Radwegeausbau contra Straßenunterhaltung
Heute hatte das Westfalen-Blatt wieder ihre Rubrik „Bürgermeister-Kandidaten antworten“ im Lokalteil. Ganz gut, um sich ein Bild davon zu machen, was die einzelnen Anwärter so denken. Allerdings hätte man die heutige(n) Frage(n) den Redakteuren eigentlich um die Ohren hauen müssen: – Wie viele Kilometer fahren Sie selbst in der Woche mit dem Rad und/oder Auto?
– Und Sie haben nur eine Möglichkeit, Geld auszugeben: Würden Sie das eher für den Radwegeausbau oder eher für die Straßenunterhaltung tun? Die Art der Verkehrsnutzung ist ja noch halbwegs interessant, obwohl da ja niemand sagen wird „Ich kann Fahrradfahren absolut nicht leiden!“ … entweder kommt man aus beruflichen Gründen nicht dazu, oder es kommt leider zu kurz. Geschenkt.
Interessant ist jedoch Teil 2, denn hier zeigt sich, dass die Redakteure des Westfalen-Blatt nicht ganz sattelfest sind, was die Begrifflichkeiten angeht, noch die aktuelle Diskussion um die „fahrradfreundliche Stadt“ verfolgt haben. Und das, obwohl sie unlängst einen guten Artikel über eine Ortsbesichtigung der AG Sicherheit im Blatt hatten.
Zunächst ist „die Straße“ erstmal das ganze Bauwerk. Dazu gehört neben dem Gehweg auch ein evtl. Radweg und natürlich – und das meinte die Zeitung wohl – die Fahrbahn. Wenn man sich also um „die Straße“ kümmert, bezieht das alles ein.
Wahrscheinlich traute man sich nicht ganz konkret zu fragen, was eigentlich gemeint war: Würden Sie den Radverkehr fördern oder lieber den motorisierten Verkehr beschleunigen? Möchten Sie eine positive Klimaveränderung, oder sollen noch mehr fossile Brennstoffe verbraucht werden? Möchten Sie eine Entschleunigung des KFZ-Verkehrs zu Gunsten der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern, oder geht es Ihnen darum, dass man mit dem Auto möglichst schnell voran kommt?
Erwartungsgemäß kommt die vernünftigste Antwort vom Bürgermeisterkandidaten der Grünen. Klar, dort geht es um Klimaschutz und das Ziel „Fahrradfreundliche Stadt“ ist Parteiprogramm – und u.a. deshalb mische ich genau dort mit ;-) [Es] geht nicht um ein Entweder-Oder. Das Rad muß ein selbstverständliches Verkehrsmittel in Oeynhausen werden, auch auf Straßen ohne Radwege. Überraschenderweise äußert sich unser aktueller Bürgermeister Klaus Müller-Zahlmann ähnlich ausgewogen. Da hat er ja doch einige der Dinge, die ihm in den letzten Jahren penetrant ;-) zugestellt wurden, wahrgenommen und verinnerlicht. Finde ich gut. Muß er jetzt nur noch Taten folgen lassen.
Holger Diekmann (CDU) fährt regelmäßig Fahrrad und freut sich über jeden Fahrradweg in der Stadt. Damit ist er fahrradpolitisch nicht wählbar und hat sich wahrscheinlich noch nicht damit beschäftigt wie man fahrradfreundlich wird. Vielleicht mal beim ADFC nachfragen. Seiner Meinung nach sind Fahrradwege sinnvolle Maßnahmen für mehr Sicherheit im täglichen Straßenverkehr. Damit ignoriert er alle Unfallstatistiken und Veröffentlichungen zu dem Thema und natürlich auch die Forderungen des ADFC.
Herr Breitenkamp (FDP) fährt leider viel zu wenig Rad und findet im Übrigen, dass für den Radwegebau zuletzt sehr viel Geld ausgegeben wurde und dass deshalb nun die Straßen (er meint sicher auch die Fahrbahnen) dran sind. Nun fein, das finde ich gut. Solange er desolate Radwege nicht instand setzt, muß man die auch nicht benutzen und dann sind wir ja genau da, wo ich hin will. Weiter so!
Herr Kuhn (UW) findet Radwege auch toll, hofft aber, dass er sich in so einem Fall nicht entscheiden müsste. Die von ihm angesprochenen unzureichenden Bedingungen sind tatsächlich gegeben, aber eben nicht allein durch ingenieurstechnische Leistungen aus der Welt zu schaffen.
Tja, und Frau Runkel (völlig parteilos für die BBO) ist der Meinung, dass unsere Gesellschaft nunmal Individualverkehr erzeugt und die Wirtschaft nur dann funktioniert, wenn man motorisiert störungsfrei fließend voran kommt. Wie sie auf das dünne Brett kommt, dass ein vermehrter (denn das passiert doch angeblich, wenn Straßen ausgebaut werden) motorisierter Verkehr für verringerten Lärm, Abgase und Sicherheit sorgen soll, ist mir schleierhaft. Ich hoffe, sie wird nie in die Verlegenheit kommen, für Aufklärung zu sorgen.
Mein Namensvetter Andreas Korff (Die Linke) beginnt akzeptabel und möchte hälftig für Radwege- und StraßenFahrbahnausbau sorgen. Schränkt aber dann ein, dass die Radwege für ihn Priorität haben. Tscha, knapp daneben ist auch vorbei. Radwege sind kein Schutz – dort passieren die Unfälle. Sicher wird es nur, wenn man sich nicht aus den Augen (und dem Sinn) der Kraftfahrer begeben muß. Sprich: wenn man nicht auf einen Radweg gezwungen wird.
Leider haben die Antworten nur eine kleine Überraschung parat gehabt. Bad Oeynhausen ist eben noch nicht so weit, fahrradfreundlich zu werden.
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