Bad Oeynhausen – Clausthal Zellerfeld – 2009
Bad Oeynhausen nach Clausthal-Zellerfeld
11. und 12.09.2009
Eckdaten
Fahrrad:
- Scott Purgatory, Schwalbe Land Cruiser, Sattel Selle Italia Explorer, LX-Altus-Deore Mischmasch
- mit Gepäck 35 Kg
Die Tour:
- Freitag:
Ab. BO: 08.15 Uhr
An. Bad Gandersheim: 16.50 Uhr
Strecke: 128 Km
Schnitt: 20,3 Km/h
Fahrtzeit: 6h 17m 41s
max.: 48 Km/h
Höhenmeter: 674 - Samstag:
Ab. Bad Gandersheim: 8.30 Uhr
An. Clausthal-Zellerfeld: 12:20 Uhr
An. Goslar: 14.45 Uhr
Strecke: 53,6 Km
Schnitt: 15,5 Km/h
Fahrtzeit: 3h 38m 50s
max.: 53,6 Km/h
Höhenmeter: 828
2005, 2006 und 2007 haben wir ein paar Kilometer auf dem Rad zurückgelegt. In 2008 hat sich das irgendwie nicht ergeben und auch dieses Jahr kamen wir nicht zusammen. Aber nachdem im Büro ein Projekt größer wurde als erwartet und mich doch mehr gestresst hat, als ich im Vorfeld dachte, musste ich einfach „raus“.
Ich hatte mir seit Jahren schon vorgenommen, irgendwann mal mit dem Rad nach Clausthal-Zellerfeld zu fahren. Dort habe ich von Januar bis Mai 1991 meinen Grundwehrdienst abgeleistet und ich wollte einfach mal gucken, wie es dort jetzt aussieht.
Also habe ich mir zwei Tage Überstundenfrei genommen und los. Eigentlich wollte ich bereits am Donnerstag aufbrechen, aber das Wetter war mir da noch nicht so richtig nach der Mütze. Stark bewölkt und vereinzelt Schauer ist nicht das richtige Wetter für mich. Das hat mir zwar einen Tag weniger eingebracht, aber eigentlich sollte das ausreichend sein. Die erste Etappe hatte ich bis Bad Gandersheim geplant, um danach ganz entspannt die letzten 40 Kilometer bis Clausthal-Zellerfeld bergauf zu fahren. Dort wollte ich ebenfalls übernachten, um dann am dritten Tag nach Goslar zu rollen, dort die Bahn zu besteigen und nach Hause zu fahren. Mal gucken.
Freitag, 11.09.2009
Freitagmorgen um 7 sah es draußen wunderbar aus. Kaum Wind, zwar dichte Wolken, aber man konnte sehen, dass die Sonne heraus kommen würde. In den Satteltaschen hatte ich natürlich viel zu viel verstaut, aber ohne Laptop, Kamera, Ausgehklamotten, Kamera und was man sonst noch so benötigt, kann ich ja nicht für 2 Tage das Haus verlassen. Als Alex und Tim zur Schule aufgebrochen sind, habe ich die Packtaschen an den Gepäckträger gehängt, das Garmin eingeschaltet und bin zum Weserradweg gefahren.
Ich hatte mich für kurze Hosen (natürlich), ein kurzes Radshirt und eine Weste entschieden – und ganz schön gefroren! Das sah von innen deutlich freundlicher aus, als es sich dann im Sattel anfühlte! Habe ordentlich in die Pedale getreten, damit mir schön warm wurde :-) Und die vielen schönen Stellen entlohnten die Kälte. Ich habe viel zu wenig fotografiert :-/
Wenn ich so eine kleine Feierabendrunde drehe, kommen mir 20 Kilometer schon immer ganz ordentlich vor, an diesem Donnerstag war ich nach knapp über 28.0000 Metern mal gerade in Rinteln und bekam Hunger. Frühstückspause also, Kaffee und Brötchen beim Bäcker geholt und auf die Weser geguckt.
