Bad Oeynhausen – Dangast – 2018

Vor der Abfahrt noch schnell ein Selfie
Seit ich damals mit Kumpel Lars unsere allererste Radtour nach Cuxhaven Bremerhaven gemacht habe, hatte ich vor, zur Küste mal an einem Tag zu fahren. Dreizehn Jahre ist das her und ich bin ja nicht jünger geworden :-) Aber irgendwie hat sich das nie ergeben. Warum ich dieses Jahr dann tatsächlich angefangen bin, Ziele zu suchen, weiß ich gar nicht.

Ich glaube es war ein Post auf Facebook, von dem Chirurg, welcher mir den Kalk aus der Achillessehne geschnibbelt hat. Der ist nämlich mit seinem Rennrad und Freunden von Bad Oeynhausen nach Hamburg gefahren.

Abfahrt
Nun habe ich kein Rennrad, mir fiele auch niemand ein, der mich auf so einer Tour begleiten würde und Hamburg muss ich auch nicht nochmal hin. Also was anderes … fahre ich eben mit meinem Tourenrad alleine nach Dangast. Zuerst hatte ich Wilhelmshaven angedacht, auf der anderen Seite des Jadebusen, aber da war für die Rückfahrt keine Bahn zu bekommen und bis Varel immer nur Bus. Und Dangast ist nur ein Katzensprung bis Varel. Also wird’s das.
Sonnenaufgang hinterm Berg
Ich hatte mir für den 29.06. frei genommen, der Wetterbericht versprach wolkenlosen Himmel und mir genehme Temperaturen – aber auch stetigen Gegenwind. Das hatten wir 2005 leider auch und es hat uns ziemlich geschlaucht. Aber dieses Jahr habe ich nur das nötigste mitgenommen und das passt wundersamerweise in eine Zweiliter-Gepäckträgertasche und die Lenkertasche. Um eine Übernachtung habe ich mich vorher nicht gekümmert. Die Strecke habe ich mit dem „Radroutenplaner Niedersachsen“ erstellt und dann auf meinen Garmin Edge 520 geladen. Am Vor-vorabend habe ich erst ausprobiert, wie das mit der Navigation auf dem kleinen Ding funktioniert :-) Und Freitag um 4:30 Uhr klingelte der Wecker! Aufstehen, duschen, ab in den Sattel! Die ersten Kilometer Umweg habe ich bereits in Wulferdingsen abgerissen, als ich einer angezeigte Biegung nicht gefolgt bin. Musste mich erst an das automatische Umschalten der Skalierung vom Garmin gewöhnen. Danach fand ich es ganz praktisch. Hinterm Berg gab es dann einen wunderschönen Anblick der aufgehenden Sonne.
Zweiter Sonnenaufgang des Tages
Danach war die Sonne erst wieder weg, weil ich vom Berg runter gefahren bin. Ohne die Weste hätte ich gefroren wie ein Schneider und auf den Armen war Gänsehaut. Aber die Ruhe und das Vogelgezwitscher war klasse. Nach einer Stunde Fahrt hatte ich dann am Mittellandkanal den zweiten Sonnenaufgang.

Ich habe nicht an jeder Milchkanne angehalten und bin zügig gefahren. Die Route sollte 164 Kilometer lang sein, erfahrungsgemäß kann man aber immer ein wenig drauf schlagen. Ich hatte mir vorgenommen, die Strecke in 10 Stunden zu schaffen und bin daher nicht so schnell gefahren, wie ich gekonnt hätte. Anfangs hatte ich einen Schnitt knapp unter 20, der sich dann aber immer mehr verlangsamte. Außerdem wollte ich jede Stunde eine kurze Pause machen. Das hat auch fast genau geklappt – auch wenn ich später dann doch die ein oder andere Milchkanne als Ausrede für einen kurzen Stopp genutzt habe.

