Delfin 4

Jedes dritte Kind scheitert Die anfängliche Befürchtung der nordrhein-westfälischen Schulministerin Barbara Sommer (CDU) wird zur Gewissheit: Bei mindestens jedem dritten vierjährigen Kind zwischen Rhein und Weser bestehen Zweifel an der Fähigkeit zur deutschen Sprache …

Wer genau entscheidet das? Wer legt fest, ob das Kind nun „gut“ (für ein Vierjähriges) oder „schlecht“ sprechen kann? Was bedeutet z.B. diese Wortaneinanderreihung „… bestehen Zweifel an der Fähigkeit zur deutschen Sprache“? Was ist denn die Fähigkeit zu einer Sprache? Bestehen dann auch Probleme mit der Fähigkeit zu Latein, oder ist damit allgmein ein Sprachverständnisproblem gemeint?

Diese Tests – so gut sie auch gemeint sein mögen – sind über’s Knie gebrochen und die erste gröbere Testsituation, denen die Kleinkinder ausgesetzt sind. All die obigen Fragen habe ich der Kindergärtnerin, bei der Tim den Test absolviert hat im Vorfeld auch gestellt und sie hat mir vollumfänglich zugestimmt. Kein Mensch wusste in der Woche, wie das ablaufen wird, was davon wo festgehalten wird und ob ein Kind, dass nur nicht mit fremden redet, dann zum „Sprachproblem“ deklariert wird.

Tim hatte keine Probleme und gehört zu den 66%, die den Test bestanden haben. Ich kenne aber durchaus Kinder bzw. die Eltern der Kinder, deren Sprößlinge einfach keinen Bock hatte, den Mund aufzumachen. Zack, Zweittest, auffällig, Sprachförderung. Tim musste den Test mit 3 1/2 Jahren ablegen. In einem Kindergarten, in dem er noch nie war, mit Leuten spielen und sprechen, die er noch nie gesehen hat. Nun ist er nicht unbedingt scheu, alles gut. Was ist mit Kindern, denen das nicht so leicht fällt? Die sind doch nicht sprachauffällig!

Soll man die Katze doch beim Schwanz packen und dort den Finger hinlegen, wo es wehtut! Der Hintergedanke ist doch, die Mitbürger mit – welchem auch immer – Migrationshintergrund entsprechend zu fördern. Aber da hat wieder keiner der Bande in den Gremien den Arsch, das zu sagen. Es geht mir tierisch auf den Keks, wenn im Kino während des Films gebrabbelt wird. Leider ist das in den letzten Jahren sogar noch potenziert worden, denn nun verstehe ich das Gebrabbel nicht mal mehr, weil es nur noch auf russisch geführt wird. Wenn die Kinder, Jugendlichen und Eltern hier nicht deutsch reden, dann darf man sich doch nicht darüber wundern, wenn die ganz Kleinen es auch nicht können und tun!

Da hilft dann allerdings auch kein spielerischer Test im Kindergarten. Damit bestätigt man doch nur, was man sowieso schon weiß.

… Ohnehin, klagt sie [Anm.: Schulministerin Sommer], verliefe das Verfahren mit den Eltern nicht unproblematisch. Schon die erste Phase der Sprachstandserhebung hätten viele Mütter und Väter als klassische Testsituation empfunden. „Eltern haben die Sorge, dass bereits erste Weichen für ihre Kinder gestellt werden“, meint Sommer. Jene Angst sei jedoch völlig unberechtigt …

Dann soll Frau Sommer mal bei sich anfangen. Die Angst ist in dem Fall nicht „unberechtigt“, sondern „unbegründet“. Wer selbst nicht in der Lage ist, die richtigen Worte zu benutzen, sollte auch keine Tests für andere fordern. Und natürlich hatte ich exakt die Sorge und habe vor dem Test telefoniert, wie das ablaufen würde. Und meine Sorgen – nicht Angst! – sind immer noch nicht verflogen.

Wie gesagt, trotzdem ich solche Test und Förderungen für die Zielgruppen prinzipiell gut finde.

[Ergänzung:]
Und präventiv mal klar gestellt (man sieht ja in den Kommentaren, wie schnell Mißverständnisse zustande kommen bzw. wie schnell man sich angegriffen fühlt – geht mir ja genauso): Ich meine nicht, dass Kindergärtnerinnen keine Verantwortung übernehmen können oder wollen! Im Gegenteil, ich spreche denen sehr wohl zu, dass zu können. Sie werden nur nicht gefragt! Dass ist der Kritikpunkt an diesem Test. Es gibt doch Stellen, die wissen sollten (und es garantiert auch tun!) wo Förderungsbedarf besteht. Warum fragt man dort nicht einfach für eine Bestandsaufnahme?