Lange habe ich mich nicht aufgehalten, wollte ja auch irgendwann noch mal ankommen. Rein in die Klickies und weiter. Die Strecke war bekannt und ich kam sehr gut voran. Selbst in Hameln fühlte ich mich noch kein bisschen kaputt, obgleich das ja nun schon über 50 Kilometer von zu Hause entfernt ist. Lässt sich gut an, dachte ich. Trotz des super Wetters – inzwischen schien sogar ab und an die Sonne – hatte ich den Radweg übrigens weitestgehend für mich allein. Kaum jemand unterwegs bisher.
Die Rattenfängerstadt lockte mich nicht. Kurz fotografiert und weiter. Nach der Hälfte der heute zu fahrenden Strecke überholte ich das erste Weserschiff und war ein bisschen neidisch auf die Leute, die sich dort gemütlich durch die Gegend schippern ließen. Aus einem mir nicht erklärlichen Grund begann mein linkes Knie nämlich zu ziepen. Nicht dass es mich gestört hätte, ich hab’s halt nur gemerkt und machte mir Sorgen.
Der südliche Teil des Weserradweges ist wirklich deutlich interessanter, als der durch die Norddeutsche-Tiefebene. Kann ich jedem nur empfehlen. Es gibt hier viel mehr für’s Auge und auch der Radweg an sich ist schöner geführt.
Kurz nachdem ich das erste Mal das Knie spürte, war ich auch schon in Bodenwerder. Mittagspause! Hier werde ich den Weserradweg verlassen und nach Osten abbiegen. Eine gute Gelegenheit, um sich zu stärken. Zeitlich passte das auch super und daher bin ich im Ort über die Weser gefahren und habe mich an den Anlegern in eins der reichlich vorhandenen Restaurants gesetzt. Bandnudeln mit Lachs in Tomatensoße. Viel zu viel Soße direkt aus dem Glas, trockener Lachs und Nudeln wie ich sie selbst auch hinbekomme. Ich habe nicht alles aufgegessen, weil es einfach nicht gut schmeckte.
Nach dem Essen bin ich noch im Ort an einer Apotheke vorbei gefahren, habe mir eine Tube Finalgon gekauft und damit mein Knie dick eingeschmiert. Brannte zuerst auch gar nicht ;-) Aber es tat echt schon richtig weh. Nutzt ja nix. Weiter geht’s. Bad Gandersheim ist das Tagesziel und bis dahin dachte ich noch an ca. 35 Kilometer. Meine Aldi-Radkarte hatte schon alle Straßen verzeichnet, inkl. der Namen der Routen. Bloß hatte davon in der Praxis wohl noch niemand etwas gehört. Ab hier bis in den Harz hat niemand an Radfahrer gedacht.
Trotzdem machte die Fahrt Spaß, weil es so viel zu sehen gab. Seien es alte Trecker oder einfach nur die hügelige Landschaft. Die mich übrigens richtig alle gemacht hat. Die Pausen kamen in immer kürzeren Abständen und ich hatte das erste Mal die Schnautze voll :-)
Bei Kilometerstand 100 hatte ich aber auch schon wieder ein Grinsen im Gesicht. Wenn auch ein leicht verzerrtes, ich habe mir echt Sorgen um mein Knie gemacht. Inzwischen bin ich links schon nicht mehr eingeklickt gefahren – Schimano sei Dank haben die Pedale mit einer normalen und einer Klickseite und ich habe die am Rad. So ging es schon etwas besser, aber weit entfernt von gut.
110, 120 … wo ist denn Bad Gandersheim? Keinen Bock mehr, obwohl ich sehr gut durchgekommen bin, trotz der leichten Blessur und es noch sehr früh am Nachmittag war. Endlich, nach 126 mal 1.000 Metern rollte ich vor der Touristinfo des Zielortes aus, stieg ab und humpelte in das kleine Büro.