Teichanlage irgendwo auf der Strecke
Nach 5 Stunden und 26 Minuten hatte ich dann exakt 100 Kilometer auf dem Tacho. Tagesziel Nr.1 erreicht! Diese Distanz hatte ich in der Vergangenheit schon desöfteren „geknackt“. Auch zusammen mit Lars auf unseren Radtouren.
Oldenburg erreicht
Besonders an der Elbe hatten wir so lange Etappen (bei dem verlinkten Bericht ausgerechnet nicht). Knapp 30 weitere Kilometer später erreichte ich Oldenburg und damit mein zweites Ziel des Tages. Wenn nichts mehr gegangen wäre, hätte ich hier abgebrochen und wäre mit dem Zug zurück nach Hause. Ich fühlte mich aber noch ganz fit, auch wenn das rechte Knie bereits ziemlich ziepte. Zudem hatte ich hier auch meine bisherige weiteste Distanz geknackt. Die war bisher „Bad Oeynhausen – Bad Gandersheim“ – auch schon wieder neun Jahre her.

Oldenburg empfand ich übrigens ganz schrecklich zum Radfahren! Beidseitig angelegte Radwege, die jeweils in beide Richtungen befahren werden dürfen. Alles eng, holperig und zudem fuhren wirklich viele Leute Fahrrad. Allerdings alle in einem fürchterlichen Torkeltempo. Selbst mit meinem leicht lädierten Knie war ich im leichten Rollen schneller. Eine sehr unangenehm in Erinnerung gebliebene Strecke. Nach Oldenburg habe ich auch kaum noch was fotografiert! Zum einen war’s da nicht mehr so weit bis zum letzten Tagesziel, zum anderen habe ich mich immer mehr gequält, weil das rechte Knie bald nicht nur ziepte, sondern bei jedem Tritt richtig weh tat. In Rastede habe ich kurz überlegt, abzubrechen.

Boxenstop in einer Bushaltestelle
Ich war froh, dort eine Bushaltestelle mit Sitzplätzen gefunden zu haben und habe erstmal angehalten und die Beine lang gemacht. Diese grobmaschigen Drahtsitze sind zwar eine Frechheit für jeden, der wirklich mal im Regen dort auf den Bus warten muss, ich fand sie aber in dem Augenblick total gemütlich. Zwei Corny-Riegel „Hafer und Honig“ später, habe ich mich aber wieder in den Sattel geschwungen. Luft, Ausdauer, Muskeln, das war alles in Ordnung – nur das doofe Knie nicht. Allerdings hatte ich dann so kurz vor Dangast auch echt keine Lust, aufzugeben. Also weiter.
Ortseingang Dangast
Bis hierhin war die vom Radroutenplaner erstellte Route übrigens prima. Führte fast nur über ganz wenig befahrene Nebenstraßen oder asphaltierte Landwirtschaftswege. Um Oldenburg rum ging es dann auf Radwegen entlang der Bundesstraßen, war aber auch bequem zu fahren. Hinter Varel wurde ich dann aber plötzlich von der Straße weg, auf einen begrünten Weg geleitet. Nach ein paar hundert Metern war dieser dann nur noch Sand. Als wenn man am Strand Fahrrad fahren will. Das Knie tat weh, der Wind kam übrigens den ganzen Tag von vorne und nervte eh schon und dann wird mir auch noch Sand unter die Reifen gekippt. Ich war einerseits gut gelaunt, nur noch eine Handvoll Kilometer Weg vor mir zu haben, andererseits aber auch richtig platt. Das hat ab Oldenburg ganz schnell abgebaut. Der Tank wurde immer schneller leer. Als der wirklich beschi miese Weg wieder auf eine richtige Straße einbog, besserte sich auch meine Laune. Ich hatte zwischendurch laut vor mich hin geschimpft!
Bergamont Sweep am Strand
Und dann konnte ich es am Ende einer Straße sehen: das Meer! Genauer ist es ja eigentlich nur der Jadebusen, aber wurst-egal! Da war das Meer und ich habe gegrinst wie ein Honigkuchenpferd, während ich mit der rechten Hand von oben auf dem Knie beim treten geholfen habe.
Geschafft!
Ich kann sowas nur jedem empfehlen. ich hatte einen fetten Kloß im Hals und war kurz davor, dass ich Tränen in die Augen bekommen hätte. Ich habe nicht damit gerechnet, die Tour zu Ende zu fahren. Zwar bin ich in diesem Jahr deutlich mehr unterwegs gewesen, als in den letzten Jahren, aber 170 Kilometer finde ich schon sehr happig, wenn man kein trainierter Radsportler ist. In Wirklichkeit hatte ich zu Hause auch immer Bahnverbindungen von Oldenburg zurück gesucht. Da wäre ich dann gegen 20 Uhr wieder in den eigenen vier Wänden gewesen.
Im Bett …

