Radverkehrspolitik

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Gestern habe ich mich nach dem Finanzausschuss noch mit einigen anderen Radfahrern aus Bad Oeynhausen in der Druckerei gertroffen und ein bisschen geplaudert. Es ging um ein gegenseitiges Kennenlernen und Interessen abklopfen. Was möchte man, was kann man und wo möchte man grob hin in Bad Oeynhausen mit dem Radfahren und den Radfahrern. Ich war erfreut, dass es doch einige gibt, die die aktuelle Situation genauso wahrnehmen wie ich und die Ausrichtung unseres gerade neu zum Heilbad gekürten Oeynhausen auf den automobilen Verkehr als kontraproduktiv für die deutlich umwelt- und gesundheitsschonende Nutzung des Rades ist. Ich möchte ergänzen, dass eine Steigerung der Radverkehrsquote auf lange Sicht natürlich auch das Stadtsäckel entlastet. Ein Fahrrad verschlechtert die Substanz der Fahrbahnen nun mal deutlich weniger als ein großes Auto. Da beisst die Maus kein‘ Faden ab! Und nein, niemand möchte zusätzliche, untaugliche Infrastruktur – sprich: Radwege – haben.

Wir werden uns jedenfalls regelmäßig zusammensetzen und versuchen das Radfahren mehr in die Öffentlichkeit von Bad Oeynhausen zu tragen. Im Moment passiert – das muss ich leider so deutlich sagen – so gut wie nichts! Ich erinnere mich noch an die Aussage eines Fraktionsvorsitzenden von Ende 2008, welcher in einer Sitzung prognostizierte „In 2009 werden wir das Siegel ‚fahrradfreundliche Stadt‘ erhalten!“. Damals habe ich die komplette Fehleinschätzung bereits persönlich kommentiert und sehe mich den letzten Jahren bestätigt. Es fehlt aktuell der Wille in der Politik und in weiten Teilen der Verwaltung, den Radverkehr als gleichberechtigten Teil neben den Götzen „Auto“ zu stellen. Schlimmer noch, es fehlt nicht nur der Wille, es fehlt auch weitestgehend das Wissen, was ein Alltagsradfahrer überhaupt möchte. Vielleicht kann man das über regelmäßige externe Kommunikation verbessern.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

4 Kommentare zu „Radverkehrspolitik

  1. Das Treffen in der Druckerei war prima. Ich habe mich im vergangen Jahr nur im Bad Oeynhausener Bereich mehr als 3000 km auf meinem Rad bewegt. Das ist schon ein Abenteuer. Neben erheblichen Mängeln und Gefahrstellen an Radwegen ist auch die restliche Infrastruktur eher ein Witz. Z.B. Radständer!? Was ist das…. Bei vorhandenen Radständern darf ich dann vor meinem Rad niederknien um es einigermaßen sicher anzuschließen. Selbst Geschäftsleute die mir etwas verkaufen wollen und ein Interesse an mir haben dürften sehen mich als Radfahrer nicht als ihren Kunden.
    Wie oft darf ich im Regen erst mein Rad trockenputzen um es zu nutzen. So ein Auto steht trocken und besser geschützt in Parkhäusern und Tiefgaragen. Aber was sage ich – ich habe letztens nicht mal vor dem Rathaus I einen Fahrradständer gefunden.
    Wie man damit fahrradfreundliche Stadt werden will ist mir schleierhaft. Wahrscheinlich wurden die Grundlagen für eine fahrradfreundliche Stadt von Autofahrern geschaffen die mit „fahrradfreundlich“ meinen wenn das Rad im Keller unbenutzt bleibt.
    Als Anregung sollten wir der Stadt ein verbogenes Rad verleihen……

  2. „Fahrradfreundliche Stadt“ ist übrigens das genaue Gegenteil von dem, was man im Wortsinne darunter versteht. Kann ich jeden Tag in Köln und Bonn erleben. „Infrastruktur“ für Fahrräder gibt es (mit Ausnahme von Fahrradständern) eigentlich gar nicht. Im Gegenteil: man müsste die vorhandene behindernde und gefährdende „Fahrradinfrastruktur“ zurückbauen, damit es fahrradfreundlich wird.

