, wie vorgeschrieben? Fahrräder auf die Fahrbahn und gut ist. In der Straßenverkehrsordnung ist das so vorgesehen und seit neuestem sogar mit dem Zusatz “Sicherheit vor Flüssigkeit” verdeutlicht. Ja, damit ist der motorisierte Verkehr gemeint. Da muss man mal langsamer fahren – unerhört! Zaghaft wird das in Bad Oeynhausen umgesetzt. Teilweise Schilder vergessen, so dass uneinheitliche Situationen entstehen. Kommuniziert wird es nirgends und durch niemanden! Woher soll denn der Autofahrer zum Beispiel wissen, dass man zwischen dem Kreisel in Eidinghausen und dem Schloß Ovelgönne nicht mehr auf dem Radweg fahren muss? Wer erklärt ihm die Vorfahrtsregelung im Kreisel? Den Schülern wird es in der Schule jedenfalls nicht korrekt beigebracht! Und auch in Gesprächen mit Fahrlehrern musste ich haarsträubendes hören …
Auf der Fahrbahn wird man weggehupt und (glücklicherweise seltener) geschnitten. An Einmündungen wird man als Radfahrer von Autofahrern angepöbelt, weil man wortlos wartet während die Vorfahrt missachtet wird.
Wann kümmern sich die anderen Fraktionen endlich um die eigentlichen Probleme? Klar ist das unbequem, klar ist das zermürbend, sicher muss man sich dann informieren. Einen Artikel mit tausendmal gestellten und bereits von anderen ausgearbeiteten Forderungen in die Zeitung setzen kann jeder.
Fangt endlich mal selbst an was zu tun! 2008 gab es einen Aufschlag zur “Fahrradfeundlichen Stadt” … 2013 sind wir davon immer noch so weit entfernt, wie von einer Reise zum Mond.
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