Dialog mit dem Bürger

Zunächst einmal bin ich tatsächlich auch ein Bürger von Bad Oeynhausen. Einer der sein ganzes Leben hier verbracht hat und dem das auch ziemlich gut gefallen hat. Ich hatte in meiner Jugend keine Probleme mich zu beschäftigen und auch heute eher den Eindruck, es gibt jetzt deutlich mehr Angebote als früher. Vielleicht haben mich die früher auch nur nicht interessiert, weil ich genug mit den Dingen zu tun hatte, mit denen ich interessehalber meine Zeit verbracht habe. Wie dem auch sei, ich war schon immer daran interessiert, was in der Stadt passiert und habe darüber diskutiert. Im Gegensatz zu einigen Freunden und Bekannten, war ich nie in politischen Strukturen aktiv, gleich wohl es diese auch schon immer hier gab. Seit ich vermehrt im Internet schreibe – also ca. seit der Jahrtausendwende – habe ich meine Gedanken auch öffentlich gemacht. Und kurz darauf habe ich auch angefangen, die Verwaltung „zu nerven“ ;-) Widerum kurze Zeit später bin ich dann angesprochen worden, ob ich nicht in einer Partei mitmachen möchte. Langer Rede kurzer Sinn: man kann mit Politikern, Bürgern und Verwaltung in den Dialog treten, man muss es nur machen!

Seitdem ich nun in einer Fraktion des Rates bin, bekomme ich auch näher mit, wie dieser Dialog stattfindet. Vornehmlich nämlich über Pressemitteilungen und ganz, ganz vereinzelten Repliken per Leserbrief. Höchst selten erreicht uns mal eine direkte Mail und die regelmäßig angebotenen Bürgersprechstunden – ich kann da nur für unsere Fraktion sprechen, bei den anderen ist es womöglich nicht anders – werden vielleicht einmal im Jahr von einem Bürger besucht. Rats- und Ausschusssitzungen finden oft komplett ohne Bürgerbesuch statt. Lediglich wenn ein heikles Thema auf der Tagesordnung steht, sind die direkt betroffenen im Ratssaal. Und ich meine in diesem Fall ausdrücklich nur die überwältigende Mehrheit der Bürger, welche nicht auch Parteimitglied sind. Dass diese sich in den jeweiligen Parteien zu Wort melden, ist anzunehmen.

Ich finde das sehr schade! Woran es liegt, ist mir nicht ganz klar. Meckern bekomme ich in den sozialen Medien jedenfalls zur Genüge mit. Allerdings eben nicht direkt adressiert und konkret begründet oder gar mit Verbesserungswünschen garniert. „Die machen alle nur Scheiße!“ ist jetzt wenig hilfreich, wenn man etwas ändern möchte. Womöglich liegt es an einer Erwartungshaltung, die dann beim Besuch eines Ausschusses nicht erfüllt wird. So sagte mir ein Bekannter, nachdem er mal im Ausschuss für Stadtentwicklung zu Gast war, nach der Sitzung erstaunt „Diskutiert ihr hier echt über die Ausgestaltung von Bushaltestellen?“ – Ja, das tun wir. Das ist u.a. Kommunalpolitik. Ich fände es aber wirklich super, wenn viel mehr Leute zu den Sitzungen kommen würden. Oder uns auf den Ortsverbandsversammlungen und Fraktionssitzungen besuchen würden! Die Termine haben – zumindest wir – auf unserer Internetseite www.gruene-bo.de veröffentlicht. Und ich glaube auch, dass zumindest ich mir keinen mangelnden Willen zum Dialog vorwerfen lassen muss.

Und nun bekommen alle Ratsmitglieder eine Einladung des Agora e.V. zu einem Rats- und Bürgertreff am 24.02. nach der Ratssitzung. Es soll der direkte Austausch zum lokalen politischen Geschehen zwischen den Bürgern und den Ratsmitgliedern gefördert werden. Wobei ich mich wirklich mehr als normales kleines Licht sehe, ich bin nur einer von 44 und das auch nur in einer 10%-Partei. Insofern fühle ich mich da gar nicht so richtig angesprochen. Ich mag es gar nicht, so auf die andere Seite gestellt zu werden. Hier Politiker, dort Bürger. Ne, da fühle ich mich unwohl.