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

9 Kommentare zu „Delfin 4

  1. Ich habe vorgestern im Radio einen sehr interessanten Beitrag zu diesem Thema gehört, bei dem sich eine Kita-Leiterin auch sehr kritisch geäußert hat. Hauptkritikpunkte ihrerseits:
    1. Zumindest bei den Kindern, die eine Kita oder einen Kindergarten besuchen, hätte man den Erzieherinnen die Kompetenz zutrauen können, zu entscheiden, bei welchen Kindern die sprachlichen Fähigkeiten so gut entwickelt sind, daß sie an dem Test gar nicht teilnehmen müsse. Das hätte Kosten und Aufwand um mindestens ein Drittel reduziert.
    2. Es ist eben doch etwas anderes, ob man mit den Kindern ein normales Spiel spielt, bei dem auch fröhlich durcheinander gesprochen werden darf, oder ob eine fremde Person im Hitnergrund sitzt, die kein Wort sagt, aber alles aufschreibt. Daß die Kinder sich da zurückhalten, dürfte kaum verwunderlich sein.
    3. Man kann bei Vierjährigen (leider) nicht voraussetzen, schon einmal im Zoo gewesen zu sein. „Hartz IV“-Empfänger haben kein Geld übrig, um den Eintritt zu bezahlen. Wenn man nicht weiß, was ein Zebra ist, kann man auch schlecht auf das entsprechende Bild zeigen.
    4. Und selbst wenn das Kind schon mal im Zoo war, kann man immer noch nicht voraussetzen, daß es mit dem Wortungetüm „Flamingogehege“ etwas anzufangen weiß …

    Ich finde den Test auch sinnvoll und notwendig, aber er sollte dann auch kindgerecht durchgeführt werden.

  2. Eben! Die Kindergärtnerinnen gehen den ganzen Tag mit den Kindern um und kennen diese. Und denen fällt dann nicht auf, dass ein Kind sprachlich etwas hinter her hinkt? Ich denke, das Problem liegt dort, dass *niemand* derjenige sein will, der sagt „Das Kind muß gefördert werden, das geht so nicht!“. Zumindest nicht die Kindergärtnerinnen. Und dann wird eben so ein Test herbei gezaubert und alle sind fein raus. Selbst die Testenden – denn die haben ja nur Vorgaben.

    Den Punkt mit „noch nie im Zoo gewesen!“ habe ich auch am Telefon angeführt. „Flamingogehege“ hätte ich noch nicht einmal gewusst, da die Flamingos im Zoo Osnabrück nicht in einem Gehege gehalten werden.

    Aber was erwartet man von Leuten, die selbst nicht wissen, was sie reden.

  3. Ich finde man kann und soll nicht alles schlecht machen, eventuell drauf herumprügeln was „neu“ ist. sicher gibt es auch beim delfin dinge, die zu verbessern oder anders zu machen sind. aber sie deshalb von vorn herein sein zu lassen, ist nicht richtig.
    bei der entwicklung eines neuen kfz gibt es auch entwicklungsrückschläge, „montagsautos“, facelifts, Überarbeitungen usw., das gehört einfach dazu.

    dieser test ist der erste schritt, der erste schritt in die richtige richtung!! denn somit werden eben Kinder registriert, die „sprachauffällig“ sind; und was immer man darunter versteht. Sei es Migranten, oder Kinder, die zur Logopädie müßten, Kinder, die in KEINER kinderbetreuungsstätte sind, und es ist ja keiner Abwertung, vielmehr ist es eine chance, den eltern klar zu machen, in begründetetn fällen maßnahmen frühzeitig einzuleiten um dem kind möglichst schnell zu helfen. und wenn es sich beim Zweittest oder in der angehängten einzelförderung im kindergarten herausstellt, dass das kind keine mängel hat bzw. vorhandene behoben sind, umso besser!!!

  4. Ich sehe das Problem ja auch nicht in der Abfrage von Mängeln – sei es als Test – sondern darin, dass es zum einen schon Stellen gibt, die das beurteilen können müssten und dass ich bei so einer über das Knie gebrochenen Sache eben nicht weiß, ob nicht doch irgendwo irgendwelche Weichen gestellt werden.

    Dass solche Test nötig sind, sieht man ja an Deinem Kommentar! :-)

  5. so weit mir bekannt ist, brauch ich als mitte 30-jähriger nicht mehr an einem delfin-test teilnehmen, denke aber, dass den problemlos bestehen würde.

    aber vielmehr widersprichst du dir in deiner meinung, zum einen sollte es fähige beurteilungsstellen geben, die mängel erkennen müßten und auf der anderen seite liest man von ca. 50% durchfallquote im 1. teil. da scheint etwas nicht zu passen – sind die kinder auf einmal voll mit mängeln oder laufen die erzieherinnen blind durch die kinderbetreuungsstätten, dass denen das vorher nicht aufgefallen ist?

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