Fahrradfahren wird teurer?

Nö, nicht wirklich. Und ich muss mich für die gerade beschlossenen Erhöhungen der Bußgelder auch kein bisschen umstellen oder mein Verhalten ändern. Ist genau wie beim Autofahren. Auch dort habe ich es komplett selbst in der Hand, ob ich zusätzlich zu Sprit- und Anschaffungskosten, Versicherung und Steuern auch noch Bußgelder bezahlen möchte. Niemand zwingt mich dazu, geblitzt zu werden. Nicht anders ist es beim Radfahren. Niemand zwingt mich dazu, in die verkehrte Richtung zu fahren, das Licht nicht einzuschalten oder eine rote Ampel zu missachten. Tatsächlich wissen dies die Meisten und halten sich daran. Das bestätigt z.B. auch die Polizei bei ihren groß angelegten Lichtkontrollen. Hier im Kreis fahren regelmäßig unter 10% der überprüften Radfahrer ohne Licht. Soviele kaputte Frontbeleuchtungen sehe ich zur Zeit auch bei Autos. Der Anteil der Autos, die bei regelmäßigen Überprüfungen nicht durchkommen (-> TÜV) ist übrigens höher.

Sei’s drum. Man hat nun beschlossen, die Bußgelder für Verkehrsverstöße auf dem Fahrrad zu erhöhen. Und soll ich was sagen: gut so! Noch besser fände ich es, wenn das nun auch mal kontrolliert und durchgesetzt wird. Ich wünsche mir jeden Morgen Polizei an der Eidinghausener Straße, die die verblödeten Geisterfahrer schnurstracks auf die andere Seite schickt. Boah, und das aus dem Mund eines überzeugten Fahrradfahrers? Na klar. Warum auch nicht?

Was mir aber tierisch auf den Senkel geht, ist die Berichterstattung dazu. Die Presse bejubelt teilweise geradezu, dass die „Rüpel-Radler“, „Rad-Rambos“ und „Fahrrad-Rowdys“ nun aber endlich mal so richtig zur Kasse gebeten werden. Auch unsere Lokalpostille breitet die neuen Tarife auf der Titelseite aus. Vergisst dabei aber völlig zu erwähnen, dass gleichzeitig die Konditionen für das verbotene Zuparken von Radwegen durch Autofahrer ebenfalls teurer werden. Passt natürlich nicht ins Bild. Wo kommen wir denn da auch hin, wenn in der Zeitung stehen würde, dass Radwege von Autofahrern zum Parken benutzt werden und dass das sogar verboten ist. Vielleicht müsste die Presse dann auch erklären – oder besser: erstmal verstehen – warum man als ernsthafter Fahrradfahrer unter Umständen doch lieber die Fahrbahn benutzt.

Vielleicht müsste sich dann auch mal grundsätzlich mit der Thematik beschäftigen und die eigenen Artikel richtig lesen. Dann würden auch die Lokalblätter bemerken, dass die Sache mit dem Licht laut den eigenen Veröffentlichungen nicht stimmen kann. Es ist aber bequemer auf dem umweltfreundlichsten und effizientesten Verkehrsmittel rum zu hacken, wenn man im Rücken die große Autofahrerlobby weiß. Auch das Unfälle mit dem Rad eher glimpflicher ausgehen als mit dem Auto und zudem größtenteils durch die motorisierten Verkehrsteilnehmer verursacht werden, kommt bei den Autofahrern schlecht an. Darum lieber schreiben, dass Radfahrer böse sind und in Zukunft richtig zur Kasse gebeten werden. Ein Appell an die Kurzstrecken-Ein-Personen-Autofahrer, doch einfach mal die 4 Kilomter ins Büro, den 1 Kilomter zur Grundschule oder die 500 Meter zum Bäcker mit dem Rad oder gar zu Fuß zurück zu legen wäre hilfreich, umweltfreundlich, verkehrsentschleunigend, Geld sparend, Gesundheit fördernd, Unfallzahlen verringernd, Todesfälle reduzierend – aber leider nicht lobbykonform.

Und in Deutschland hört sowohl die Politik als auch die Presse nur auf Lobbyisten. Leider.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

2 Kommentare zu „Fahrradfahren wird teurer?

  1. Im Prinzip stimme ich Dir zu: Man hat es selbst in der Hand, sich an Regeln zu halten und diese Bußgelderhöhungen gelassen zu sehen. Ich habe jedoch ein großes Problem damit, dass ich ein Bußgeld bezahlen soll, weil ich einen benutzungspflichtigen Radweg ignoriere (und entgegen der vereinfachenden und somit verfälschenden Berichterstattung ist nur das Ignorieren *benutzungspflichtiger* Radwege bußgeldbewehrt), andererseits aber die rechtswidrige Anordnung einer Benutzungspflicht sowohl für die Anordnenden folgenlos bleibt als auch für die Radfahrer nur mit viel Aufwand zu beseitigen ist. _Das_ ist nicht das, was ich unter Rechtsstaatlichkeit verstehe. Wer mich durch die Anordnung von Benutzungspflichten vermeidbaren Gefahren aussetzt, sollte genauso belangt werden wie derjenige, der diese Gefahren und Behinderungen vermeiden möchte und auf der Fahrbahn fährt (und damit niemanden gefährdet).

  2. Ich denke, wir sind da einer Meinung. Ich find egrundsätzlich können alle Bußgelder erhöht werden, da m.M.n. in Deutschland für Verkehrsverstöße lächerlich geringe Strafen verhängt werden – weshalb alle das auch mehr oder weniger als Kavalliersdelikt ansehen und es in der Praxis so ist, wie es ist.
    Die hier angeordneten Benutzungspflichten sind teilweise wirklich nicht verständlich – dass die Anordnenden sich nicht rechtfertigen müssen, sondern in den meisten Fällen dickfellig zurücklehnen, ärgert mich auch. Ich arbeite dran ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*