Dieser „Rats- und Bürgertreff“ soll regelmäßig nach den Ratssitzungen stattfinden und weder moderiert noch strukturiert sein. Es geht lediglich darum, einen Raum zu schaffen, in dem Bürger und Kommunalpolitiker zusammenkommen können, um sich auszutauschen. Nun, diesen „Raum“ gibt es bereits regelmäßig vor Ort und dauerhaft virtuell. Dass muss man nicht erfinden! Es stehen doch jedem Interessierten alle Möglichkeiten offen, in einen Dialog zu treten. Direkt in den Ortsverbänden, per Mail, per Twitter, per Facebook! Wir hoffen auf Gäste und Mitmacher, wir überlegen, wie man das forcieren kann. Wir laden ein … es kommt aber so gut wie niemand.

Wie dem auch sei, ich habe mir den Termin für nach der nächsten Ratssitzung in den Kalender geschrieben. Es liegt auf dem Nachhauseweg. Aber ein bisschen ärgerlich finde ich folgenden Satz: Uns ist sicherlich bewusst, dass dies eine Einladung zu einem außerhalb ihrer Ratstätigkeit gelegenem Termin ist. Ich gehe morgens um halb 8 aus dem Haus. Bin dann im Büro. Direkt im Anschluss geht es weiter auf 16:30 Uhr ins Rathaus. Die Ratssitzungen dauern auch gerne mal bis nach 20 Uhr. Jedesmal gibt es danach auch von der Verwaltung noch Getränke und Häppchen, damit man untereinander interfraktionell und mit der Verwaltung noch einmal Positionen abseits der Formalien austauschen kann. Und dann ist man um kurz vor 21 Uhr zu Hause. Heute dauerte der Ausschuss für Stadtentwicklung ausnahmsweise mal nur etwas mehr 2 Stunden und ich konnte bis kurz nach 21 Uhr noch die letzte Dreiviertelstunde eines weiteren Termins wahrnehmen, so dass ich um 21:30 Uhr zu Hause war.

Und in diesem Wissen, lädt man nach einer Ratssitzung noch zu einem Dialog ein? „Ein außerhalb meiner Ratstätigkeit gelegener Termin“? Ich nehme sämtliche Termine in meiner Freizeit war. Ich nehme dafür teilweise sogar Urlaub. Ich habe keine Zeitkontingente für meine Ratstätigkeit. Wir sind doch alle keine Berufspolitiker. Echt, so ein Satz vergrätzt mich ein bisschen, zeigt er doch, dass man sich durchaus bewusst ist, dass es ein doofer Zeitpunkt ist und ein wenig die Einschätzung zu dem, was man als Kommunalpolitiker tut. Gleichzeitig werden alle Termine die wir anbieten, alle Zeit die ich zum Schreiben aufwende, ignoriert. Und dann bekomme ich eine Einladung mit so einem Schlußsatz? Was soll das?

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

1 Kommentar zu „Dialog mit dem Bürger

  1. Das mit der pauschalen Meckerei bei FB und Co geht mir gehörig auf die Nüsse – so zumindest bei uns in lokalen Gruppen, wenn es (auch) um Lokalpolitik geht.

    Fast alles wird zerredet, egal was getan wird – es findet sich doch immer ein Haar in der Suppe.

    Spreche ich direkt an, es mal zu konkretisieren, was sollte anders getan/gemacht werden, wird ausgewichen „ja, aber…“. Ratsmitglieder, die in den lokalen Gruppen vertreten sind, werden nach iwelchen Posts idR sukzessive in der Luft zerrissen – ist egal, welches Thema, ist egal, welche Partei.

    Hinweise auf Bürgermeistersprechstunden, mal an Ratssitzungen teilzunehmen, oder unser Bürgerprortal zu nutzen, werden geflissentlich überhört.

    Selbst Hinweise auf kostenlose Berlinfahrten, um die Möglichkeit zu nutzen, seine Sorgen und Nöte dem Bundestagsabgeordneten seiner Wahl zu schildern: Tendenz -> 0 Interesse.

    Hauptsache #ichhabdannmalwasgeschrieben #ichbinmalfacebookaktivist

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