Runder Tisch "Fahrradfreundliche Stadt Bad Oeynhausen"

Bad Oeynhausen will fahrradfreundlich werden. In der Vergangenheit hat die Stadt versucht das Prädikat zu bekommen und ist damit gescheitert. Die genaue Anzahl der Versuche wurde in den einleitenden Worten nicht genannt, es hörte sich aber nach mindestens zwei Absagen an. Offensichtlich hat man in der Vergangenheit in Bad Oeynhausen also nicht gelernt, was „fahrradfreundlich“ bedeutet. Schön und folgerichtig soll es diesmal anders laufen. Man lud zu einem runden Tisch, um von den Betroffenen selbst und den Verantwortlichen der umliegenden Städte (die teilweise das begehrte Prädikat bereits tragen) zu erfahren, wo die Knackpunkte liegen und was getan werden muss.

Zunächst wurde aufgezählt, was bereits geschehen ist … und leider habe ich mir auf meinem kleinen Zettel zusammenfassend „Nichts“ notiert. Danach wurde aus Minden berichtet, wie man dort fahrradfreundlich wurde und wie man beabsichtigt, es zu bleiben. Ich war etwas überrascht, dass die Verantwortlichen an der Stelle erwähnten, dass neue Radwege nicht das unbedingte Ziel sind, sondern dass man das bestehende Netz in Ordnung hält, auf richtige und korrekte Beschilderung achtet und dass Radfahrer auf der Straße nicht so ganz falsch aufgehoben sind. Mir schien das etwas Neues für die Bad Oeynhausener Verwaltung zu sein.

Danach wurde die eingeladene Runde aufgefordert, in bester Brainstormingmanier auf Kärtchen festzuhalten, was in Bad Oeynhausen verbessert werden soll und muß und was gewünscht wird. Bei ca. 40 Teilnehmern kamen da schnell einige Punkte zusammen. Überhaupt habe ich mich über die große Runde gewundert – in die ich auch nur geraten bin, weil ich mich dreist quasi selbst eingeladen hatte. Ich hegte die Vermutung, dass ansonsten nicht viele Radfahrer anwesend wären. Die anschließende Diskussion der Verbesserungsvorschläge zeigte aber, dass ich mit meinen – hier auf der Seite durchaus schon mal angesprochenen – Punkten nicht ganz einsam bin. Von den unsäglichen Radwegen an Eidinghausener, Detmolder und Steinstraße bis zu den unsinnigen und gefährlichen Markierungen an der Hermann-Löns-Straße wurde alles auch von anderen vorgetragen! Die Forderung der Aufhebung der Benutzungspflicht für etliche Radwege kam nicht nur von mir, sondern auch Vertreter des VCD und ADFC äußerten sich gleichlautend.

Insgesamt erschienen mir die Kritikpunkte zum größten Teil relevant für den alltagsradelnden Teil der Verkehrsteilnehmer. Also die, die das Rad als Verkehrs- und nicht als Freizeitmittel betrachten. Man möchte schnell und bequem von A nach B – mehr nicht. Die Stadt sieht die Sache etwas anders und hob die touristische Infrastruktur hervor. Die ist zwar tatsächlich größtenteils sehr gut befahrbar, aber eben stellenweise auch ziemlich ungewartet, um nicht zu sagen gefährlich. Ein Vertreter der CDU berichtete dazu, ein hoher sechsstelliger Betrag sei für den Ausbau eines sich im Prinzip in gutem Zustand befindlichen (aber etwas schmalen) Stücks des Weserradwegs reserviert. Das ist angesichts der Mitteilung, die gefährlichen Fahrbahnmarkierungen der Hermann-Löns-Straße können aus Kostengründen nicht entfernt werden, mit „fragwürdig“ ziemlich schmeichelnd umschrieben!

Und außerdem sieht man auch schön die (hoffentlich: „bisherige“) Einstellung der Stadt zu „fahrradfreundlich“. Es geht nur um die Außenwirkung und den Tourismus. Der größte und die Stadt verkehrstechnisch u.U. auch entlastende Teil, nämlich die Fahrradfahrer als normale Verkehrsteilnehmer, wurde so gut wie nicht beachtet. Es wird zwar gebaut (Königstraße, Bergkirchener Straße, der neue „Alte Postweg“ …), aber ob das sinnvoll und überhaupt gewollt ist, wurde nicht hinterfragt. Ganz zu schweigen davon, dass das Bestehende eben auch nicht gepflegt wird.

Dazu gab es reichlich Anregungen die allesamt aufgenommen (hoffentlich) und in den nächsten Monaten in einem Konzept zur Strukturierung verfestigt werden sollen. Danach soll dieses Konzept zur „Fahrradfreundlichen Stadt Bad Oeynhausen“ erneut dem Runden Tisch vorgestellt werden. Das dieser Zeitpunkt zunächst im Herbst dieses Jahres stattfinden sollte und erst nach Stirnrunzeln auf „nach der Sommerpause“ (was mir immer noch ziemlich spät erscheint) vorgezogen wurde, lässt hoffentlich nicht auf die Priorisierung des Themas in der Verwaltung schließen.

Insgesamt war ich positiv überrascht. Einmal über die freundliche und sachliche Atmosphäre, als auch darüber, dass meine Ansichten bezüglich Radfahren durchaus von anderen in Oeynhausen geteilt werden. Wenn diese Themen nun auch noch in der Wichtung, in der sie vorgetragen wurden, angegangen werden, mag das was werden. Und genau da habe ich einige Zweifel … aber warten wir es ab.

