Tempolimit – jetzt
Nachdem sich die Grünen ja schon ewig für ein bundesweites Tempolimit groß machen, hat Sigmar Gabriel letztlich auch mal einen raus gelassen und meint, dass 120 Km/h auf deutschen Autobahnen absolut ausreichend sind. Darf er machen, soll er auch. Dass sich der ADAC-Präsident dagegen mokiert, war zu erwarten. Die Waffenlobby in der USA findet es auch doof, wenn plötzlich kleinen Mädchen keine pinkfarbenen Sturmgewehre mehr verkauft werden sollen. NW-News: ADAC-Präsident Meyer kritisiert Tempolimit auf Autobahnen als „Wahlgetöse“
… „Auf Basis der aktuell vorliegenden Daten und Fakten kann und wird der ADAC Bestrebungen noch mehr Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuführen nicht zustimmen“, fügte Meyer hinzu … Wirklich verwunderlich, dass jemand der sein Geld durch Autos und deren freie Fahrt verdient, einem Tempolimit nicht zustimmen will. Hätte ich nicht gedacht. Würde die Presse den ADFC-Präsidenten befragen, sähe es anders aus. Beim VCD warscheinlich auch und eine repräsentative Umfrage unter Einradfahrern würde garantiert auch andere Ergebnisse liefern.
Ich bin ewig und drei Tage gegen ein Tempolimit gewesen. Ich fahre gerne schnell, ich fahre überhaupt gerne Auto und wenn es der Verkehr zulässt, dann trete ich auch mal auf’s Gaspedal und freue mich. Aber: es macht keinen Sinn. Das ist Spaß haben und nichts anderes. Und als Spaß sehe ich den motorisierten Individualverkehr inzwischen nicht mehr an. Dazu ist es zum einen zu gefährlich, zum anderen kostet es zuviel. Die letzten Urlaubsfahrten in das europäische Ausland haben mir eindrucksvoll gezeigt, dass Tempolimits gut sind. Wenn ich mit dem Hänger (und ohne übrigens auch) Richtung Süden fahre, dann beginnt die Entspannung mit dem Passieren der Grenze nach Östereich oder der Schweiz. Danach ist überall die Höchstgeschwindigkeit limitiert. Klar gibt es da auch welche die zu schnell fahren, aber auf anderem Niveau. Insgesamt kann ich da mit dem Wohnwagen ganz entspannt mitschwimmen.
Auf der Rückfahrt beginnt ab den ersten deutschen Verkehrszeichen die wilde Hatz. LKW überholen ist dann nur noch unter größter Vorsicht möglich, weil alle Nase lang von hinten Vollhonks angeschossen kommen, die meinen die linke Spur sei für sie reserviert – übrigens nicht nur Deutsche. Gerne auch die Bewohner der tempolimitierten Nachbarländer. Das dämliche Stammtischgerede „Dann fahr halt rechts.“ geht natürlich komplett an der Sache vorbei und taugt nicht mal mehr zum aufregen. Das zeigt nur, wie einfältig der Diskutant ist. Wenn ich einen LKW der 90 fährt mit dem Gepann überhole, dann kann ich das legal mit maximal 10 Km/h Geschwindigkeitsüberschuss machen. Das dauert nunmal. Und wenn ich mit dem PKW 120 fahre und überhole den gleichen LKW, dann dauert das auch. Verstehen tut das niemand der notorischen Linksfahrerlichthupenbetätiger und Stoßstangendrängler.
Ja, 120 Km/h reicht völlig aus. Das ist exakt die Geschwindigkeit, die mein Garmin für die Berechnung der voraussichtlichen Reisezeit heran zieht und das passt immer ziemlich genau. Wenn ich dem Yeti dann mal unvernünftigerweise die Sporen gebe, hole ich auf der Strecke Lörrach – Oeynhausen vielleicht 20 Minuten raus. Muss danach das T-Shirt in die Wäsche geben, weil es durchgeschwitzt ist, habe höheren Blutdruck, deutlich höheren Spritverbrauch und wahrscheinlich einige Stinkefinger und „Vogel zeigen“ kassiert. Macht das Sinn – für 20 Minuten? Und wenn nun einer dieser Dauerraser behauptet, er wäre ganz entspannt, nun, warum licthupt er dann, warum überholt er unter sichtbarem Ausrasten rechts, warum ist sein Gesicht so verzogen?
Tempolimit, jetzt.
Ich bin für verkehrsbedingte Tempolimits wie auf der A2 Richtung Hannover, so macht es Sinn!
Das war wirklich eine tolle Aktion der SPD: Erst bringt man das Tempolimit ins Gespräch und macht sich somit für die Gegner des Limits unwählbar. Dann schießt man kräftig dagegen und zeigt den wenigen Befürwortern, dass es mit der SPD nicht zu erreichen ist. Dieser Verein möchte wohl mit allen Mitteln in der Opposition bleiben …
Viel schlimmer finde ich aber, dass damit einer sachlichen Diskussion über Tempolimits massiv geschadet wurde. Eben ‚mal schnell ‚was raushauen, ebenso schnell ‚mal eben dagegen schießen und das Vorhaben völlig unmöglich machen — tolle Nummer. Und ganz ehrlich: auch als starker Befürworter einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen muss ich anmerken, dass das die unwichtigste Baustelle ist. Die Autobahnen sind bereits relativ sicher; der Effekt läge tatsächlich eher auf Seiten des von Dir geschilderten Stresses und allgemeinen Verkehrsklimas. Und eben auf umwelt- und wirtschaftspolitischer Seite (sparsame aber nicht so geschwindigkeitspotente KFZ hätten eine größere Chance am Markt).
Viel wichtiger ist in meine Augen eine Reduzierung der bestehenden Tempolimits innerorts und außerorts (Landstraße). Innerorts generell Tempo 30 (nur auf ausgewählten einzelnen Straßen als Ausnahme 50 km/h) und außerorts generell 80 km/h (auch hier nur ausnahmsweise auf dafür geeigneten Strecken 100 km/h). Tatsächlich sind die meisten Landstraßen überhaupt nicht für Tempo 100 geeignet, aber nur bei einigen davon gelten jetzt örtliche Tempolimits. Tempo 30 innerorts wird inzwischen sogar von der Gewerkschaft der Polizei unterstützt und würde sowohl Unfälle als auch Unfallfolgen deutlich verringern bzw. abmildern.
Das sind die beiden wirklich wichtigen Baustellen, wenn es um Tempolimits geht; Tempo 120 auf Autobahnen ist derzeit Aktionismus.
Schade eigentlich.
> Tempolimit, jetzt.
Ja, überall.