Denunziantentum
Nein, ich behaupte nicht, dass das dazu eingerichtet wurde, aber es öffnet Tür und Tor:
Internetwache fahndet nach Amokläufern – „Der Westen“ vom 26.09.2008
In NRW können User verdächtige Personen bei der „Internetwache“ melden. Die Fahnder gehen den Hinweisen nach – und haben so schon einige gefährliche Situationen entschärft. …
Woran erkennen die Fahnder, ob ein Täter es wirklich ernst meinen könnte?
Scheulen: Das können wir nie wissen. Deshalb nehmen die Ermittler jeden Hinweis ernst. Sie überlegen nicht lange, sondern werden sofort aktiv. Na, das ist doch toll! Mir gefällt die Nase des Nachbarn nicht, dann melde ich doch mal, dass er morgen im Einkaufszentrum Amok laufen will. Schnell noch eine Seite im Netz über das offene WLAN gebastelt und zack – Ruhe im Karton. Macht natürlich niemand, so wie niemand die Telefonnotrufe von Polizei und Feuerwehr aus Jux anruft. Oder noch nie jemand vom Nachbarn bei der GEZ angemeldet wurde. Nein, die Menschen sind ja grundehrlich!
200 bis 250 Meldungen gehen pro Monat an die Adresse des LKA … … Nein, das kann alles mögliche sein, von Hinweisen auf rechtsextreme Straftaten bis hin zu Kinderpornografie. Manche beschweren sich einfach nur über den Nachbarshund. Auch Werbe-Mails sind darunter … 250 inkl. Spam also. Ich bekomme ca. 400 bis 500 Mails am Tag inkl. Spam. Da scheint recht wenig zu passieren. Kein Wunder, denn ich glaube es gibt hier noch weniger Amokläufer als Terroristen. Und bei letzteren tut man sich ja schon schwer, welche zu finden. Klappt wahrscheinlich nur deshalb nicht, weil der Bundestrojaner nicht flächendeckend eingesetzt wird werden darf werden kann.
Bei solchen Meldungen frage ich mich, ob die wirklich ernst gemeint sind. Ich habe jedenfalls deutlich weniger Sorge, von einem Amokläufer im Werrepark erschossen oder von einem Terroristen auf dem Blasheimer Markt in die Luft gesprengt zu werden, als im Dunklen zu jeder x-beliebigen Tageszeit im Siel- oder Kurpark überfallen zu werden, weil jemand mein Handy haben will. Letzteres würde ich aber weniger als Amoklauf oder Terrorismus bezeichnen.
Nicht mißverstehen, dass da wer sitzt und Hinweisen nachgeht, ist gut und richtig. Aber ist das nicht sowieso seit jeher Aufgabe der Polizei? Nur weil da jetzt irgendwo „Internet“ dran steht muß man nicht mehr nachdenken? Ich meine, die schreiben das ausdrücklich: … Sie überlegen nicht lange … Ich fühle mich jetzt sowas von sicher!
Nachtrag 22:40 Uhr:
Ich komme gerade aus „Der Baader-Meinhoff Komplex“ und habe während des Films über meinen Eintrag hier nachgedacht. Überlegt ob ich ihn lösche, ändere oder sonstwas, weil ich irgendwie nicht so ganz damit zufrieden bin. Klar muß irgendjemand die Arbeit machen und sich kümmern. Aber solche Pressemitteilungen wirken so hilflos und naiv. Ich meine „Internetwache“? Bitte. Es gibt doch die Polizei und die Kriminalämter. Wenn man denen was mitteilen möchte, dann kann man das jetzt auch schon machen. Nur weil es ein weiteres Kommunikationsmedium gibt – und das nicht erst seit gestern – muß man doch nicht so ein Formular ins Netz stellen und das groß anpreisen als „Internetwache“. Aus der Meldung geht hervor, dass dort tatsächlich bevorzugt Meldungen aus dem Netz eingehen sollen. Und das dort ganz offensichtlich schneller – das meint wahrscheinlich „wir denken nicht lange nach“ – reagiert wird. Aber wird nur bei der „Internetwache“ schneller reagiert? Bedeutet dass, wenn ich so einen Vorfall normal melden würde, würde er dann langsamer bearbeitet? Bemerkt was ich meine? Die „Internetwache“ ist im Prinzip Buzzword-Marketing. Amokläufer, Terror, Internet … alles dabei.
Nachtrag 2 – 27.09.2008 | 09:00
Sehr treffend dazu auch ein kleiner Eintrag beim fefe … heutzutage reicht eben der Verdacht. Wer den geäußert hat, ist erst mal nachrangig. Dahin führen solche Dinge wie das o.a. Formular.
Und dann diese ganzen Äktschn-Filme, die Du so gerne siehst … ;-)
Ich habe den Beitrag noch mal ergänzt, weil ich eben gute 2 Stunden darüber nachgedacht habe. Ich glaube nicht, dass ich es hinbekomme zu beschreiben, warum „Internetwache“ der komplett falsche Weg ist, dass Thema in den Griff zu bekommen.
Und ich stehe etwas auf dem Schlauch. Was haben die Äktschn-Fuime damit zu tun?
Gewaltverherrlichung, das meinte ich. Weil manche Leute doch meinen, wer so was gerne und ausgiebig sieht, bei der nächsten Gelegenheit zum Amokläufer mutiert.
Ansonsten halte ich die „Internetwache“ auch für Schwachsinn. Gut, es gibt Leute, die versuchen, die Seiten der Terroristen zu finden, und die sollen ihre Arbeit auch machen, aber genauer hinsehen sollte man in jedem Fall.
Internetwache ist doch derselbe Quatsch wie diese „Notruf“-Buttons, die Kinder jetzt in Chats drücken sollen.
Die Polizei konnte man schon immer erreichen, per Telefon, und schon lange auch per E-Mail/Webseiten. Warum muß da jetzt so ein Werbebohei um „Internetwachen“ oder „Notruf“-Buttons gemacht werden? Das klingt ja fast so, als hätte man bisher als Internetnutzer keinen Kontakt zur Polizei aufnehmen können.