Einquartiert habe ich mich im Kurhotel Waldschlösschen leicht am Berg. Den Ausschlag hat der im Prospekt erwähnte Biergarten gegeben, in welchem ich gedachte zu Abend zu essen und vielleicht sogar ein Bier zu trinken. Habe mich also auf’s Zimmer begeben, die Radklamotten ausgewaschen und aufgehängt, geduscht, mich auf’s Bett gelegt und … bin eingedöst. Um halb 8 habe ich mich aufgerafft, ’ne Jeans angezogen und bin runter gehumpelt – gehen konnte ich nicht mehr. Das Knie war dick und rot. Unten hatte ich aber weder Hunger, noch Durst. Bin einmal um’s Hotel, wieder hoch, ins Bett und habe das Ende von „Wer wird Millionär“ nicht mehr erlebt. Weiß nicht, wann ich das letzte Mal um 9 eingeschlafen bin :-)
Samstag, 12.09.2009
Das erste was ich nach dem Aufwachen gemacht habe war, auf mein Knie zu achten. War’s noch dran? Scheint so, aber der erste Blick machte mir Angst. Um die Kniescheibe rum, war das Gelenk sicher doppelt so dick wie auf der anderen Seite. Mist. Aber die Schmerzen waren deutlich geringer als am Vortag. Also erstmal Finalgon drauf und vor dem Frühstück nicht verrückt machen. Eigentlich sollte es erst ab 8 Uhr was zu futtern geben, aber nach ein bisschen lieb gucken beim Einchecken, wurde das auf 7 vorgezogen. Und ich war um 5 nach 7 auch nicht der erste im Speisesaal. Nach dem Essen und bei der zweiten Tasse Kaffee habe ich die Karte für den heutigen Weg studiert.
Die Klamotten waren schnell gepackt und das Rad wieder fahrbereit gemacht. Eine halbe Stunde später als ich es vorhatte, war Abfahrt Allerdings nicht doll weit, denn ich wollte noch im Kurpark anhalten, um wenigstens ein oder zwei Fotos vom Ort zu machen. Danach bin ich ein wenig hin und her gefahren, weil ich die Beschilderung nicht deuten konnte und den Weg aus dem Ort suchte – in die richtige Richtung. Ein Polizist hat mir dann geholfen.
Und „Richtung“ ist auch das Einzige, was man da so bekommt. Mit dem Auto ist das alles kein Problem, weil es nur Bundesstraße gibt – da kann man bequem fahren. Was aber machen, wenn die Radkarte eben diese als Route ausweist, in der Praxis aber ein Verbotsschild an der Weiterfahrt hindert? Naja, kleine Umwege fahren. Aber das war alles noch erträglich, nach nur 10 Kilomtern im Sattel war ich ja schon im Harz!
Und ab da war bergauf angesagt. Immer nur hoch fahren. Glücklicherweise hatte sich das Knie als problemlos heraus gestellt. Zwar ordentlich dick, aber mehr als ein Ziepen war nicht zu spüren. Pausen habe ich trotzdem bestimmt alle 1 1/2 Kilometer gemacht. Jede Parkbucht habe ich mitgenommen. Ein Wunder, dass ich trotzdem recht fix an Bad Grund vorbei gefahren bin. Dort habe ich noch 2 Mountainbikern mit Flick- und Werkzeug ausgeholfen. Einem der beiden war der Hinterreifen geplättet worden. Gut dass ich dort gerade eine Trinkpause eingelegt habe.
Danach fuhr ich einen kleinen Abhang hinunter, eine Kreuzung und irgendwie kam es mir ab da bekannt vor. Hier war ich doch schon mal? Klar, vor 18 Jahren ein halbes Jahr lang in Clausthal-Zellerfeld gewohnt, da bin ich den Weg das ein oder andere Mal gefahren.
Kann also nicht mehr weit sein. Ich habe noch mal alle Reserven mobilisiert und ordentlich reingetreten. Den Abzweig nach Zellerfeld habe ich links liegen lassen – ich will nach Clausthal. Kurz darauf rollte ich nach 33 Fahrtkilometern auf den Marktplatz mitten im Ort!
Dort habe ich kurz verschnauft und mich dann nach etwas Essbarem umgesehen. Pizza erschien mir gut. Also habe ich an der Straße Platz genommen und mir eine Frutti die Mare bestellt. Die war saulecker, aber ich konnte beim besten Willen nicht mehr als die Hälfte davon essen. Der Magen rebellierte. Nicht dass mir schlecht war, aber es passte nix mehr rein. Da habe ich mich dann wieder auf den Sattel gesetzt. Immerhin musste ich noch die ehemalige Kaserne suchen.