Nachtrag:
Die neue Westfälische gibt den „Runden Tisch“ ebenfalls wieder. In dem Artikel vom 01.03.2008 ist u.a. zu lesen:
… Gemeinsam entwickelten die Beteiligten einen Bürgerantrag an die Stadt Bad Oeynhausen mit folgenden Punkten … Das mag jetzt kleinkariert wirken, aber richtig ist, dass dieser Bürgerantrag bereits formuliert war und von den Anwesenden unterschrieben wurde. „Entwickelt“ ist da nicht das richtige Wort.
… Die Förderung soll Umweltprobleme minimieren helfen, Verkehrsprobleme entschärfen, Schulwege sicherer machen und den Tourismus weiter stärken … Ausdrücklich wurde festgestellt, dass bei der Problemsammlung so gut wie gar nicht auf die Schulwege eingegangen wurde. Umweltaspekte wurden in einem Satz erwähnt und der Tourismus wurde hauptsächlich von der Stadt ins Spiel gebracht. „Weiter stärken“ konnte ich als Hauptpunkt nicht erkennen. Richtig ist, dass deutlich angemerkt wurde, die bestehenden – auch touristischen – Wege in Ordnung zu halten und das dadurch schon eine Attraktivitätssteigerung erfolgen wird.
141 Kilometer Radwege führen durch das Stadtgebiet. Darunter touristische Routen wie der Westerwaldes, der Sole-Radweg oder der Else-Werre-Radweg. Doch nicht alle Strecken sind im optimalen Zustand, nicht alle sind ideal ausgeschildert und auch der Rad-Tourismus soll ausgebaut werden.Der Westerwald ist soweit ich weiß in einer anderen Region, aber das wird ein lustiger Tippfehler sein. Der Wunsch nach einem Ausbau des Rad-Tourismus kommt aber ganz eindeutig nicht vom runden Tisch, sondern von der Stadt. Das die Worte „optimal“ und „ideal“ vorkommen ist an der Stelle geschickt, bleiben sie beim Leser doch hängen und lassen nicht erkennen, wie diese Dinge tatsächlich benannt wurden.
Ein „Kümmerer“ soll als Ansprechpartner zwischen Bürgern und Stadt agieren. Die Stadt soll den Job des „Fahrradbeauftragten“ einrichten. Das „Kümmerer“ stößt mir nicht nur in dem Zusammenhang sauer auf. „Kümmern“ hört sich etwas anders an als „verantwortlich sein“. Jemand der für etwas verantwortlich ist, muß vielleicht auch mal Rückmeldung geben oder etwas nachweisen, aber jeder wird wohl wissen, was gemeint ist wenn man als Antwort bekommt „Ja ja, ich kümmer mich mal …“.

Mit keinem Wort – und das verwundert mich nicht – wird in dem Artikel auf eine mehrfach vorgebrachte Meldung eingegangen: die Gleichberechtigung des Radverkehrs. Aber das wurde es seitens der Stadt auch während des runden Tischs nicht. Und genau darüber wurde auch in den kurzen, kleineren Gesprächen im Nachgang geredet. Ich habe meinen Beitrag oben vor Erscheinen des NW-Artikels verfasst und ohne zu wissen, was die NW mitgeteilt bekommt, aber er zeigt sehr deutlich, was die Stadt da plant. Tourismus und Außenwerbung ja, aber die kritischen Punkte – das was angemeckert wurde – werden nur da angefasst, wo es der Stadt passt.
… „Ergebnis des Rundes Tisches ist es, dass wir versuchen möchten, dass mehr Menschen in der Stadt Rad statt Auto fahren, dass regelmäßig die Rad- und Wanderwege überprüft werden, dass Tourismusangebot mit ,Bett&Bike’ ausgebaut wird und die Radwege regelmäßig gepflegt werden“, erklärte Olaf Winkelmann (SPD) … Gefordert wurde unter anderem, dass die Benutzungspflicht für die katastrophalen und nicht verbesserbaren Radwege abgeschafft wird. „Bett & Bike“ sollte nicht ausgebaut werden, sondern überhaupt erstmal in den entsprechenden Veröffentlichungen erwähnt werden. Denn Oeynhausen hat ja nun reichlich Übernachtunsgmöglichkeiten, nur weiß man das außerhalb nicht. Und ich lese immer nur „Radweg“, „Radweg“, „Radweg“ … das die Leute auch ganz gerne auf der Fahrbahn fahren hat die Stadt aber schon mitbekommen, oder?
… Das Ehepaar, das jede Woche zum Einkaufen in den Werre-Park radelt, findet auch Lob: „Nach dem Hochwasser wurde sehr schnell gekehrt. Das gab’s noch nie.“ … Und wo das herkommt weiß ich nicht. In der Runde wurde jedenfalls gesagt, dass die Kehrleistung der Stadt gerade nach Hochwassertagen gelinde gesagt eine Frechheit ist! Von Lob war da keine Rede. Als Schlußsatz wirft das ein merkwürdiges Licht. Soviel Zufriedenheit hatte ich da gar nicht mitbekommen.

Mich macht die häufige Erwähnung des Radtourismus ein wenig stutzig. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, die Stadt sucht sich mit diesem mitgeteilten Ergebnis des runden Tisches eine Rechtfertigung für den immens teuren Ausbau des Weserradweges zwischen altem Fährmann und Dehmer Grillplatz. Das wurde zwar als „ganz gute Idee“ zur Kenntnis genommen, aber deutlich gesagt dass der Radweg prinzipiell in Ordnung ist und das viele Geld an anderen Stellen erstmal besser aufgehoben ist!

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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