Demokratieverständnis
Beschlüsse werden in der Kommunalpolitik im Rat und den Ausschüssen gefasst. „Rat“ kommt von beraten, sowohl untereinander, als auch gegenüber anderen. Es kommt sicher nicht von „raten“ im Sinne von Ratespielen. In den letzten Monaten, so ungefähr seit einem Jahr, scheint dies in Bad Oeynhausen aufgehoben. Da wird sich im Rat und den Ausschüssen nicht mehr ausgetauscht und beraten. Dieser Austausch findet ganz offensichtlich außerhalb der Gremien statt.
Wenn man wie zuletzt im Finanzausschuss zu einem Thema die Hand hebt, dann muss man sich danach in der Zeitung informieren, wie dieser Beschluss interpretiert – und im Zweifel sogar ins Gegenteil verkehrt wird. Ich finde das äußerst unbefriedigend. Die beiden großen Fraktionen bestreiten es zwar mit Nachdruck, aber de facto haben wir es seit einem Jahr mit einer großen Koalition in Bad Oeynhausen zu tun, die es bravourös schafft, wirklich jede Veränderung zu verhindern. Entscheidungen werden hinter den Kulissen besprochen. Alles bleibt beim Alten. Und das ist nicht der Tatsache geschuldet, dass alles gut ist, wie es ist. Man muss dann ganz schlicht und ergreifend niemanden Rechenschaft ablegen oder Entscheidungen erklären – womöglich sogar dazu stehen.
Ins Bild passt dann natürlich auch, dass man sich dagegen ausgesprochen hat, die Listen der namentlichen Abstimmungen im öffentlichen Teil eines Ausschusses/des Rates auch wirklich an die Öffentlichkeit zu geben. Man fürchtet „Agitation“ … Auch möchte man nicht, dass Sitzungen der gesamten Öffentlichkeit durch Übertragungen zugänglich gemacht werden. Womöglich müsste man sonst erklären, warum der Alternativvorschlag zur Translozierung der Hofwassermühle nicht – wie in der Ratssitzung am 07.11. auf meine nachdrückliche Frage vom Bürgermeister und dem Fraktionsvorsitzenden der CDU ebenso nachdrücklich bestätigt – am 05.12. im Kulturausschuss vorgestellt wurde. Im Rat am 12.12. sagte der Bürgermeister darauf angesprochen nur „Och, das habe ich anders verstanden.“ Herr Nagel schwieg gar komplett.
Ich kann z.B. auch nicht verstehen, dass im Finanzausschuss etwas beschlossen wird – nichtöffentlich natürlich – und dies dann kurz darauf in der Presse um fast 180° gedreht dargestellt wird. „Irgendeiner steckt es der Presse schon“ war in der Sitzung gegen Ende zu hören. Nun ist mir auch klar, warum sich dagegen ausgesprochen wurde, den Beschluß ganz offiziell zu veröffentlichen. Man kann dann ja nicht mehr „stecken“ wie es gefällt. Noch vor Jahresfrist haben sich alle Fraktionen in der „Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung“ dafür ausgesprochen, die Bürgerhäuser auf den Prüfstand zu stellen und im Besonderen den Harrenhof sowie das Wasserschloß Ovelgönne als defizitäre Objekte abzustoßen.
Der Vorsitzende des Sportausschusses hat das Geld für das Wasserschloss sogar im Finanzierungsplan für sein zweitliebstes Kind „Umbau Stadion an der Mindener Straße“ verplant. Warum er dann quasi am nächsten Tag einen Antrag stellt, dass Schloss auf jeden Fall im Besitz der Stadt zu belassen, wird sein Geheimnis bleiben. Plötzlich und unerwartet schlägt ganz offensichtlich das Meinungsbild auch bei anderen um, und entgegen dem Beschluß wird verkündet „Der Verkauf ist vom Tisch!“, das Verfahren „erst mal angehalten“. Schön garniert mit dem Feigenblatt eines Ausschusses … in dem etwas anderes beschlossen wurde.
Inzwischen sind die ersten kritischen Stimmen zum Verkauf des Harrenhof in der Presse. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis SPD und CDU wieder telefonieren, sich dann als Retter der Kultur präsentieren und den Harrenhof weiter als Geldfresser im Eigentum der Stadt belassen. Bloss nicht anecken oder Wähler erschrecken. Vielleicht schickt man auch die FDP wieder vor und versteckt sich hinter einem Antrag der Liberalen. Klappt ja mit dem Wasserschloss ganz hervorragend! Da wird dann einem Gastronom das Gewerbe durch die Stadt finanziert. Gibt es viele Gaststättenbetreiber, denen von der Stadt die Pacht bezahlt wird? Ich glaube nicht. Aber wenn man das alles schön so lässt, dann muss man nicht zu seinen Entscheidungen stehen. Man spart zwar kein Geld – im Gegenteil – man hat aber auch keine Diskussionen. Und zusätzlich noch einen netten Artikel in der Hauspresse, was man alles geschafft hat. Das so ein Verhalten den Bürger jeden Monat bares Geld kostet, wird hübsch verschwiegen. Auch im Geld ausgeben sind die Großen groß.
Diese augenscheinlichen Absprachen außerhalb des Rathauses werden dann – Fraktionszwang sei Dank – nachträglich legitimiert. Aus den Reihen der Rats-SPD wurde ich letztlich angesprochen „Wie seht ihr das mit dem Schloß? Das muss doch weg, oder?“ (und ich gebe das hier sehr gemäßigt wieder) … ja sicher sehen wir das so. Ich wette, die SPD wird sich aber einstimmig für den Erhalt aussprechen. Niemand wird aus der vom Fraktionsvorsitzenden mit dem Koalitionär ausgehandelten Linie ausscheren. Und wieder werden wir einen Klotz am Bein behalten. Tafelsilber nennt man das. Wenn man genug Geld hat, sein Silber zu putzen, ist das auch ganz schön. Ansonsten tut man besser daran, sein Silber für sich arbeiten zu lassen. Das gelingt Bad Oeynhausen unter der Regierung der „großen Koalition“ allerdings ganz und gar nicht.
Das Tafelsilber Hockeyplatz möchte man z.B. verkaufen, um das Geld gleich wieder im Hirngespinst „Sportpark“ an der Mindener Straße zu versenken. Der Platz erlöst nur einen Bruchteil der Millionen, die benötigt werden damit ein Fußballverein einen zusätzlichen Kunstrasenplatz bekommt. Ob der eine Verein auch die Konkurrenz auf „seinen“ Platz lässt? Weiterhin wird die Sportpauschale auf Jahre hinaus allen anderen Vereinen (auch Nicht-Fußballern) weggenommen und ausschließlich in ein einziges Objekt gesteckt. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Schnapsidee physisch nur unter engsten Bedingungen zu realisieren ist, wurde auch hier dank der „großen Koalition“ nicht ein einziger Alternativvorschlag geprüft und gerechnet. Null Komma nix, zack mit einem Handstreich vom Tisch! Wäre das gemacht worden, hätte man sicher große Erklärungsnot, warum man die viel günstigeren und sinnvolleren Möglichkeiten einen Kunstrasenplatz zu realisieren nicht umsetzen möchte.
So wird das nichts in Bad Oeynhausen …
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