Die Suche nach einer Unterkunft hatte dann auch im vierten Anlauf Erfolg. Ich habe mein Zimmer bezogen, die Radklamotten durchgewaschen und aufgehängt. Dann kurz hingelegt und bin prompt eingepennt. Das Handy hat mich mit irgendeinem Gebimmel aber glücklicherweise geweckt, so dass ich noch einmal zur Küste gegangen bin, ein Rollmopsbrötchen mit Whisky-Cola als Vorspeise genossen habe und mir eine Stunde später noch ein super geniales Pfeffersteak gegönnte habe.
Strand von Dangast

Am nächsten Morgen gab es ein reichhaltiges und leckeres Frühstück, einen letzten Blick auf das Meer und dann den Rückweg nach Varel – wo der Bahnhof wartete. Das Knie war noch nicht besser. Im Sitzen, Gehen oder Stehen merkte ich aber nichts. Eine tolle Tour, ich bin sehr froh, das doch gemacht zu haben.

Ein paar Fotos mehr gibt es im entsprechenden Google-Fotos-Album.

1 Kommentar zu „Bad Oeynhausen – Dangast – 2018

  1. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Tour, den nachfolgenden Kommentar habe ich bereits unter einem Achillessehnen Bericht geschrieben..
    Servus Andreas, ich hatte 2005 meine OP rechts, und bin Dir immer noch sehr dankbar über das damalige Forum, das war besser als jede Iboprophen.. :-)
    Ich bin jetzt durch Zufall auf den alten link von damals gekommen, und habe jetzt leider lesen müssen, das bei Dir eine 2. OP notwendig war…
    Bei mir ist das Massenverhältnis an den Waden genau umgekehrt.. bei mir ist die rechte Wade der Spargeltarzan.. :-) aber toi toi toi bei mir sind bis jetzt die Folgeprobleme durch die einseitige Belastung bisher ausgeblieben…
    Ich bin vor der Ruptur ziemlich aktiv gejoggt ( Bestzeit auf 5 km 15:10 min.) da geht natürlich jetzt gar nichts mehr, aber ich bin auf das radfahren und skilanglauf ausgewichen, dort macht sich der Muskelschwund nicht so bemerkbar…
    Aber ich sehe es ähnlich wie Du, klar ist die Einseitigkeit nicht ideal, aber verglichen mit den Problemen welche damals in diesem Forum beschrieben worden sind, bin ich absolut zufrieden mit dem status quo…
    Deine Probleme selbst beim radfahren sind sehr seltsam.. Ich hatte dieses Ziehen auch zu Beginn, habe aber dann auf dem Fahrrad Ergometer die Sehne auf das Stehen Fahren einstellen können… klar fehlt bei steilen Bergen irgendwann die Kraft… aber Timmelsjoch muss ja auch nicht mehr unbedingt sein.. :-)
    Ich wünsche Dir auf diesem Wege Alles Gute und drücke Dir die Daumen, das die Knie Schmerzen inzwischen wieder verschwunden sind….

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