Fast alles war mir hier noch parat. An dem See habe ich damals ein paar Mal gesessen und ausgeruht. Nicht so oft, immerhin war ich im Winter bis Mai hier oben und in den ersten Monaten lag da richtig fies Schnee rum. Da Clausthal nicht sonderlich groß ist – wenn auch ziemlich hügelig – war ich ratz-fatz an der alten Wirkungsstätte. Nur noch die „Alte Wache“ erinnerte daran, dass dies einmal eine Kaserne war. Habe schnell ein Erinnerungsfoto geschossen und mich dann auf dem Gelände etwas umgesehen.
Damals fand ich das alles viel grauer und ungemütlicher. War es wahrscheinlich auch. Im nachhinein hat mich das Jahr Wehrpflicht damals nicht gestört. Eigentlich hatte ich’s ganz gut getroffen. Und meine Frau habe ich in der Zeit auch kennen gelernt. Da sieht alles im Rückblick besser aus. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum ich hier noch mal hin wollte. Wo ich so vor dem alten Wohnblock stand, war die Sache aber schnell abgekühlt. Jetzt habe ich’s gesehen, kann ich auch wieder weg fahren.
Ursprünglich hatte ich vor, eine Nacht in Clausthal zu bleiben, aber da sich das ganze so unspektakulär anfühlte und es noch so unglaublich früh war, habe ich mich dazu entschlossen, heute abend schon wieder zu Hause zu sein. Bis Goslar sind es nur 20 Kilometer und da Clausthal eher oben auf dem Harz ist und Goslar eher am Fuß des Hügels … ;-) Bergab!!!
Runter ging’s auch. Aber höchstens 1 Kilometer, danach strampelte ich schon den Berg hinauf. Denn tatsächlich muß man noch einige Höhenmeter überwinden, bevor man runter darf. Und da sich das alles auf einer Hauptstraße abspielte, hatte ich auch keine große Lust, unterwegs hier und da mal ein Foto zu machen. Wo mir ein Teich besonders gefiel und/oder ich was trinken wollte, habe ich angehalten. Aber insgesamt habe ich kaum was im Bild festgehalten. Ärgerlich!
Irgendwann kam ich an Goslars höchst gelegenem Restaurant an (dass ich natürlich blöderweise genausowenig fotografiert habe, wie die daneben gelegene Liebesbank). „Das höchste“ implizierte, dass es von nun an nur noch runter geht. Und genauso war es auch. Eine gefühlte Ewigkeit saß ich nur auf dem Rad und habe rollen lassen. Immer mit über 30 km/h den Wind um die Nase wehen lassen. Herrlich! Ruck Zuck passierte ich das Ortseingangsschild von Goslar.
Und keine halbe Stunde später stand das Scott Purgatory bereits auf dem Bahnsteig des Bahnhof Goslar. Davor hatte ich mich mit dem Kartenautomaten herum geärgert. Auf dem ganzen Bahnhf gab es kein Personal und man musste sich die Karten an den blöden Blechbüchsen ziehen. Ich kann mich mit den Kisten nicht anfreunden. Dem Kerl, der die erdacht hat, gehören die Finger abgehackt. Benutzerfreundlichkeit, intuitive Bedienung und Geschwindigkeit sind Dinge, die man bei den Teilen vergeblich sucht.
Aber das Fahrradabteil war sehr geräumig und leer. Ich habe auf der ganzen Tour im Harz nur die beiden Mountainbiker und zwei Rennradler auf dem Weg nach oben gesehen. Sonst niemanden, der sich mit Pedalkraft dort fortbewegte. Egal, ich habe das getan und es hat richtig Spaß gemacht und ich habe mal 2 Tage an nichts gedacht. Das war Sinn der Sache und es hat offensichtlich funktioniert. Um kurz vor 6 am Nachmittag war ich dann wieder in der heimischen Kurstadt. 181 Kilometer gefahren und dabei 1.502 Höhenmeter überwunden. Bin zufrieden.
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