Ideenlosigkeit bei der Polizei
Es fängt wieder an: das Frühjahr. Und damit kommen vermehrt die Radler aus den Kellern, in denen sie den vermeintlich unbefahrbaren Winter verbracht haben. Richtig ist, dass nun auch wieder Horden von Schülern Radwege in der verkehrten Richtung befahren und richtig ist auch, dass das saugefährlich ist. So schreibt den auch die Polizei Löhne heute in der NW: NW vom 01.05.2010: Ein Projekt der Polizei soll Radfahrer über Gefahren im Verkehr aufklären
Radfahrer leben gefährlich. Einerseits sind sie gleichwertige Teilnehmer im Straßenverkehr. Andererseits ziehen sie gegen Autos zwangsläufig den Kürzeren. „80 Prozent der Radfahrer, die in Unfälle verwickelt sind, werden verletzt. 30 Prozent davon schwer“, Klar, plakativ damit anfangen, dass man als Radfahrer ständig mit einem Bein im Krankenhaus steht. Radfahrer leben gefährlich. Wie schlimm das ist, wird gleich mit Zahlen untermauert. Die man aber auch ganz anders lesen kann: bei 20% aller Fahrradunfälle passiert gar nichts und nur etwas weniger als ein Viertel aller verunfallten Radfahrer verletzt sich dabei schwer. Der Rest sind Schrammen und Abschürfungen. Natürlich hört sich das nicht so brisant an.
Was diese Aussage aber letztendlich völlig uninteressant macht ist, dass man überhaupt gar nicht weiß, wieviel Prozent aller Radfahrer überhaupt verunfallen. Dazu schweigt sich die Polizei aus. Die 80% Verletzten beziehen sich nur auf die Menge der Verunfallten, wie groß die Menge der Verunfallten an der Menge der gesamten Radfahrer ist … Schweigen im Walde. Wenn die Polizei das ungefähr beziffern würde, könnte müsste man den dramatischen Eingangssatz nämlich streichen. Radfahrer leben nicht gefährlicher als jeder andere Verkehrsteilnehmer auch … eher weniger.
Schön deutlich wird das dann bei den Unfallzahlen: „Es gibt keine Schicht, in der wir nicht tätig werden müssen“, erzählt Olaf Palsbröker aus seinem Berufsalltag. Er ist einer von zwei Polizisten, die in Löhne regelmäßig mit dem Fahrrad Streife fahren. Radler, die gegen die Regeln verstoßen, halten sie an. So soll die Anzahl von Radlerunfällen verringert werden. Denn die hat zugenommen. Kam es 2008 im Bereich der Polizeiinspektion Bünde noch zu 96 Unfällen, stieg die Zahl 2009 auf 121. Es sind offensichtlich nicht viele Schichten, die in Löhne mit dem Rad gefahren werden. Denn bei 121 Unfällen im Jahr, sind das ja mal gerade nur jeden 3. Tag einer. Macht mit den Zahlen von oben knapp 30 schwer verletzte Radler pro Jahr im Einzugsbereich der Bünder Polizei (wieviele sind das dann in Löhne?). Das ist nicht schön – aber es ist angesichts der Menge an Radfahrern eher nicht als Rechtfertigung für „Radfahrer leben gefährlich“ zu gebrauchen.
Und was tut die Polizei um diese niedrigen Zahlen noch weiter zu verringern? Klar, das gleiche wie immer: die Radfahrer werden „sensibilisiert“. Die, die am wenigsten zu den schweren Verletzungen beitragen. Denn ein Alleinunfall mit dem Rad ist in den seltensten Fällen wirklich schlimm. Und auch Begegnungen unter Radlern verlaufen meist glimpflich. Erst wenn motorisierte Fahrzeuge ins Spiel kommen, wird es kritisch. Leider habe ich auf deren Verhalten als Radfahrer keinen Einfluß. Da könnte die Polizei tätig werden – wird sie aber nicht.
Statt dessen gibt es Aufklärungskampagnen … bei denen die Schüler über die Wichitgkeit von Helm und Beleuchtung aufgeklärt werden, bevor etwas passiert. „Der Tenor dieses Projektes soll sein, dass solche Verstöße keine Lappalien sind“, Sehr gut gemacht, ich könnte es nicht besser. Wer keinen Helm trägt, begeht einen Verstoß! Bei dem tragischen Unfall mit Todesfolge vor knapp 2 Wochen, äußerte sich die Polizei in einem Kommentar in der NW sehr zurückhaltend bis verneinend zur vermeintlichen Schutzwirkung des nicht getragenen Helmes. Ich will beim Helmtragen nicht missionieren, nur klärt die Polizei bei das Thema m.E. deutlich falsch auf!
Auch das eigentliche Problem der Geisterradler wird nicht ansatzweise angeschnitten und auch nirgends sonst kritisiert Radler, die von der falschen Seite kommen, würden
von Autofahrern oft nicht bemerkt und hätten bei einer Kollision das Nachsehen. Viel schlimmer ist der Gegenverkehr durch Radler und Fußgänger.
An Einmündungen werden Radfahrer von Autofahrern übersehen, egal von welcher Seite sie kommen. Und was das Ganze noch viel, viel blöder macht, sind die Verwaltungen die dieses „gegen die Fahrtrichtung fahren“ durch Benutzungspflichten noch forcieren. Denn natürlich ist es eben nicht überall verboten auf der falschen Seite zu fahren. Kommunen schreiben dies sehr, sehr oft sogar vor! Wie soll sich ein Autofahrer darauf einstellen, wenn nicht durch beständiges Beobachten des Verkehrs auch in die andere Richtung.
Die Hinweise der Polizei bezüglich der falschen Fahrtrichtung sind also grundsätzlich richtig, nur leider kein Stück zielführend. Korrekt wäre es, wenn die Autofahrer sensibilisiert würden, auch auf von rechts kommende Radfahrer zu achten – immer! Ich behaupte, dass nicht mal 5% der Autofahrer wissen, ob an der jeweiligen Einmüdnung ein Radweg, ein benutzungspflichtiger oder gar ein zur linksseitigen Benutzung freigegebener Radweg angelegt ist. Das ist das Problem! Und es macht mich stinksauer, dass genau das von der Polizei so beständig und gerne ignoriert wird. Warum gehen die nicht zu den Verwaltungen der Baulastträger und mokieren sich dort über linksseitige Benutzungspflichten, wenn das doch soooo gefährlich ist?
So ist es leider jedes Jahr das gleiche mit der polizeilichen „Aufklärung“. Adressaten sind immer die Falschen. Und das ich damit Recht habe, zeigen die von der Polizei selbst genannten, steigenden Unfallzahlen.
Schreibe einen Kommentar