  3. Nein, das mit der „fahrradfreundlichen Stadt“ stimmt nicht. Ich kenne die Ablehnung, die Bad Oeynhausen von der AGFS bekommen hat und darin geht es nur ganz am Rande um zu bauende Radwege. Es geht um Kommunikation und den Willen etwas zu ändern. Das ist für manchen Politiker schwer zu verstehen. Die können nur etwas machen, wenn man es danach anfassen kann – leider!

    • Nun ja, Bonn und Köln sind beide „Fahrradfreundliche Stadt in NRW“. Kommunikation wird lediglich vorgetäuscht, ist praktisch aber einseitig, die Radfahrer nicht ernst nehmend und hinhaltend. Das Kölner Modellprojekt „Velo2010“ wurde deswegen sogar vom ADFC (und das will ‚was heißen) verlassen (s. http://www.radfahren-in-koeln.de/2013/04/04/preisgekrontes-versagen/ ). Den Willen, etwas wirklich zu ändern, vermisse ich in beiden Städten ganz massiv. Bonn war diesbezüglich ‚mal anders (in den 1980ern), aber alle damaligen „Wohltaten“ sind nach heutiger Erkenntnis eben gefährlich, aber man will daran nichts ändern. Es werden Radwege gebaut, die unter aller Kanone und gefährlich sind, aber sie sind (neben den neuerdings in Bonn propagierten und völlig überflüssigen und wertlosen „Fahrradstraßen“) das einzige, was tatsächlich gemacht wird. Zum (lebensgefährlichen!) Nachteil der Radfahrer.

      In beiden Städten bin ich aus beruflichen und privaten Gründen oft mit dem Fahrrad unterwegs, und es ist der Horror.

      Dagegen gibt es in meinem Wohnort Sinzig außer diesen dämlichen kleinen Touristik-Fahrrad-Wegweiserchen und einem einzigen auf die Fahrbahn aufgepinselten Radweg keine „Infrastruktur“, und man macht sich (so scheint es auf den ersten Blick) keine allzu großen Gedanken um Radfahrer. Tatsächlich ist es erklärte Linie im Verkehrskonzept der Stadt, möglichst wenig Regulation und Beschränkungen (für alle) zu praktizieren; die meisten Einbahnstraßen sind für Radfahrer freigegeben, am Bahnhof stehen tatsächlich gute Fahrradständer — und das war’s. Dafür dürfen auch die Autos in die Innenstadt (verkehrsberuhigter Bereich), fast alle Ampeln sind abgeschaltet und durch Kreisverkehr ersetzt usw. Es ist eine im Gesamtkonzept (ohne irgendeine Verkehrsart besonders zu umwerben) stimmige Linie für eine Kleinstadt. Hier fährt es sich wesentlich entspannter und sicherer. Und wenn ich ‚mal etwas nachhake (z. B. warum VZ 250 aufgestellt wurde und nicht VZ 260), so wird entsprechend reagiert. Gilt jedoch wirklich nur für die Stadt; das Umland und die (vergleichbar großen) Nachbarstädte sind ausschließlich autoorientiert. Ich bin mir sicher, dass gezielte Bemühungen, „etwas für Radfahrer“ zu tun, ähnlich schlechte Konzepte wie in Köln oder Bonn ergeben würden.

      Ich bleibe bei meinem Fazit: „Fahrradfreundliche Stadt“ ist ein Etikettenschwindel, der nur angeblich fahrradfreundlich ist, tatsächlich aber nicht die wirklichen Probleme angeht. Sollte man nach meinen Erfahrungen nicht anstreben.

      Solch ein Projekt, wie Ihr es nun als Interessensgruppe aufziehen möchtet, erscheint mir sehr sinnvoll. Hängt aber eben auch wieder von den Leuten ab, die da mitmachen. Ich wünsche Euch viel Erfolg.

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